Verliebt? Ich? Niemals!

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Atsumu PoV

Kiyoomi wollte natürlich nicht den Gartenteich sehen... also den Übertragenen... den Echten habe ich ihm tatsächlich kurz zeigen können. Bevor wir Augenblicke später von einem leichten Stöhnen, welches sich stark nach Osamu und Suna angehört hatte, vertrieben worden sind. Unglaublich, dass die zwei es nicht mal ins Zimmer geschafft hatten, sondern sich hier im Garten meiner Eltern vergnügten.

Ich warf einen Seitenblick auf Kiyoomi. Er war ziemlich still. Womöglich habe ich ihn mit der Größe meiner Familie für immer und ewig von einer Menschenphobie geheilt... oder sie noch schlimmer gemacht, sodass sein Körper nur noch auf Sparmodus agierte.

„Kiyoomi?", sagte ich und tatsächlich zuckte er zusammen, so als ob er tief in Gedanken gewesen war. Er schaute mich an und ich hatte das Gefühl, der graue Schleier, der sich wie ein Schatten über seinen Blick gelegt hatte lichtete sich etwas. „Hm?", machte er und er versuchte es mit einem Lächeln. „Alles okay? Du bist so still. Hat meine Familie dich so verschreckt?", fragte ich und lachte unsicher auf. Doch er schüttelte erschrocken den Kopf.

„Im Gegenteil. Ich fühle mich gut aufgehoben. Deine Eltern sind super nett", sagte er und stupste mich mit seiner Schulter an, „und du bist heute auch nur halb so schlimm wie sonst." Ich plusterte empört meine Wangen auf. „Was soll das denn heißen?", rief ich und zog eine Schnute. Er kicherte nur und schaute wieder in Richtung der Feiergesellschaft, auf die wir langsam zu schlenderten. Moment mal. Kiyoomi kicherte? Das brachte mich wiederum zum grinsen und ich spürte, wie mein Herz schneller schlug.

„Was ist mit deiner Familie? Hast du Geschwister?", fragte ich und versuchte meine Nervosität zu überspielen. Sein Grinsen verschwand und ich hatte das Gefühl ein unangenehmes Thema eröffnet zu haben. Doch als Kiyoomi sprach klang er fast normal... bis auf den leicht bitteren Unterton. „Ich habe eine ältere Schwester und einen älteren Bruder. Er ist Oberarzt im städtischen Krankenhaus und sie arbeitet in der Kanzlei meiner Eltern, ebenfalls als Anwältin. Ich ähm...", er räusperte sich kurz, „Ich hab nicht unbedingt einen Weg eingeschlagen, den meine Eltern für mich vorgesehen haben, weswegen wir viel Streit hatten. Letztendlich haben Sie meinen Wunsch respektiert, als sie gesehen haben, wie erfolgreich ich war. Sie dulden es... aber es passt ihnen nicht so wirklich. Sie wollen mich auch andauernd mit angesehenen Männern und Frauen verkuppeln... ja schräg oder?", lachte er, als er meinen Blick sah und seufzte.

„Sie können akzeptieren, dass ich bisexuell bin, aber nicht, dass ich Volleyball spielen will", lachte er verbittert auf und wischte sich mit einer Hand übers Gesicht. Unbewusst griff ich danach und wusste jedoch auf halbem Weg nicht mehr was ich eigentlich mit der Geste erreichen wollte. Ich verschränkte unsere Finger und strich mit meinem Daumen leicht über seinen Handrücken, in der irrwitzigen Hoffnung, dass diese kleine Geste ihm ein wenig Trost spendete.

Er schaute mich ein wenig überrascht an, dann wurde sein Blick warm und er führte unsere verschränkten Finger zu seinen Lippen. Er fuhr ganz leicht über meinen Knöchel und hauchte einen Kuss darauf. Mein Herz spielte verrückt. Es wusste nicht ob es aus Schock einen Schlag aussetzen oder lieber vor Glück doppelt so schnell weiter schlagen sollte. Es entschied sich für einen merkwürdigen Hüpfer und stolperte dann in erhöhtem Tempo weiter.

Ich wollte etwas sagen, irgendetwas tröstendes, was ihm zeigte, dass er mir gegenüber nichts beweisen musste, dass ich ihn auch so mochte... doch der Moment war plötzlich viel zu schnell vorbei. Er senkte seinen Blick und drückte meine Hand kurz, lächelte ein wenig, dann löste er sie wieder und wandte sich ab. „Ich muss mich mal kurz frisch machen", murmelte er und ohne eine Antwort abzuwarten hastete er davon.

Ich blieb, wo ich war und schaute ihm hinterher. Fuck... ich glaube echt... ich glaube...

„Atsumu, Liebling! Ist alles okay?" Mein Kopf zuckte herum als sich meine Mutter aus der nächstgelegenen Menschengruppe löste und zu mir herüber kam. Ich tat eine merkwürdige Bewegung, irgendetwas zwischen Nicken, Kopfschütteln und Schulterzucken und sie tätschelte seufzend meine Wange.

„Ist es wegen deinem Freund? Kiyoomi?", fragte sie und ich nickte. Ich streichelte über meine Wange und fragte leise: „Was ist es? Möchtest du drüber reden?" Ich schaute sie an. Meine Mutter war seit jeher mein Anker gewesen. Sie hatte immer eine Lösung für all meine Probleme aus den Hut zaubern können. Egal ob es wegen Osamu war, der mir immer wieder meine Süßigkeiten geklaut hatte und sie mir deshalb eine Dose mit einem kleinen Schloss dran gebastelt hatte oder indem sie mir einfach ein offenes Ohr schenkte.

Doch hier wusste ich ja selber nicht einmal was das Problem ist. „Ich... weiß manchmal nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Er wirkt so unnahbar und unerschütterlich und im nächsten Moment wieder so verletzlich. Ich würde ihm gern zeigen, dass er sich auf mich verlassen kann... in allen Lebenslagen. Aber ich weiß nicht, ob ich wirklich gut genug für ihn bin", murmelte ich und raufte mir verzweifelt die Haare.

Als ich sie wieder anschaute erstarrte ich bei ihrem strengen Blick. „Miya Atsumu! Hör sofort auf dich selbst so herunter zu reden, hast du gehört?", sagte sie und nahm mein Gesicht in beide Hände. „Wo ist mein selbstbewusster Sohn hin?" Ich grinste und antwortete nur leise: „Ich glaube, der wurde von Sakusa Kiyoomi mitgenommen."

Ihre Augen leuchteten vor Erkenntnis und sie fing an zu lachen. Irritiert schaute ich sie an und dann traf es mich plötzlich wie der Blitz, warum sie so lachte und ich schüttelte schnell den Kopf. „Nein, nein, nein, Mama! Das verstehst du ganz falsch! Da ist nichts, ganz bestimmt nicht!", sagte ich schnell und sie lachte nur noch lauter. „Ja, ja ist schon klar!", kicherte sie und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln. „Weil es ja sooo abwegig ist, dass sich mein Sohn endlich ernsthaft verliebt haben könnte."

Ich spürte wie ich rot anlief und weiter den Kopf schüttelte. Verliebt? Ich? In Kiyoomi? Niemals! Ich spürte, wie mein Herz bei diesem Gedanken angenehm flatterte und ich seufzte resigniert. Meine Mutter kicherte noch einmal und strich mir sanft über die Wange. „Schon gut, ich werde dich nicht weiter aufziehen. Versprich mir nur eins: sei ehrlich zu dir selber, ja? Steh zu dir und deinen Stärken und dann... dann wirst du sehen, dass der Rest sich von selbst ergeben wird", sagte sie und wandte sich dann ab.

Ich stand noch ein paar Sekunden wie bestellt und nicht abgeholt da und schüttelte dann kurz den Kopf, um die lästigen Gedanken los zu werden. Wo zur Hölle war Kiyoomi?

It's my turn! || Sakusa x AtsumuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt