Kapitel 1

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Der helle Sandstrand von Yurigahama erstreckte sich über mehrere Kilometer und wurde von azurblauem Wasser eingefasst, das in kleinen Wellen an den Strand schwappte und das typische Geräusch erzeugte, das wohl jeder kannte, der schon einmal einen Tag am Meer verbracht hatte.

Ich lag bei viel zu heißen Temperaturen auf meiner Liege unter dem großen Strohschirm im Schatten und blickte gelangweilt aufs Wasser hinaus. Mit meinen 18 Jahren war ich definitiv zu alt, um mit meiner Familie in den Urlaub zu fahren, aber nach einer herzergreifenden Rede meiner Mutter, vor zwei Wochen beim Abendessen konnten weder mein Vater, mein großer Bruder, noch ich ihre Bitte, ein letztes Mal gemeinsam in die Ferien zu fahren, abschlagen.

Ich war bereits in meinem 3. Oberstufenjahr und würde im kommenden Frühjahr, wie mein Bruder Akiteru, an die Uni ziehen. Es war somit wirklich die letzte Gelegenheit, zu viert Zeit zu verbringen, und ich hasste jede Minute, was nicht nur an dem tropischen Klima lag, dem ich schutzlos ausgesetzt war, sondern eben auch, weil mein Bruder und ich nicht das beste Verhältnis zueinander hatten.

Es herrschte eine konstant angespannte Stimmung zwischen uns. Also versuchte ich ihn, so gut es ging, zu ignorieren, während meine Mutter ihr Bestes tat, um uns zu einer gemeinsamen Aktivität zu animieren.

„Wollt ihr nicht gemeinsam schnorcheln gehen?" Euphorisch zog sie zwei Taucherbrillen aus der Strandtasche, vor der sie gerade kniete.

Im Ausgenwinkel sah ich, wie Akiteru zögerlich die Hand hob, doch als er sah, dass ich keine Anstalten machte, auf das Angebot unserer Mutter einzugehen, ließ er sie schnell wieder sinken.

„Vielleicht später, Mum", sagte er ausweichend und ich konnte mir gerade so ein verächtliches Schnauben verkneifen. Bevor er und ich zusammen schnorcheln gehen würden, lernten wohl eher Schweine fliegen. Genervt griff ich nach meinem Handy und öffnete den Chat mit Yamaguchi, meinem besten Freund.

Ich machte ein Bild vom Meer und schickte es an ihn mit den Worten >Grüße aus der Hölle<. Keinen Moment später sah ich drei kleine Punkte am Displayrand auftauchen, die mir verrieten, dass Yams mir antwortete. >Kopf hoch, Tsukki< erschien seine Antwort auch schon einen Augenblick später.

Meine Mundwinkel verzogen sich nach oben, ohne dass ich es verhindern konnte, und der Wunsch, dass er jetzt hier bei mir war, ließ sich auch nicht länger unterdrücken. Mit ihm war alles irgendwie leichter und er schaffte es, selbst die schlimmsten Dinge besser zu machen.

„Schreibt dir deine Freundin?", fragte mein Vater plötzlich, der auf der anderen Liege unter dem Sonnenschirm im Schatten lag und mein Lächeln falsch interpretierte, welches sogleich auch erstarb.

Ich ließ mein Handy sinken. „Nein, Tadashi", informierte ich ihn wahrheitsgemäß und sah, wie Akiteru den Mund zu einem feinen Strich zusammenpresste, als müsste er sich ein Kommentar verkneifen.

„Ist was?", fragte ich feindselig und er fixierte mich mit einem abwertenden Blick.

„Man könnte meinen, ihr beiden habt was miteinander", spuckte er mir förmlich vor die Füße.

„Akiteru", mahnte ihn unsere Mutter und schlug ihm empört gegen die Schulter, bevor sie sich prüfend umsah, ob ihn jemand gehört hatte.

„Tadashi gehört quasi zur Familie", erinnerte sie ihn streng und ich verspürte plötzlich den Drang, ihm seine Vermutung zu bestätigen. Einfach nur so, um sein blödes Gesicht zu sehen, wenn ich ihm erklärte, dass Yams sogar nicht mein Typ Mann war, auf den ich sonst so stand, und wir beide gerne den passiven Teil im Bett übernahmen.

Doch mit einem Seitenblick zu meinem Vater, der tiefenentspannt auf seiner Liege lag, und zu meiner Mutter, die sich so sehr auf diesen Urlaub gefreut hatte, beschloss ich, dass jetzt wohl nicht der richtige Zeitpunkt war, meinen Eltern und meinem idiotischen Bruder reinen Wein einzuschenken und ihnen von meiner Vorliebe für Männer zu erzählen. Stattdessen zuckte ich gelangweilt die Achseln.

Just my Type!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt