Kapitel 10

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„Also, was willst du uns zeigen?" Sophie sah Kathi neugierig an und die seufzte leise. Sie hätte sich beinahe gedrückt, aber dann war es ihr bei Sophies Anruf aus dem Zug rausgerutscht, dass sie etwas Unglaubliches aufgenommen hatte.

„Ihr werdet es vermutlich eh nicht glauben." Kathi zögerte kurz, dann öffnete sie das Video auf dem Laptop. Sophie und Lucan beugten sich neugierig vor, während sie ihre Freunde beobachtete. Sophie hob die Augenbrauen und Lucan zog die Nase kraus.

„Gut gemacht. Von dir?" Er sah sie fragend an und Kathi schüttelte den Kopf.

„Also, ich habe das aufgenommen. Aber ich habe an dem Video nichts gemacht."

„Ach komm." Sophies Augenbrauen wanderten noch ein Stückchen weiter in die Höhe.

„Wirklich nicht. Ich war vorhin ein wenig spazieren. Da kam ich am Hopferhof vorbei. Da wohnt jetzt wieder jemand. Mika ... den Nachnamen hab ich vergessen. Na, jedenfalls ist die Frau auf dem Video Mika. Und die Katze ist die, die ich so oft gesehen hab. Bei Herrn Becker. Bei Sarina. Und vielleicht war sie auch bei Frau Hansen."

„Nicht schon wieder die Katze." Lucan fuhr sich durch die Haare. „Komm schon, Kathi. Es ist eine Katze."

„Ja, das auf dem Video ist auch eine Katze." Kathi verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich hab es ja gewusst, dass ihr mir nicht glaubt."

„Es klingt ja auch ziemlich unglaublich", meinte Sophie und hob die Hände, als Kathi was sagen wollte. „Aber sagen wir, du hast Recht. Das hier ist echt." Sie wies auf das Video. „Was dann? Was ist das für eine Katze? Und diese Mika? Ist sie eine Hexe? Ein Alien?" Ein Funkeln trat in Sophies Augen. „Das müssen wir nun noch herausfinden."

„Du jetzt auch?" Lucan seufzte. „Es gibt weder Hexen noch Aliens."

„Sagt der, der so gern über Aliens schreibt." Kathi sah Lucan herausfordernd an. „Nenn mir einen Grund, warum ich euch mit diesem Video verarschen sollte." Eine Weile schwiegen sie alle, dann seufzte Lucan erneut.

„Bei dir fällt mir keiner ein. Zumal du eine Niete bist, was Bildbearbeitung angeht."

„Gut, dass dir das wieder einfällt." Kathi ließ das Video von vorne laufen. „Die Katze ist kurz vorher auf ein Feld gelaufen und da kam Nebel auf. Direkt um sie und einfach aus dem Nichts. Total unheimlich. Und dann löste sich das alles wieder auf und ich hab das hier beobachtet."

„Auch total unheimlich", sagte Sophie. „Okay. Was könnte es sein? Hexen haben doch immer irgendein Haustier, oder? Gerade Katzen sind doch als Hexentiere verschrien. Verbreitet sie mit ihrer Katze einen Fluch über Immenfelde?"

„Keine Ahnung. Für eine Hexe wirkte sie aber so normal und nett." Kathi verzog das Gesicht. „Okay, klar, sie wird einen nicht gerade mit blutigen Klauen begrüßen, wenn sie eine Massenmörderhexe ist."

„Es könnten Kobolde, Dämonen, Aliens, alles mögliche sein", überlegte Sophie. „Wir müssen zum Hof. Vielleicht stimmen ja doch einige der Gerüchte." Sie sah Kathi und Lucan düster an. „Ihr wisst schon. Von wegen, der Hopfer hätte dort Dämonen beschworen."

„Das sind nur Geschichten und Gerüchte, die mit der Zeit aufkamen. Vermutlich war der Hopfer eifersüchtig oder sowas." Lucan verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ja, vielleicht. Aber was, wenn er doch Dämonen beschworen hat? Nein, jetzt widersprich mir nicht, Lucan. Nimm es einfach mal hin. Tun wir so, als gäbe es Dämonen und manche Leute wissen das und beschwören sie. Wie der Hopfer in den ganzen Geschichten. Vielleicht wollte er wirklich an Geld und Macht kommen. Aber irgendwas lief schief." Sophie begann auf ihrer Unterlippe zu kauen und sah in die Ferne. „Hopfer drehte durch und tötete seine Familie. Aber der Dämon war da. Gebunden an den Hof, der die ganze Zeit unbewohnt war. Diese Mika erfuhr davon. Und nun will sie das nutzen. Oder den Dämon befreien. Oder ihn verbannen. Kann ja auch sein, dass sie eine gute Hexe ist, oder? Gibt ja nicht nur böse Hexen."

„Na ja, wenn diese Katze für die Unfälle verantwortlich ist, dann ist das nicht gerade ein Zeichen dafür, dass Mika eine von den Guten ist." Kathi runzelte die Stirn. „Sie scheinen ja irgendwie zu kommunizieren. Oder vielleicht überträgt die Katze etwas auf Mika? Oder Mika auf die Katze?"

„Wir können jetzt viel grübeln, aber weiter kommen wir so nicht. Ich sagte es ja grad schon: Wir müssen zum Hof."

„Na, aber nicht mehr heute." Lucan schnaubte leise.

„Warum nicht? Gerade nachts wäre es gut. Dann schläft Mika sicher und wir können uns umsehen."

„Bist du verrückt? Am Ende ruft sie die Polizei."

„Ganz einfach: Wir behaupten, wir wussten nicht, dass da wieder wer wohnt. Hätte Kathi es uns nicht erzählt, wüssten wir auch nichts davon."

„Dann darf Kathi auch nicht mitkommen."

„Ich bleibe gerne hier. Dann kann ich glaubhaft beteuern, dass ich nicht wusste, was ihr tut." Kathi grinste flüchtig. „Nein, ich komme natürlich mit. Aber ich kann ja etwas außerhalb warten. Wir sollten mit den Rädern hin. Dann können wir schneller abhauen. Ihr schaut euch um und ich pass auf die Räder auf. Auch wenn ich nicht glaube, dass irgendwer die nachts stehlen wird."

„Und wenn Mika uns erwischt, behaupten wir, wir wollten auf dem alten Hopferhof rumlaufen. So als Mutprobe. Oder zum Ideen sammeln, weil wir eine Geschichte schreiben wollen."

„Das klingt so dämlich, dass sie es vermutlich sogar glauben würde." Lucan fuhr sich wieder durch die Haare. „Ich kann nicht glauben, dass ich mich von euch hierzu überreden lasse."

„Dabei haben wir nicht einmal angefangen, dich zu überreden." Kathi grinste.

„Was es nicht besser macht." Lucan sah sie beide kritisch an. „Ihr solltet euch was Dunkleres anziehen. Etwas, was nicht so leicht hängenbleibt."

„Alles klar. Wir ziehen uns um und dann machen wir uns auf den Weg." Sophie sah sie entschlossen an. „Wir finden heraus, was mit dieser Mika, der Katze und dem Hof nicht stimmt."

NebelkatzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt