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Lautlos wie ein Schatten, drückte sich Skinny durch selbige und näherte sich seinem Wagen, den er unweit des Gladys Park abgestellt hatte. Er hatte es geschafft dem polizeilichen Zugriff zu entkommen, hatte aber auch einiges abgekriegt bei der heftigen Auseinandersetzung, die dem kleinen Überfall gefolgt war, den er zusammen mit Dylan und ein paar Kumpels begangen hatte.

Skinny schlich von hinten an sein Auto ran, bei dem er das Innenraumlicht ausgeschaltet hatte, um nicht auf sich aufmerksam zu machen, beim Einsteigen. Das war von Vorteil, wenn man in Gegenden, wie Skid Row unterwegs war.

Skinny verriegelte sein Auto von innen und schaute im Dunklen  in den Innenspiegel. Er konnte trotz des Mangels an Licht sehen, daß er er einen Cut an der Wange hatte. Das hätte mächtig schief gehen können, eine Messerverletzung in dem Bereich war gefährlich. Er musste vorsichtiger werden, wenn er noch ein Weilchen überleben wollte und zwar in Freiheit, doch langsam wurde es eng. Skinny drückte sich ein Taschentuch auf den Schnitt, ins Krankenhaus konnte er damit nicht gehen und wartete darauf, daß der Cut aufhörte zu bluten.

Mißtrauisch beobachtete er die Straße, als ein Wagen angefahren kam, er duckte sich tief in den Wagen und erkannte den roten MG, der an ihm vorbei fuhr und hinter einem schwarzen Transporter am Eingang des Gladys Park parkte. 

Im ersten Moment wollte er fluchen, dachte kurz die drei Detektive wären ihm auf der Spur, doch dann erinnerte Skinny sich an den Morgen. Die drei Schnüffler beschäftigten sich mit dem Zurückholen von Bobs Tagebuch und sie hatten erwähnt, daß die Spur nach Skid Row führte.

Skinny senkte sein Taschentuch, noch immer blutete der Schnitt ein wenig. Erneut drückte er das Taschentuch auf seinen Kratzer und behielt den MG  im Auge. Peter Shaw blieb genau wie er selbst in seinem Auto sitzen und versuchte wohl nicht aufzufallen. Nach einigen Minuten, als seine Verletzung fast aufgehört hatte zu bluten, stieg Peter Shaw aus seinem Wagen, ging auf den Gehweg und sah sich um. 

Skinny fragte sich, ob der Schisser sein Auto erkannt hatte. Falls ja ließ er es sich nicht anmerken. Shaw ging an dem schwarzen Transporter vorbei auf dem Weg dem Parkeingang zu. Doch soweit kam er nicht. Urplötzlich sprang aus der Seitentür des Transporters ein Schatten und überwältigte Shaw.

Der Schatten entpuppte sich als ein Mann mit Werwolfsmaske, der Shaw bevor er sich wieder fangen konnte in den Transporter verfrachtet.

Skinny überlegte, wie er jetzt reagieren sollte. Offensichtlich war Shaw alleine hier und als einige Sekunden später der Werwolf alleine heraustrat, die Schiebetür schloß und um den Wagen herumlief, war jeder Zweifel ausgeräumt. Er war gerade Zeuge einer Entführung geworden.

Eigentlich sollte es ihm am Arsch vorbeigehen. Er hatte genug eigenen Ärger gerade am Hals und konnte Shaw zudem noch nicht einmal leiden. Doch hier ging es um eine Entführung und keinen Denkzettel mehr. Genaugenommen ging es vor allem auch um Bob, denn dessen Tagebuch war gestohlen und zum Teil veröffentlicht worden. Und Bob war wohl in Shaw verliebt. Die Tagebucheinträge, die durchs Internet kursierten waren eindeutig. Eigentlich war das Kindergarten. Es  sollte Bob demütigen und offensichtlich erfüllte es den Zweck, dabei war nichts schlimmes dabei gewesen. Andrews war schwul, verknallt, stand auf Schwänze und wichste sich gelegentlich.  Das war doch nichts besonderes, das traf doch auf viele zu, aber dennoch sah er ja selbst, was für eine Reaktion das im Internet schon mit sich gebracht hatte.

Er konnte sich gut vorstellen, wie hart Bob damit getroffen wurde. Die Entführung von Shaw traf Bob sicherlich auch schwer. Die Scheiße war, er mochte Bob. Seit ihrer Zeit bei den Campern, hatte sich ihr Verhältnis komplett verändert. Shaw und Jonas gingen ihm am Arsch vorbei, aber Bob nicht. Und zugegeben nach der Schmuggelaktion mit den flüsternden Puppen, waren die drei ihm gegenüber mehr als fair gewesen.

