Kapitel 1 - Viola

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Viola

Ich liebte es. Liebte es jede Nacht, in die vor Leidenschaft verzerrten Gesichter zu blicken und zu wissen, dass allein ich ihnen Raum für diese geben konnte. Versteckt, hinter aufwendigen Masken, wusste niemand, wer du warst wenn die Sonne wieder aufging und genau das war es, was sie alle ersehnten. Anonymität und Sicherheit, um ihre Phantasien offen ausleben zu können. Mein Blick wanderte durch den Hauptraum meines Clubs und überall sah ich Menschen, die sich langsam dem öffneten, was sie wirklich begehrten. Die Musik war getränkt von einem dunklen Beat, der das Verlangen nur noch mehr anheizen sollte. Körper bewegten sich schwitzend dazu, stellten zur Schau was sie hatten, lediglich in Dessous und Unterwäsche gekleidet.

Es gab hier nur 4 einfache Regeln - trage die Maske, ziehe dich aus und zeige was du hast, behalte es für dich. Konntest du diese Dinge einhalten, war dir eine Erfahrung sicher, die du niemals im Leben vergessen würdest. Was hier geschah, blieb für alle Ewigkeit in diesen Mauern verborgen, drang nicht an die Oberfläche und wurde beendet, sobald die ersten Sonnenstrahlen den Himmel erweckten.

Ein letztes Mal wanderten meine wachen Augen über die bereits anwesenden Personen, bevor ich mich dem Spiegel an der Wand gegenüber widmete. Meine Maske saß bereits perfekt und schmiegte sich, wie ein Teil meines Körpers, an meine Haut. Ebenso meine schwarze Spitzenunterwäsche. Langsam glitten meine Hände über den dünnen Stoff, der genauso viel verbarg, um sämtliche Phantasien, die man sich nur ausgemalt hatte, wahrwerden zu lassen und sich nach mir zu verzehren. Die einen jemals eingefallen waren, aufkamen und versuchten sich auszuleben. Und doch würden nur die wenigsten in den Genuss kommen, diesen einen Körper zu berühren. Denn ganz allein ich wählte aus, wer mir näher kommen durfte. Dieser Club war mein Leben, meine Aufgabe und auch mein ganz persönliches Auswahlbecken. Jede Nacht kamen Menschen, die auf meinem Grund und Boden sich endlich ihrem Verlangen stellen wollten. Mir allein oblag die Gewissheit, welche Menschen sich tatsächlich in meinem Club befanden und entschied, wem die Ehre zuteilwurde, eine Nacht hier zu verbringen. Und doch fiel es auch mir schwer, jeden einzelnen unter ihren Masken zu erkennen. Die Auswahlkriterien waren keinesfalls leichtfertig gewählt, doch hier durften sich nur die interessantesten Menschen aufhalten. Wir waren kein Club, zu welchem jede x-beliebige Person Zutritt hatte. Wir waren exklusiv, verrucht und von jedem begehrt. Etwas, dass lange genug hatte so aufgebaut zu werden. Ein letztes Mal begutachtete ich mich in meinem alten Spiegel, meinem besten Freund wenn man so will, bevor ich mich auf dem Absatz drehte und hüftschwingend aus meinem Büro trat. Hier oben waren die Privaträume, die man über den kleinen Anhänger an seinem Armband, welches jeder erhielt, der aufgenommen wurde, buchen konnte. Es war eine Art Chip, nur viel unauffälliger. Er war an einem kleinen Lederarmband befestigt, das nicht abgelegt werden durfte, solange man mein Gast war. Sie ermöglichten uns immer genau zu wissen, wo sich einer unserer Besucher aufhielt. Es war schier unmöglich einfach zu verschwinden, solange das Band getragen wurde. Unsere Mitglieder wussten um diesen Umstand und nur wenn sie ihm zustimmten, wurde ihnen Einlass gewährt.

Eine kleine Wendeltreppe brachte mich schnell an mein Ziel und ich stand in Mitten der anwesenden Menge. Unaufhörlich hämmerte der Beat, stachelte die Menschen an, ihre Körper zu bewegen, brachte sie näher und näher, bis sie ihre Finger nicht mehr bei sich behalten konnten, dem Verlangen nachgaben und ihr wahres Ich zeigten. Meine Schritte waren langsam, aber zielgerichtet, hatte ich mein Opfer der Nacht bereits aus meinem Büro heraus erspäht. Er war groß, hatte einen mehr als definierten Körper, große Hände, die einfach wissen mussten, wie sie mit einer Frau umzugehen hatten. Seine Maske war schlicht , unauffällig, und doch erfüllte sie ihren Nutzen und verbarg sein wahres Ich. Doch dieses war mir in diesem Moment mehr als egal. Ich spürte wie allein sein Anblick meinen Unterleib sich zusammenziehen ließ, während ich immer noch auf ihn zu schlich. Seine Augen erschienen dunkel wie die Nacht, wach und aufmerksam. Er bewegte sich perfekt zur Musik, sodass jeder Muskel erschien, mich förmlich zu ihm zog und allein für mich zu tanzen schien. Dass seine Hände auf einem anderen weiblichen Körper lagen störte mich nicht im Geringsten, würde sie im nächsten Moment auf jeden Fall in Vergessenheit geraten. Ich bekam was ich wollte, immer, und ich hatte mir schon lange abgewöhnt danach zu fragen. Ich nahm es mir und die Menschen, die hier Mitglied wurden, kamen allein wegen mir.. Wenn man es so nennen mochte. Doch niemals ließ ich mich auswählen. Ich war diejenige die wählte und es sollte für jeden, egal ob männlich oder weiblich, eine verdammte Ehre sein meinen Körper berühren zu dürfen.

Königin der Nacht - Leseprobe!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt