Kapitel 4

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Sichtlich nervös stopfte ich nachdem Abendessen ein Shirt zum Wechseln in meinen Rucksack. Wie vor jedem Match war ich aufgeregt, doch vor diesem war es irgendwie ganz besonders schlimm. Der bloße Gedanke zu verlieren und Kuroo damit zu enttäuschen, zog meinen Magen schmerzhaft zusammen.

Ich wollte auf eine peinliche, viel zu emotionale Art und Weise, dass das zwischen uns funktionierte und nach dem Spiel auch fortgesetzt wurde. Doch die Angst, dass eine Niederlage dazu führen könnte, dass Kuroo mich weniger mochte, verursachte mir Übelkeit.

Mit zittrigen Fingern zog ich den Reißverschluss an meinem Rucksack zu und wandte mich bereits zur Tür, als Aki das Zimmer betrat. Irritiert sah er auf den Rucksack und dann zu mir. „Gehst du weg?"

Ich ignorierte ihn wie immer und ging an ihm vorbei zur Tür.

„Wollten wir nicht gleich alle zusammen zum Bingo-Abend?"

Ich schüttelte den Kopf. „Kann nicht", gab ich ihm knapp zur Antwort und griff nach der Türklinke, doch Aki hielt mich auf.

„Kei, können wir kurz reden?" Sein besorgter Tonfall ließ mich hellhörig werden und doch behielt ich die Hand am Türgriff, als ich mich halb zu ihm umdrehte. Das Letzte, was ich in meiner jetzigen Verfassung gebrauchen konnte, war eine Herz an Herz Konversation mit meinem Bruder.

„Ich muss wirklich los", antwortete ich deswegen ausweichend und wandte mich erneut zum Gehen.

„Gehst du zu ihm? Diesem Animateur?" Ich erstarrte für wenige Sekunden. Geschockt ließ ich die Tür los und wandte mich ganz langsam zu ihm um.

„Ich hab euch heute im Geräteschuppen gesehen", gestand er im nächsten Satz.

Ich spürte, wie mir gleichzeitig heiß und kalt wurde, während in meinem Kopf die Gedanken rasten. „Was hast du gesehen?", hakte ich nach und versuchte ruhig zu bleiben.

„Wie ihr euch geküsst habt." Akis Wangen färbten sich dunkelrot und auf sein Gesicht legte sich plötzlich ein mitfühlender Ausdruck, mit dem ich gerade noch weniger umgehen konnte.

„Kei", begann er und klang dabei so besorgt wie noch nie. „Ich weiß, du bist noch jung und hast nicht so viel Erfahrung. In deinem Alter experimentiert man auch mal gerne herum, aber ich bin für dich da", posaunte er in seiner Großer-Bruder-Art heraus, die mir schlagartig den Magen umdrehte.

Er war noch nie für mich dagewesen. Alles was er für mich getan hatte, war, mich anzulügen und mich vor meinen Klassenkameraden bloßzustellen. Damals hatte ich ihnen erzählt, er wäre das Ass seines Volleyball-Teams, nur um später mit ihnen im Schlepptau festzustellen, dass er nicht einmal auf der Ersatzbank saß. Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten.

„Es ist bestimmt nur eine Phase. Aber ich bin mir sicher, wenn du erstmal die Richtige getroffen hast, dann-"

„Es ist bestimmt keine Phase", fiel ich ihm schließlich harsch ins Wort, denn mir gefiel gar nicht, wohin diese Konversation führte.

„Es tut mir leid, wenn ich nicht der Bruder bin, den du gerne hättest - aber das bist du ja schließlich auch nicht", warf ich ihm sauer an den Kopf. „Du bist ein dreckiger Lügner und selbst jetzt, wo du alles hättest besser machen können, vermasselst du es, indem du mir meine sexuelle Orientierung ausreden willst. Ich habe big news für dich: ich stehe auf Männer, ob es dir passt oder nicht."

Das hatte gesessen. Wie ein Fisch auf dem Trockenen öffnete und schloss Aki ein paar Mal den Mund, ohne etwas zu sagen. Er schien komplett erschüttert von meinen Worten zu sein. Fast hätte ich vor Ironie gelacht. Dabei war er es doch gewesen, der gewitzelt hatte, dass ich mit Yamaguchi zusammen wäre. Ich wollte schon mit einer erneuten Hasstirade nachlegen, als ich sah, wie er verzweifelt nach Worten rang.

Just my Type!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt