𝟎𝟏 | 𝐌𝐨𝐧𝐬𝐭𝐞𝐫

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ALARA DÍAZ

„Du unbrauchbares, dummes Miststück!" Mein Vater kommt schreiend auf mich zu und bleibt wutentbrannt vor mir stehen. Als seine Hand mit voller Kraft auf meine Wange knallt, schnellt mein Kopf ruckartig zur Seite und verharrt dort für wenige Sekunden. Ein stechender Schmerz breitet sich in meiner linken Gesichtshälfte aus.

„Wie oft muss man dir noch sagen, dass du das Haus nicht verlassen darfst? Du weißt doch, was passiert, wenn du dich den Regeln widersetzt." Ein fieses Grinsen breitet sich auf seinen Lippen aus. Sofort läuft mir ein unangenehmer Schauer über den Rücken, denn ich weiß, welche Erziehungsmaßnahmen er meint.

„Es tut mir leid", wimmere ich leise, doch drehe mich nicht zurück zu ihm. Ich will nicht in sein Gesicht sehen. Nicht in das Gesicht meines Vaters. Nicht in das Gesicht eines Monsters.

„Schau mich verdammt nochmal an, wenn ich mit dir rede!" Schon wieder landet seine Hand unsanft auf meiner Wange und schon wieder wird mein Kopf zur Seite geschleudert. Es ist wie immer. Schmerzerfüllt kneife ich meine Augen zu und versuche, den pochenden Schmerz in meiner, vermutlich schon roten, Wange, zu ignorieren.

Ich versuche stark zu bleiben. Ich versuche keine Schwäche zu zeigen, doch es tut so unbeschreiblich weh. Nicht nur in meiner Wange, sondern auch in meinem Inneren. Mein Herz zieht sich schmerzvoll zusammen und verkrampft.

Er macht mir mein Leben zur Hölle, indem er mich schlägt, beleidigt und tritt. Manchmal, da zwingt er mich sogar zu schlimmerem. Um seine unbefriedigten Bedürfnisse zu stillen. Seit drei Jahren bin ich es nicht anders gewöhnt.

Tränen steigen in meine Augen und laufen über meine reine Haut. Gleich hast du es geschafft! „Es tut mir leid", wiederhole ich mich flehend und sehe ihn dabei direkt an. „Es ist nur zu deinem besten, also halte dich an unsere Regeln. Du darfst dieses Haus, dieses Gelände, niemals verlassen!"

Abwertend sieht er mich an. So, wie er es immer tut. So, als wäre ich eine Last, die man einfach nur loswerden möchte. Ich wollte nur an die frische Luft und durch den Zaun unseres Grundstücks sehen. Doch als ich mich unbemerkt zurück in unsere Villa schleichen wollte, erwischte er mich zufällig.

„Sag es!", schreit er wütend. „Ich darf das Haus nicht verlassen", gebe ich niedergeschlagen von mir. Ich darf keinen Schritt von diesem Anwesen setzen. Das darf ich nicht, durfte ich nie und werde es auch niemals dürfen. Nur ein einziges Mal durfte ich das. Aber das, was vor drei Jahren passiert ist, darf sich auf gar keinen Fall wiederholen.

Nichts und niemand kann mir noch helfen. Seit 19 Jahren werde ich vor der Außenwelt geheim gehalten und versteckt. Niemand weiß, dass ich existiere. Und das macht mich fertig.

„Wenn das noch einmal vorkommt, werde ich zu anderen Mitteln greifen!" Ergeben nicke ich und warte darauf, dass er mir erlaubt, zu gehen. Doch nichts passiert. „Ich bin auf dem Weg zu einer Veranstaltung der Familie Santiago", beginnt er. Wieso erzählt er mir das? Er erzählt mir nie etwas.

„Jedenfalls gehen Gerüchte um, in denen es heißt, dass dort etwas wichtiges verkündet wird. Und wenn man den Gerüchten trauen kann, dann wirst du bald deine gerechte Strafe bekommen." Ein gehässiger Gesichtsausdruck legt sich auf das angsteinflößendes Erscheinungsbild meines Vaters.

Ohne ein weiteres Wort verlässt er die luxuriöse Eingangshalle unseres Anwesens und läuft, gefolgt von zwei Männern, zur großen Eingangstür. Als er das Haus verlassen hat, breitet sich kalte Angst in mir aus und lässt mich erschaudern. Was meinte er damit? Immer mehr Tränen bahnen sich ihren Weg aus meinen braunen Augen, die schon vieles mitansehen mussten.

Erschöpft sinke ich auf den Boden und schlage verzweifelt meine Hände vor dem Kopf zusammen. Ich kann das alles nicht mehr, es ist zu viel. Wäre wenigstens meine Mutter noch bei mir. Unendlich viele Tränen fallen auf den teuren Marmorboden.

Ich weiß nicht, wie lange ich schon auf dem Boden sitze oder wie lange meine Schluchzer die Stille durchbrechen. Irgendwann stehe ich aber auf und laufe in mein Zimmer.

Ich weiß, dass ich nicht zu meinem Wohl versteckt werde. Es dient einzig und allein seinem Wohl. Meine Mutter hatte es nie für richtig gehalten, aber mein Vater war schon immer überzeugt davon. Ich stelle eine Schwachstelle für unsere Mafia dar. Es wäre ein leichtes, mich zu entführen und meiner Familie zu schaden. Also versteckten mich meine Eltern seit meiner Geburt.

Ich laufe in mein modern eingerichtetes Badezimmer, bleibe vor den Spiegel stehen und betrachte mich argwöhnisch. Meine Wange hat wieder ihren normalen Hautton angenommen und meine Augen sind rot vom weinen. Zusammengefasst sehe ich ziemlich mitgenommen und kaputt aus. Ich sehe so aus, wie ich mich fühle.

Um meinen Kopf frei zu kriegen und um meine Gedanken zu ordnen, steige ich in die Dusche und lasse das warme Wasser auf mich prasseln. Ich versuche, die neuen Informationen zu verarbeiten.

Was meinte mein Vater vorhin? Was werden die Santiagos auf dieser Veranstaltung verkündigen? Und was hat das alles mit mir zu tun? Verzweifelt gleite ich an der Duschwand herunter und setze mich auf den Boden. Ich verstehe das nicht.

Was würde ich alles für ein normales Leben geben. Es ist hoffnungslos. Ich werde niemals entkommen. Dieses Haus wird sicher für immer mein Gefängnis bleiben.

ARIAN SANTIAGO

„Sie haben sich sicher schon gefragt, warum Sie eine Einladung zu diesem Meeting erhalten haben", beginnt mein Vater, der auf einem Podest steht und zu unseren Gästen spricht. Ich stehe schräg hinter ihm und sehe angespannt auf das Publikum herunter.

Unter den Gästen befinden sich nur Oberhäupter von großen Mafiafamilien aus den Vereinigten Staaten, die eine heiratsfähige Frau in ihren Reihen haben. Alle sind hier zusammen gekommen, um die Verkündigung, die mein Vater gleich aussprechen wird, zu hören.

„Ich darf bekannt geben, dass mein ältester Sohn, Arian Santiago, bald meine Mafia übernehmen wird. Außerdem sucht er eine Ehefrau. Jeder, der sich in diesem Saal befindet, wird dazu aufgefordert, mit einer heiratsfähigen und jungen Frau, zu unserem Ball zu erscheinen. Der Ball wird am Samstag gegeben und Sie sind herzlich eingeladen. Mein Sohn wird dort seine Wahl treffen."

Ein Raunen geht durch die Menge. Niemand der anwesenden hat mit dieser Nachricht gerechnet. Selbstsicher gehe ich von dem Podest herunter und verlasse den Saal.

Bald werde ich heiraten. Nicht, weil ich es unbedingt will oder ich nach etwas festem suche. Ich muss heiraten, weil meine Mutter fest davon überzeugt ist, dass mir eine Frau gut tun wird. Ich sehe das zwar anders, aber das zählt nicht. Am Samstag werde ich meine zukünftige Ehefrau treffen.

 Am Samstag werde ich meine zukünftige Ehefrau treffen

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