Sie stiegen aus dem Abschlepper, verabschiedeten und bedankten sich nochmal bei Mr Smith und wandten sich dem Schrottplatz zu. Fröhliche Musik und lautes Gelächter flog ihnen entgegen.
Bob seufzte. Eigentlich hatte er sich gefreut auf diese Halloweenparty zu der er und auch seine Eltern eingeladen waren. Doch nun war ihm nicht nach Musik und Tanzen, sein Kostüm war ohnehin noch zuhause und seine Stimmung im Keller. Morgen würde wieder ein peinlicher Eintrag aus seinem Tagebuch veröffentlicht werden.
Von diesen Peinlichkeiten wimmelte es in diesem Tagebuch nur so. Er hatte noch nie mit jemandem über seine Homosexualität geredet, sondern alles in sein Tagebuch geschrieben. Nicht nur seine Schwärmerei für Peter, sondern auch sexuelle Phantasien, Momente die für ihn schwierig waren, in denen er in unpassenden und unangebrachten Momenten eine Erektion bekommen hatte und sogar seine ersten Versuche mehr über seine Sexualität herauszufinden. Und jedes einzelne dieser peinlichen Einträge konnte das Nächste sein, das der Werwolf veröffentlicht und über das morgen dann die ganze Schule lachen würde.
„Ich werde definitiv morgen nicht zur Schule gehen!“, verkündete Bob laut. „Und ich werde jetzt nach Hause gehen und nicht zur Party kommen.“
Peter nickte und stimmte zu: „Mir ist auch jegliche Lust auf Halloween und Party vergangen. Ich gehe nach Hause lege mir Eis aufs Gesicht und morgen früh komme ich dann zu dir und dann gucken wir, wie wir den Werwolf schnappen können.“
Peter würde Bob gerne besser noch helfen, ihn am Liebsten gar nicht alleine lassen, wenn es ihm so schlecht ging. Doch die Tatsache, daß Bob mehr für ihn empfand, hemmte ihn. Er wollte Bob nicht irgendwas Falsches signalisieren. Es musste sich schrecklich anfühlen sich in Jemanden zu verlieben, der einem nah war, der mit einem viel Zeit verbrachte, der einen mochte, der aber unter Garantie niemals diese Gefühle erwidern würde. Das konnte er nachempfinden. Aber wie sollte er so seinem Freund in dieser schweren Zeit beistehen, ohne zu riskieren, daß dieser sich falsche Hoffnung machte?
„Geht mir auch nicht anders. Dann morgen früh zu Schulbeginn bei Bob“, sagte Justus zustimmend und ging dann auf den Partylärm zu, während Peter und Bob in die entgegengesetzte Richtung liefen.
Justus ging es wie seinen Freunden auch er hatte jetzt keine Lust mehr auf Halloween. Er ging einen Bogen um die Gäste herum und schaffte es ins Haus zu kommen ohne daß ihn jemand ansprach.
Die Stimmung, die ihn ergriffen hatte, war nicht gut und er wollte sich davon ablenken. Wie er es in solchen Momenten oft tat, ging er in sein Zimmer und trat ans Regal, um in dem Fach, das er für seine Eltern eingerichtet hatte, das Fotoalbum herauszunehmen, um darin zu blättern. Doch er griff ins Leere. Es waren nur noch die Kerzen mit ihren Namen und Daten drauf und die Figur, die auf ihrer Hochzeitstorte stand dort, aber das Fotoalbum war verschwunden.
Obwohl er genau wusste, wo es sein müsste, auch wenn er nicht so ordentlich wie Bob war, stellte er sein komplettes Zimmer auf den Kopf. Dieses Album war sein Heiligtum, das Einzige, was er immer sofort wieder aufräumte, denn es enthielt die Fotos auf denen er und seine Eltern zusammen waren. Dieses Album war sein wichtigstes Erinnerungsstück an seine verstorbenen Eltern.Eine halbe Ewigkeit durchsuchte er sein komplettes Zimmer, aber weder von seinem geliebten Fotoalbum noch von einem Brief von dem Werwolf fand er eine Spur. Zuletzt ging er runter auf die Party zu Tante Mathilda und bat sie kurz mitzukommen.
„Sag mal, wie siehst du denn überhaupt aus? Warum trägst du dein Kostüm nicht und was ist das für eine Verletzung in deinem Gesicht?“, fragte sie ihn besorgt, während sie neben ihm von der Party ins Haus lief.
„Ich habe etwas abgekriegt, als ich versucht habe eine Schlägerei zu beenden. Es ist aber nicht weiter schlimm. Mir ist aber die Lust auf Feiern vergangen. Ich wollte mir stattdessen das Fotoalbum meiner Eltern ansehen. Weißt du wo es ist?“, antwortete Justus kurz und knapp und wechselte dann das Thema.
„Na in deinem Regal, wo es immer ist. Ich habe es vor zwei Tagen beim Staubwischen noch gesehen“, antwortete Tante Mathilda.
„Nein, eben nicht. Du hattest es also nicht. Onkel Titus vielleicht?“, erkundigte sich Justus und sah sich in seinem Verdacht bestätigt.
„Ach was ganz sicher nicht. Er würde es niemals nehmen ohne dich zu fragen. Außerdem wüsste ich das und er hätte auch gar keine Zeit gehabt“, erwiderte seine Tante genau das, was er selbst auch meinte.
„Dann wurde es gestohlen“, schloss er laut daraus.
„Glaubst du? Aber wer sollte denn ein Fotoalbum stehlen? Das ist doch nur von Bedeutung, wenn man die Personen auf den Bildern kennt“, fragte Tante Mathilda verwirrt.
„Oder wenn man denjenigen, dem es gehört schmerzlich treffen will“, ergänzte Justus.
„Schon, aber wer macht denn sowas?“, fragte Tante Mathilda ungläubig.
„Jemand, der ein Tagebuch stiehlt und die privatesten Einträge im Internet veröffentlicht“, antwortete Justus überzeugt.
Tante Mathilda sah ihn mit in Falten gelegter Stirn an, dann fragte sie: „Habt ihr so einen neuen Fall?“
„Ja, hast du einen Werwolf gesehen?“, wollte Justus zur Bestätigung wissen, dabei war er sich auch ohne Brief ziemlich sicher richtig zu liegen.
„Ja, also jetzt wo du es sagst, da war vorhin tatsächlich ein Werwolf. Ich habe gar keine Ahnung wer das war, unter der Maske erkennt man ja nichts. Er wollte ins Haus auf Toilette gehen, danach habe ich ihn nicht mehr gesehen“, bestätigte Tante Mathilda.
Justus stürmte nach draußen und lief durch die Gäste. Sein Blick durchsuchte hektisch nach einer Werwolfsmaske, doch er fand keine. Also fragte er einzelne Leute, ob sie einen Werwolf gesehen hatten. Justus Befürchtungen bewahrheiteten sich. Er eruierte, daß niemand den Werwolf kannte und er auch nur ganz kurz dagewesen war. Alles passte, seine These: Der Werwolf hatte sie weggelockt. Ihm war wohl klar gewesen, daß sie Bob nicht alleine in Skid Row stehen lassen würden. Er hatte verhindert, daß sie direkt hinterher konnten, indem er bevor er sich zeigte, die Reifen von Bobs Käfer zerstochen hatte, während er sofort zum Schrottplatz fuhr, dort tauchte er unter den Gästen der Halloweenparty unter, gab vor das Badezimmer aufsuchen zu müssen, war stattdessen in sein Zimmer gegangen, hatte das Fotoalbum mitgenommen und war verschwunden. Hinter all dem steckte ein strategisches Handeln nach einem Plan, war sich Justus sicher.
Sie konnten nicht bis morgen früh warten und abwarten, ob und was bis dahin passierte. Er musste seine Freunde anrufen und sie für sofort zum Schrottplatz bestellen.
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Der eiskalte Plan
FanfictionDie drei Fragezeichen bekommen es mit einem alten Bekannten zu tun. Eine Geschichte zum Miträtseln