Die Polizei rufen war jedenfalls nicht drin, denn dann würden ganz sicher heute Nacht noch die Handschellen um seine Handgelenke klicken, aber er konnte hinterherfahren und in einem günstigen Moment Shaw rausholen und nach Rocky Beach fahren. Wahrscheinlich würde er es bereuen, aber Skinny fuhr ohne Licht los und verfolgte mit großem Abstand dem schwarzen Transporter.

Unauffällig bleiben, war für Skinny keine Kunst. Er schaffte es gut dem Transporter durch die Stadt zu folgen und fuhr mit ihm auf den Highway. Zielstrebig fuhr der Transporter weiter und immer weiter in die Rocky Mountains.

Besorgt beobachtete Skinny seine Tankanzeige. Als er langsam fürchten musste nicht mehr zurück nach Hause zu kommen und der schwarze Transporter stets weiterfuhr, gab Skinny gab auf und fuhr auf den letzten Tropfen nach Rocky Beach zurück und steuerte den Schrottplatz an, da er sich nicht sicher war, ob das Benzin noch bis zu Bob reichen würde.

Es war noch sehr früh am Morgen, als Skinny den Schrottplatz betrat, nicht einmal fünf Uhr, normalerweise war das die Zeit, zu der er für gewöhnlich schlafen ging.

Er ging um das Wohnhaus herum, suchte nach dem Zimmer vom Breitformat Holmes und klopfte an dessen Fenster.

Der dicke Schnüffler wachte auf, kam zu Skinny ans Fenster und öffnete es. „Was machst du denn hier? Oh was ist denn mit dir passiert?“, fragte Justus und sah Skinny mit einer  Mischung aus Verwunderung und Besorgnis an.

„Das ist nur ein blutiger Kratzer“, tat Skinny ab, „du solltest dir besser sorgen, um euren Schisser machen.“

„Kratzer? Was ist mit Peter?“, fragte Justus nun besorgt und war nun hellwach.

„Er war heute Nacht um drei in Skid Row, am Gladys Park. Ich habe gesehen wie ein Mann mit einer Werwolfsmaske ihn in einem schwarzen Transporter entführt hat“, antwortete Skinny ohne groß drumherum zu reden.

„Entführt? In Skid Row? Hast du die Polizei gerufen?“, hakte Justus entsetzt nach.

„Nein, Polizei ist nicht, kann ich mir nicht leisten. Aber ich bin hinterhergefahren, bis der Sprit nicht mehr gereicht hat“, gab Skinny zu.

„Moment ich rufe jetzt Bob an und dann gehen wir in die Zentrale und dann erzähl uns bitte alles was du dazu weißt“, bat Justus und sprang direkt zu seinem Handy.

„Von mir aus, wie wäre es mit etwas Tankgeld als Gegenleistung? Bin gerade ziemlich abgebrannt“, versuchte Skinny wenigstens seinen Einsatz wieder herauszuschlagen.

Doch zunächst telefonierte der dicke Detektiv mit Bob, der wohl versprach so schnell wie möglich zur Zentrale zu kommen.

Als Jonas aufgelegt hatte, kam er sofort wieder mit der Sprache zum Tankgeld zurück, als hätte es keine Unterbrechung gegeben: „Gut, wenn du uns hilfst Peter zu befreien, bekommst du eine Belohnung.“

Skinny steckte sich eine Kippe an und setzte sich in den Fensterrahmen. „Nur damit es keine Mißverständnisse gibt, wir reden hier von einer Belohnung mit der ich an der Tankstelle zahlen kann“, stellte Skinny klar.

„Wenn du uns hilfst, tanken wir deinen Sportwagen, sobald Peter frei ist auf unsere Kosten voll, versprach Justus und zog sich Jeans und Pullover über. „Und bis Bob mit dem Fahrrad hier angekommen ist, kümmer ich mich um deine Verletzung.“

„Nicht nötig, das ist nix“, lehnte Skinny ab.

„Das sehe ich anders, das fängt gerade wieder zu bluten an, das gehört versorgt. Wir haben Klammerpflaster, mit etwas Glück bleibt nicht mal eine nennenswerte Narbe“, widersprach Justus und ohne die Antwort abzuwarten, ging er ins Bad, um an den Erste Hilfe Schrank zu gehen.

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