Erster Eindruck

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„Danke für's Mitnehmen!", rufe ich dem jungen Paar hinterher, dass mich ein Stück mitgenommen hat. Sie haben mich in einem kleinen Ort rausgelassen. Es ist hübsch hier und die Natur ist wunderschön. Nur weiß ich leider nicht genau, wo ich mich befinde. Und wie ich von hier aus zur nächsten größeren Stadt komme. Ich will auf meinem Handy nachschauen aber der Bildschirm bleibt schwarz - Mist, der Akku ist leer. Zum Glück habe ich noch was zu essen dabei. Ich setze mich auf eine Bordsteinkante und genieße mein Sandwich. Dass mein Akku leer geworden ist, während ich mich in einem Ort befunden habe den ich nicht kannte, ist mir schon öfters passiert und ich habe es jedes Mal lebend rausgeschafft. Also schaffe ich es dieses Mal auch.
Eine ganze Weile sitze ich da und warte. Aber kein einziges Auto. Scheint ein wirklich kleiner Ort zu sein. Was auch immer unangenehmer wird, ist die Kälte. Es ist Mitte Herbst und abends wird es schon ziemlich frisch. Ein Windstoß lässt meinen Körper zittern und ich ziehe meine Knie an meine Brust heran. Eine ganze Weile sitze ich zusammengekauert auf der Bordsteinkante in einem kleinen Ort mitten im Nirgendwo. Toll. Ich mache die Augen zu und fange ein wenig an zu Träumen. Auf einmal merke ich, wie etwas vor mir stehen geblieben ist. Ich spüre eine warme Luft an meinen Beinen - es ist ein Jeep! Sofort rappel ich mich auf. Die Fahrertür öffnet sich und ein Mann kommt auf mich zu. Er hat einen leichten Schnurrbart, stechende grüne Augen und ist in eine große dunkelgrüne Jacke gehüllt. Seine Haare sind etwas gelockt und grau aber man kann erkennen, dass sie mal dunkelblond waren, da man noch leichte Strähnen davon sieht. Er lächelt mich freundlich an - „Hallo! Alles okay bei dir? Kann ich dir irgendwie helfen?". Seine Stimme klingt sehr warm und ruhig. „Äh ja mir ist nur ein wenig kalt. Könnten Sie mich ein Stück mitnehmen?", frage ich ihn. Erst in dem Moment merke ich, wie stark ich eigentlich zitter. Er nickt und nimmt meine Sachen - „Nein nein, das müssen Sie nicht tragen!", versuche ich ihn abzuhalten. Aber er geht zum Kofferraum und legt meine Sachen hinein - „Jetzt sind die Sachen drin.", sagt er mit einem Lächeln - „dankeschön!".
In seinem Auto ist es zum Glück warm und im Radio läuft Musik. Sie gefällt mir und ich fange an zu summen. Irgendwann singe ich sogar mit, ohne, dass ich's bemerke. Als das Lied vorbei ist fällt es mir auf. Ich werde rot und schaue zu dem Mann rüber. Sein Lächeln ist erfreut und seine Augen leuchten. Die restliche Fahrt sind wir beide ruhig. Aber nicht dieses peinliche Schweigen sondern eine ziemlich angenehme Stille.
Irgendwann fährt er auf ein Grundstück. Es ist nicht unfassbar groß aber auch nicht gerade klein. Irgendwas dazwischen. Der kleine Weg zur Haustür wird von kleinen Laternen beleuchtet. Als ich aussteigen will, kommt mir etwas entgegengerannt. Es ist schwarz und wuschelig - ein Hund. Er springt an mir hoch und will mir das Gesicht ablecken. Ich versuche ihn davon abzuhalten, was nicht gerade einfach ist. Der Mann kommt ums Auto - „Clifford, lass das Mädchen!". Der Hund lässt von mir ab und rennt zu ihm hin. Ebenfalls mit einer ausführlichen Begrüßung. Er schaut zu mir „Sorry aber er ist bei neuen Leuten immer ganz aufgedreht und muss immer jeden abschlecken", sagt er lachend. Ich gehe zu Cliff hin und streichel ihn - „Ist schon okay, ich mag Hunde sowieso ziemlich gerne!".
Ich nehme meinen Rucksack und folge dem Mann ins Haus. Drinnen ist es wirklich gemütlich. In dem kleinen Eingangsbereich steht eine kleine Bank mit Kissen drauf. Darunter stehen ein paar Schuhe. Und darüber hängen Jacken und Taschen. Von dem Eingangsbereich, kommt man in das Wohnzimmer bzw Esszimmer. Im Raum steht eine große Couch und zwei Sessel. Dazu ein kleiner Tisch und ein Fernseher. Der Esstisch ist nicht wirklich groß und die zwei Stühle sind aus Holz. An der Wand hängen ein paar Bilder. Wahrscheinlich seine Familie. Er zeigt mir schnell die Küche und dann gehen wir hoch. Dort gibt es ein Bad das relativ großzügig ist. Vorallem die große Badewanne fällt auf. Auf dem Badewannenrand stehen ein paar Kerzen. Sie sind leicht herunter gebrannt. Der Spiegel über dem Waschbecken ist ebenfalls relativ groß. Von dem Bad aus geht es zu seinem Schlafzimmer. Es ist so unfassbar gemütlich! Das große Bett sieht ziemlich weich aus und der große Schrank bittet bestimmt vielen Klamotten ziemlich viel Platz! Auf dem Boden liegt ein großer Teppich und mal wieder sind an der Wand Bilder. Neben seinem Bett entdecke ich ein Hundebett. Bestimmt für Cliff. Sogar einen kleinen Balkon hat er. „Ihr Haus ist wirklich toll eingerichtet und total schön!". Der Mann schaut mich an „Danke! Aber bitte sag doch Du zu mir. Ich bin Harry" - „Oh okay aber ja gerne! Ich heiße Lou. Also eigentlich Louisa aber ich mag den Namen nicht deswegen nennt mich jeder Lou!". Als ich Harry meinen Namen sage, verändert sich etwas in seinem Gesicht. Seine Augen weiten sich ein wenig und er wird blass. Er schluckt -„Schöner Name". Okay, das war trocken. Naja egal. „Ähm in welchem Hotel kann man hier denn günstig übernachten?", frage ich ihn. Und dann lächelt er wieder und fängt an zu lachen. Ich schaue ihn verwundert an, denn ganz ehrlich verstehe ich nicht wieso er lacht. „Glaubst du wirklich hier gibt es Hotels? Und selbst wenn, würde ich dich dort nicht schlafen lassen. Du schläfst bei mir!". Oh okay also darauf war ich jetzt nicht vorbereitet. Eigentlich schlafe ich ja nicht bei fremden Leuten aber habe ich eine andere Möglichkeit? Nein, eben nicht. „Okay, Danke!" - „Nichts zu danken. Ist doch selbstverständlich!".

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