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„Ich brauche in diesem Fall wohl kaum fragen, ob du Ersatzreifen dabei hast“, meinte Peter hilflos.

„Vier Stück? Wer hat denn vier Ersatzreifen dabei? Und wenn ich das hätte, könnte ich niemanden mehr mitnehmen“, antwortete Bob frustriert und brach in Tränen aus.

„Du solltest hier nicht weinen, Bob“, mahnte Justus.

„Wie sensibel Erster“, entgegnete Peter ironisch und nahm Bob tröstend in den Arm.

„Wir sind hier in Skid Row. Da sollte man besser keine Schwäche zeigen“, erinnerte Justus und sah sich direkt um, ob sie bereits Aufmerksamkeit erregten.

„Kann ja nicht jeder so ein Eisblock sein“, konterte Peter Justus und wandte sich dann an Bob, „aber Justus hat nicht ganz unrecht, wir setzen uns besser in deinen Käfer und verriegeln die Türen.“

Bob nickte und sie stiegen ein. Justus übernahm es in der Werkstatt anzurufen und Mr Smith ganz eindringlich zu erklären in welch katastrophaler Situation sie gerade steckten. Peter zog aus dem Handschuhfach eine Box mit Tüchern und tupfte sich das Blut von der Nase. Erst jetzt nahm Bob wahr, daß auch Peter und Justus verletzt worden waren. Justus hatte eine erkennbar Rötung auf der rechten Backe die vermutlich morgen blau sein würde und Peter hatte es richtig erwischt. Er hatte nicht nur jetzt schon erkennbar ein Veilchen einkassiert, sondern auch eine dicke Lippe, die vermutlich nach innen geblutet hatte und etwas Nasenbluten. Seine Kleidung und Haare waren schmutzig, weil er sich mit Dylan auf den Boden gewälzt hatte und an seiner Jacke war ein Stück herausgerissen. Vermutlich verdeckte seine Kleidung weitere Hämatome.

„Es tut mir Leid“, entschuldigte sich Bob angesichts der Verletzungen, die Peter davongetragen hatte und warf einen Blick in den Spiegel und sah, daß er eine geschwollene, blutige Verletzung an seinem Jochbein davon getragen hatte.

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, es ist nicht deine Schuld“, versicherte Peter Bob.

„Dylan hat mir gesagt, daß er mein Tagebuch nicht hätte, aber ich hab es nicht geglaubt“, erklärte Bob.

„Nun es war eben Dylan. Dylan ist nicht gerade jemand, der dafür bekannt ist stets die Wahrheit zu sagen. Ich finde deine Zweifel waren berechtigt, zudem warst du emotional aufgewühlt“, warf Justus ein. „Mr Smith ließ sich überreden uns mit dem Abschlepper abzuholen, obwohl er darüber klagt, aktuell zuviel Arbeit zu haben.“

„Was war mit dem Typen, dem du hinterherwolltest?“, erkundigte sich Peter bei Bob.

„Der Werwolf auf dem Motorrad hatte mein Tagebuch. Ich konnte ihm das Geld nicht geben. Ich muss es verloren haben, als ich vor Dylan zu Boden gegangen bin“, fing Bob an zu berichten.

„Ja hast du. Ich habe den Schein gesehen und aufgehoben, als Peter und Dylan sich auf dem Boden herumgerollt haben“, bestätigte Justus und zog aus seiner Hosentasche den Hundertdollarschein hervor und gab ihn Bob zurück.

Bob steckte den Schein wieder in seine Hemdtasche, schlug die Hände vors Gesicht und fluchte: „Das ist ein beschissener Alptraum!“

„Was war mit dem Typen? Ich habe durch die Prügelei nichts sonst mitbekommen“, hakte Justus nach.

„Er war auf einmal am Zaun und hatte mein Tagebuch dabei. Ich bin sofort hin, aber er sagte zu mir, ich hätte alleine kommen sollen. Ich wollte ihm das Geld geben, aber er lachte nur und meinte, daß die Leser schon auf ein weiteres, peinliches Kapitel warten würden“, fasste Bob diese alptraumhafte Begegnung zusammen.

„Das heißt er wird eine weitere Seite veröffentlichen? Oh Mist, stehen da noch mehr Träume drin, die dir so peinlich sind?“, hakte Peter nach ohne Bob dabei richtig anzusehen.

