Kapitel 5

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Ja ja, er hatte gesagt nicht weglaufen, aber technisch gesehen war das Holen von Wasser kein weglaufen. Mein Hals fühlte sich kratzig und rau an, wie ein harter Schal, aber von innen. Also beschloss ich etwas Wasser zu holen.

Den Fehler aufzuspringen machte ich nicht ein zweites Mal. Ich betrachtete die kleinen Kabel die an mir befestigt worden waren und zog eins nach dem anderen vorsichtig ab. Zu meinem Erstaunen störte meine Aktion das Geräusch meines Herzschlages überhaupt nicht. Das Gerät piepte weiterhin in diesem ruhigen Rhythmus. Hatte ich mich geirrt und es gab nicht meinen Herzschlag wieder? Ich legte mir eine Hand auf die Brust. Nein. Der hohe wiederkehrende Ton war mein definitiv Herzschlag. Aber wie funktionierte es ohne Kabel? Dann fiel mir ein, dass meine Freunde und ich angeblich Hexen seien und zog meine Schlüsse.

Ich rappelte mich auf und tapste zum Badezimmer. Ich hatte gehofft einen Becher zum Zähneputzen zu finden, doch rund um das Waschbecken stand nichts außer Seife. Ich beschloss auf dem Gang nach einem Wasserspender zu suchen.

Nach ungefähr 2 Minuten fand ich einen der blauen Kanister. Er stand direkt neben der Bank auf der alle meine Freunde saßen. Sie sahen bedrückt aus. Fast alle starrten auf den Boden. Ich glitt mit meinem Blick zum Ende der Bank und stellte erstaunt fest, dass Tina sich mit jemandem unterhielt den ich nicht kannte. Es war ein Junge. Er hatte hellbraune Haare. Mehr sah ich von ihm nicht, da ihre Blauen meine Sicht versperrten.
Auf einmal reckte er seinen Kopf und schaute über sie hinweg. Seine Augen fingen an zu strahlen, er sah wieder zu ihr und sagte offenbar irgendwas, denn kurz darauf trafen ihre meergrünen Augen die meinen. Sie sprang auf und lief schnellen Schrittes auf mich zu. Da sie am anderen Ende gesessen hatte, kreuzten ihre Füße das Blickfeld aller meiner Freunde. Die folgten ihren Schritten und taten es ihr gleich, als sie realisierten auf wen Tina zu lief.

„Was machst du denn hier draußen?", begrüßte mich Tina mit einem Grinsen. „Ich wollte mir Wasser holen", antwortete ich prompt. Kaum ausgesprochen kam Clara mit einem Becher Wasser in der Hand zu mir. „Danke dir." „Klaro. Das ist das Mindeste."
„Hast du Kopfschmerzen? Geht's dir besser? Können wir irgendwas für dich tun?", fragte Bianca besorgt.

Ich hatte erwartet dass mich alles überfluten würde und ich wieder anfangen würde zu schreien, doch stattdessen hörte ich mich: „Alles gut", sagen. Und wirklich, ich hatte keine Schmerzen. Keine Stimmen die mich erdrückten. Mir ging es zum ersten Mal seit wir in Berlin in diesen Lkw gestiegen sind gut.

Allerdings wurde der Moment ziemlich schnell von einer hallenden Stimme verdrängt. „Bella! Warum bist du draußen?! Ich hab gesagt du sollst im Zimmer bleiben!", seine Stimme dröhnte in meinem Kopf. Mit seinen Worten überkam mich schon wieder diese blöde Welle. Langsam glaubte ich er war der Grund für meine Kopfschmerzen. Immer und überall.

Ist es denn so schwer einfache Anweisungen zu befolgen! Geht es ihr gut? Waren das nicht sieben? Wenn es ihr gut geht hätte ich Daphne nicht holen müssen. Ich hätte mir den Weg echt sparen können! Sie wirkt so glücklich... Warte, hat sie doch Schmerzen? Was wenn sie gleich wieder zusammenbricht?

Dieses Mal waren es nicht irgendwelche Stimmen die durcheinander redeten. Nein. Es war seine Stimme. Ganz klar. Seine grünen Augen durchbohrten mich. Erfüllt mit Sorge und Wut. Ich versuchte diesem Blick auszuweichen wobei mir auffiel, dass etwas hinter ihm eine zierliche Frau lief. Ihre weichen braunen Locken hatte sie zu einem lockeren Dutt gebunden. Ihre dunklen Augen ruhten auf mir.

Sie strahlte Wärme und Frieden aus. „Bella?", ihre Stimme war sanft und durchbrach die Wand um mich. Alle anderen Stimmen verstummten und da war nur diese Ruhe. Meine Füße bewegten sich auf sie zu und irgendwoher wusste ich: „Professor Lux." Ihr hübsches Gesicht bewegte sich kaum merklich erst nach unten um dann direkt wieder in seine gewohnte Position nach oben zu kommen. Sie holte ihre Hand hinterm Rücken hervor und deutete auf das Zimmer in dem noch immer mein Herzschlag piepte. Diesmal nickte ich. Wieder schienen meine Füße ein Eigenleben zu führen, denn ich bewegte mich wie selbstverständlich auf den Raum zu. Ich nahm wieder auf dem Bett platz und sah wie Professor Lux allen sagte sie müssten bitte draußen warten. Sogar Tobias. Ich konnte förmlich spüren wie ungern er schon wieder von meiner Seite wich. Also wirklich. Ich spürte es. Es war als würde er eine stille Botschaft an mich senden die in meinem Geist ankam wie in meinem E-Mail Postfach. Aber kaum geöffnet war sie schon wieder verschwunden. Er starrte mich noch einen Moment durch die Glasscheiben des Krankenzimmers an und wandte schließlich seinen Blick ab, drehte sich um und scheuchte meine Freunde nach draußen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 20, 2022 ⏰

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