Hof-Zeit

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"Ich glaube ich liebe sie". Die Nachricht die ich an eine Freundin schrieb.
Natürlich war mir das zu dem Zeitpunkt schon längst klar.
Dennoch komisch, es auszusprechen.

Ich sitze hier auf unserem Hof, nur ein paar Meter von *ihrem* Haus entfernt, und schreibe diese Zeilen. Sehe ein Auto. Es ist ihr Bruder. Wenn er nur wüsste was ich hier niederschreibe.
Wenn es nur irgendjemand wüsste.
Oft male ich mir aus, wie es wäre wenn *sie* es wüsste.
Wie sie reagieren würde.

Vorgestern haben wir das letzte Mal geredet. Es war Abend, eine ähnliche Zeit. Meine Hof-Zeit. Langsam die Sonne untergehen sehen. Die kühle Abendluft spüren. Nachdenken.
Da kam sie.
Sie fragte mich was ich hier mache, ich erzählte dass ich einen guten Ort zum Schreiben brauche. Was ich schreibe, fragte sie.
Ich zögerte.
"Lovestorys", antwortete ich.
Keine Reaktion.
'Eine Fantasiegeschichte über uns beide wie wir zusammen sind', konnte ich ja schlecht antworten.
Am Ende war es beides die Wahrheit.

Ich erzählte davon, dass es gerade ein wenig hakte.
Und plötzlich, plötzlich hatte ich das Gefühl sie war in ihrem Element. Ich solle mir keinen Druck machen. Es einfach fließen lassen. In den Wald gehen, nicht jetzt aber vielleicht morgens.
Sie klang, als hätte sie ihr ganzes Leben lang noch von nichts Spannenderem geredet.
"Es einfach fließen lassen. Das klingt, wie eine Anleitung zum Pinkeln", sagte ich.
Dann mussten wir beide lachen.
Ich liebe ihr Lachen, manchmal höre ich es ganz laut, wenn ein Fenster offen ist.
Am meisten liebe ich es natürlich, wenn sie wegen mir lacht. Nicht über mich, sondern mit mir.
Ich glaube nicht, dass sie schonmal über mich gelacht hat.

Überhaupt glaube ich mittlerweile, dass sie eine recht tolerante Person ist. Sie ist sehr vorsichtig wenn sie ihre Meinung sagt. Achtend, wie es auf der anderen Seite ankommt. Ich bin mir sicher sie möchte niemanden verletzen.
Auch wenn es das Ein oder Andere gibt, was sie auch nicht mag.
Back-Factory zum Beispiel.
Dafür hat sie mir gesagt, wenn ich mal backe, kann ich sie einladen.

Klingt super, findet ihr?

Ich hingegen versuche seitdem zu interpretieren, ob sie jetzt auch mich oder nur den Kuchen will.

Und soll ich ihn ihr bringen, oder essen wir zusammen???

Bei dem Gedanken sie bei mir zuhause zu haben, sind auf jeden Fall schonmal alle Wände weggeschmolzen. Die Unordnung. Die Fertigprodukte. Die schrecklichen Bilder von mir im Wohnzimmer. Einfach alles.
Als wären wir nicht edel genug, für sie.
Als wäre ich nicht edel genug.

Als wäre ich nicht genug.

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