„Ja, aber auch nicht nur Träume. Ich fürchte es ist nur die Spitze des Eisbergs an Peinlichkeit, die er in dem Tagebuch finden kann“, gab Bob verlegen zu.

„Hast die vielleicht etwas wiedererkennen können? Kam dir vielleicht seine Stimme bekannt vor? Oder hatte er irgendetwas an sich was auffällig war?“, begann Justus Fragen zu stellen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen und im besten Fall die Spur zum Täter zu finden.

„Nein, er hat nichts besonderes an sich. Er war durchschnittlIch groß. Seine Kleidung war schwarz und vermutlich von der Stange. Beim Motorrad konnte ich das Kennzeichen nicht sehen, das hat er wohl überdeckt. Er sprach frei von Sprachfehlern und seine Stimme war unauffällig und ein Akzent wäre mit nicht aufgefallen. Kann durchaus sein, daß ich sie schon einmal zuvor gehört habe und sie nicht zuordnen kann, weil sie einfach zu allerweltsmäßig ist. Das einzige Auffällige war diese Werwolfsmaske, aber die war auch nicht wirklich besonders und an Halloween sind solche Masken auch nicht gerade auffällig“, berichtete Bob.

„Dann bleiben uns nur die Initialen H.R.“, schloß Justus ernst.

„Von denen wir nicht einmal wissen, ob sie stimmen“, erinnerte Bob düster.

„Das stimmt leider“, gab Justus zu.

„Wir werden ihn dennoch finden“, versprach Peter Bob und griff nach dessen Hand und drückte sie.

Es klopfte an ihre Scheibe. Einen Moment blieb Peter und Bob fast das Herz stehen, doch dann erkannten sie Mr Smith, der mit dem Abschlepper angekommen war. Erleichtert stiegen die ihn aus.

„Das ging ja richtig schnell“, meinte Justus zufrieden.

„Ja, ich war mit dem Abschlepper eigentlich zu einem anderen Kunden unterwegs und nicht allzuweit entfernt. Ich habe euch jetzt vorgezogen. Ich kann euch ja nicht in so einer Gegend stehen lassen und so wie ihr ausseht, komme ich bereits zu spät“, erklärte Mr Smith und musterte sie besorgt.

„Nein, das ist schon vor dem Anruf passiert. Das ist aber der Grund, warum wir nicht mehr länger hier verweilen wollten“, korregierte Justus.

„Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht“, versicherte Peter, als Mr Smith Blick sehr lange und besorgt am Peters Gesicht hängen blieb.

„Wie du meinst, verschwinden wir von hier. Justus hilf mir bitte den Wagen vorzubereiten, damit wir hier so schnell wie möglich weg und ich zu meinem Kunden komme. Und ihr zwei schnappt euch die Erste- Hilfe-Tasche und macht wenigstens Mal etwas Wunddesinfektionsmittel auf eure offenen Verletzungen“, wies Mr Smith die Jungen an und machte sich an die Arbeit.

Mit dem Kran beförderten sie Bobs Käfer auf den Abschlepper und fuhren so schnell wie es möglich war los. 

„Ihr solltet euch nicht in so einer gefährlichen Gegend aufhalten“, sagte Mr Smith, als sie Skid Row verlassen hatten.

„Das war nicht wirklich freiwillig“, rechtfertigte sich Peter sofort.

„Ja bei euch nehme ich an, es geht um einen Fall. Dennoch - es ist sehr ehrenwert, daß ihr helft, wo immer es möglich ist. Ich bin euch da auch immernoch sehr dankbar, aber ich bitte euch ein wenig besser auf euch selbst aufzupassen.“

„Machen wir“, behauptete Justus.

Mr Smith nickte nicht ganz überzeugt dann wechselte er das Thema: „Ich kann euch auf dem Weg zur Werkstatt am Schrottplatz rauslassen, aber ich werde es nicht so schnell schaffen die Reifen zu wechseln. Ich werde zwei Tage brauchen.“

„Danke“, antwortete Bob schlicht und schaute dann während der restlichen Fahrt aus dem Fenster raus. Ihm war gerade überhaupt nicht nach reden. Peter und Justus dagegen unterhielten sich ein wenig mit Mr Smith.

Der eiskalte Plan Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt