Intuition

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Sakusa PoV

Konnte mein verdammtes Herz mal bitte aufhören so unaufhörlich zu klopfen? Ich hatte das Gefühl, ich wäre einen Marathon gerannt. Nur, dass sich mein Köper so gar nicht beruhigen ließ. Ich stand mit einem kleinen Koffer, meiner Tasche, meinem Rucksack und einer Kiste voll mit Kleinkram in Miyas kleinem Flur und musste mich förmlich zwingen nicht die Kommode anzustarren.

Zum Glück riss mich Miya aus den Gedanken. "Da hinten wäre das Zimmer", sagte er und deutete auf eine Tür, die sich gegenüber seines Schlafzimmers auf der anderen Seite der Wohnküche befand. Ich nickte beklommen und er bückte sich, um die Kiste zu nehmen. "Warte, das musst du nicht-", setzte ich an, doch er unterbrach mich mit einem Blick und hob dann leichtfertig die Kiste an.

"Hast du nicht mehr Sachen?", fragte er und ging voran. "Ich habe keine eigenen Möbel. Die neue Wohnung wäre auch möbliert gewesen... Naja... und der Rest der Klamotten ist bei meinen Eltern. Von zu viel Deko halte ich nichts, und meine ganzen Bücher...", ich biss mir auf die Zunge, doch es war zu spät gewesen. Er drehte sich amüsiert um und sagte: "Deine ganzen Bücher? Bist du so eine Leseratte?" Ich hob würdevoll das Kinn und erwiderte nur: "Ich lese halt gern. Was dagegen?"

Er grinste und schüttelte den Kopf. "So, das wäre es", sagte er und öffnete die Tür. Das Zimmer war kleiner, als sein eigenes Schlafzimmer, jedoch gemütlich und schlicht eingerichtet. In einer Ecke lag ein zusammengerollter Futon, gegenüber ein einfacher flacher Holztisch und neben der Tür eine kleine Kommode. "Solltest du ein Bett bevorzugen, kannst du dir gern eins kaufen, für Gäste hat bis jetzt der Futon absolut ausgereicht. Ich versteh aber natürlich, wenn du es etwas bequemer haben möchtest", sagte er entschuldigend. Ich lächelte, doch dann sagte ich ernst: "Für die Übergangszeit wird das reichen, keine Sorge."

Er schaute mich kurz an und ich hatte das Gefühl ein wenig Enttäuschung in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Doch nur Sekunden später grinste er wieder und sagte: "Aber natürlich." Nur hatte ich irgendwie das Gefühl, dass dieses Grinsen alles andere als echt und ehrlich war. "Ich lass dich jetzt allein. Mach es dir bequem, fühl dich wie zu Hause und wenn etwas ist, dann melde dich", sagte er und wandte sich zum gehen, doch ich hielt ihm am Handgelenk fest.

Er hielt überrascht inne, schaute auf meine Hand und dann wieder zu mir und ich ließ sie eilig wieder los. "Entschuldige... wo gehst du hin?", fragte ich ihn und kam mir vor wie ein Trottel, als ich das fragte. "Ins Konbini um die Ecke. Wir haben kaum etwas zum Abendbrot. Hast du Wünsche? Ich könnte ein paar Ramen oder Umeboshi zum snacken mitbringen", sagte er und schaute mich aus offenen Augen an. Ich zog die Augenbrauen zusammen und erwiderte skeptisch: "Woher weißt du, dass ich Umeboshis mag?"

Er grinste nun wie immer süffisant und zuckte die Schultern. "Intuition?", sagte er nur und drehte sich wieder um. Ganz ruhig, Kiyoomi... irgendwann... irgendwann wird ihm sein arrogantes Grinsen noch vergehen und dann wirst du derjenige sein, der überlegen ist. Für den Moment entschied ich mich jedoch ruhig zu bleiben und nur den Kopf zu schütteln. "Nein, danke ich brauche nichts", sagte ich also nur und schloss die Tür.

In der kommenden halben Stunde versuchte ich dem kleinen Raum ein wenig persönlichen Flair zu geben. Auch wenn ich nicht wirklich viele Sachen hatte, die das bewerkstelligen konnten. Ein kleiner Kaktus, die einzige Pflanze, die ich aus meiner alten Wohnung mitnehmen konnte, zierte die Kommode, ein Bild von meiner Familie hatte es auf den Holztisch geschafft und meine Klamotten waren zum Großteil in das entsprechende Möbelstück eingeräumt. Meine Lieblingsbücher, sowie meine Ungelesenen lagen sortiert auf ebenfalls auf der Kommode und gerade räumte ich meine Tasche und den Koffer in eine Ecke, als es vorsichtig klopfte.

Ich ging zur Tür und öffnete sie. Miya stand davor und hielt grinsend eine Verpackung Umeboshi hoch. Ich zog die Augenbrauen zusammen und sagte schnippisch: "Ich hab dir gesagt ich möchte nichts." Sein Grinsen erstarb nicht, sondern wurde nur noch breiter. "Dann hast du doch sicher nichts dagegen, wenn ich die esse, oder?", fragte er und ich sagte, vielleicht ein wenig zu schnell: "Nein, schon gut" und schnappte ihm die Tüte aus der Hand. Er hielt es für schlauer nichts darauf zu erwidern.

"Ich hab Ramen mitgebracht. Isst du mit?", fragte er versöhnlicher und schaute mich nun wieder mit diesem offenen Blick an, der mich ganz schwach werden ließ. Ich wollte erst ablehnen, doch mein Magen protestierte allein bei diesem Gedanken und ich kam zu der Schlussfolgerung, dass es womöglich höflicher wäre, diese Einladung nicht abzulehnen. Schließlich hatte er mich mehr oder weniger davor bewahrt auf der Straße zu landen.

Ich seufzte und nickte ergeben und folgte ihm zu der kleinen Küchenzeile, wo er die Fertigramen zubereitete. "Keine Sorge, normalerweise koche ich auch selber. Ich dachte nur, eine schnelle Mahlzeit ohne viel Aufwand ist ausreichend für heute", sagte er und goss die Ramen mit heißem Wasser auf. Wow, so viel Nachsicht und Fürsorge hätte ich nicht von ihm erwartet. Ich stand unschlüssig neben ihm und beobachtete unauffällig sein Profil.

Sein konzentrierter Blick, seine starken Hände und sein offen gelegter Hals brachten mein Herz zum Stolpern, sodass ich den Blick wieder auf etwas Unverfängliches wie den Wasserkocher lenken musste. Erst, als er mir die Schale mit den Ramen sowie zwei Stäbchen unter die Nase hielt schaute ich ihm wieder in die Augen.

"Ist alles okay? Du siehst fiebrig aus. Geht es dir nicht gut?", fragte er besorgt und kam mir noch ein Stückchen näher um mein Gesicht zu betrachten. Ich wich etwas zurück und räusperte mich. "Ich... chrm... nein, ich... alles gut. Danke für das Essen", fügte ich schnell an und nahm ihm die Schale aus der Hand. Er schaute mich noch einen Moment prüfend an und erwiderte: "Am besten gehst du danach schlafen. Das ganze Hin und Her muss anstrengend gewesen sein." Ich nickte nur, froh, mich nicht weiter erklären zu müssen oder mir eine fadenscheinige Ausrede aus der Nase ziehen zu müssen.

Ich meine, was hätte ich auch sagen sollen: "Sorry, du bringst mich aus der Fassung"? "Entschuldige, aber könntest du bitte aufhören so gut auszusehen?"? "Tut mir leid, aber ich kann nur daran denken mit dir Sex zu haben, wenn ich dich anschaue"?

Denn so war es. Ich konnte es nicht länger verleugnen. Er machte mich total an. Und das ausgerechnet ich derjenige von uns beiden war, der in der Gegenwart des anderen die Fassung zu verlieren drohte, machte mich nur noch nervöser. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass die kommenden Tage und, wenn ich Pech hatte, Wochen die absolute Hölle werden würden.

It's my turn! || Sakusa x AtsumuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt