6. Kapitel

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Die kühle Meeresbriese wehte mir durch die Haare, als Venti und ich wieder an Deck kamen. Beidou kündigte gerade an, dass wir einige Stunden brauchen und zusätzlich erst bei Nacht an Land gehen würden, um unauffälliger zu sein. Anschließend blieben die meisten beisammen um sich die Zeit zu verschönern. Nur Beidou, Zhongli, Alatus und Kazuha waren nicht bei der Gruppe. Der Capitän und der ehemalige Archon standen hinter dem Steuer und unterhielten sich, der Yaksha hatte sich irgendwo auf dem Mast niedergelassen um Ausschau zu halten und der Weißhaarige saß etwas abseits auf einer Holzkiste und schaute gedankenverloren aufs Wasser.

Die Hauptbeschäftigung der übrigen Gruppe war, dass Heizou durch seine Beobachtungsgabe herausfand, was die anderen an diesem Tag getan oder Gegessen hatten. Lag er richtig, bekam er von der Person einen Kuss. Ich sah ihnen nur von der Ferne zu, das war für mich schon unterhaltsam genug. Der Detektiv war wohl von Natur aus immer am Flirten. Bei allem was ich bisher von ihm gehört hatte, war ich mir nicht sicher, ob es normal oder zweideutig gemeint war. Venti - der neben mir stand - meinte plötzlich: „Sieht nach Spaß aus, ich geh auch mal ein paar Küsse verteilen." „Was?", ich blickte ihn etwas irritiert an. „Ne Viererbeziehung ist doch auch nicht schlecht", scherzte er lachend und streckte mir die Zunge raus, eher er zu den anderen lief. Etwas aufgeschmissen sah ich ihm hinterher und wirkte vermutlich wie bestellt und nicht abgeholt.

Als ich mich wieder gesammelt hatte, beschloss ich zu Kazuha zu gehen und ihm etwas Gesellschaft zu leisten. Ich setzte mich einfach neben ihn und beobachtete ebenfalls die Wellen der See.

„Hörst du sie auch?" Etwas überrascht von der plötzlich durchbrochenen Stille antwortete ich Kazuha: „Was meinst du?" „Die Geschichten die der Wind und das Meer zu erzählen haben. Geschichten darüber, wie sie die Felsen geschliffen haben, Heimaten für die Lebewesen erschufen, wie sie brutaler und dann wieder sanfter wurden und über die Menschen, die sich ihnen verbunden fühlen. Wenn ich die Augen schließe, kann ich sie noch deutlicher hören", erzählte er lächelnd und wandte seinen Blick dabei nicht vom Wasser ab. „Ehrlich gesagt... nein" Auf meine Antwort hin lachte der junge Mann kurz und entgegnete: „Das hat er auch immer gesagt." Kurz war ich verwundert und fragte dann, ob er damit seinen verstorbenen Freund meine. Kazuha nickte: „Du erinnerst mich in gewisser Weise an ihn, er war auch bereit für das zu Kämpfen, was ihm viel bedeutet." Ich wusste nicht wirklich was ich darauf entgegnen sollte und blieb daher still. Lange währte die ruhe jedoch nicht, da der Weißhaarige wieder zu sprechen begann: „Er ist bestimmt glücklich darüber, dass sein Göttliches Auge nun dir gehört. Er würde dich sicher mögen. Nach so langer Zeit, kann ich mich immer noch genau an ihn erinnern, als würde er direkt vor mir stehen. Ich weiß noch, wie seine Stimme klingt, wie seine Haut sich anfühlt und wie sein Körper aussieht. Das muss verrückt klingen... aber ich denke das war ich auch... verrückt vor Liebe", er schmunzelte etwas, „Es hat gedauert bis ich seinen Verlust akzeptiert habe, doch Heizou hat mir dabei sehr geholfen. Anfangs dachte ich, ich könne nie wieder jemanden lieben, aus Angst, es würde noch einmal das gleiche passieren, doch tatsächlich war es möglich. Die tiefe Wunde in meinem Herzen ist langsam verheilt, doch eine Narbe blieb immer zurück... Aber dank dessen, dass ich endlich denjenigen gefunden habe, dem nun das Göttliche Auge gehört, konnte diese Narbe endlich verblassen. Ich werde ihn nie vergessen, aber es wird Zeit, endlich loszulassen. Ich werde ihn immer lieben, genauso wie ich Heizou liebe. Das muss seltsam klingen, zwei Personen zu lieben. Aber ich bin der Meinung, das tut jeder. Es ist selten im Leben so, dass man nur eine einzige Person liebt. Immerhin hat man so viele Jahre auf diesem Planeten. Beziehungen beginnen und enden womöglich irgendwann wieder. Man findet jemanden neues, oder bleibt für immer mit der jetzigen oder zukünftigen Liebe beisammen. Alle mögen verschieden sein, doch in einem ähneln sie sich, sie werden alle von dir geliebt. Manchmal geschieht es eben, dass jemand mehrere Menschen zum gleichen Zeitpunkt liebt und auch das ist vollkommen okay. Man sollte jemanden nicht festhalten und wie ein wildes Tier an sich ketten, man muss Freiheit lassen. Denn das soll Liebe in meinen Augen sein, Freiheit, die Freiheit jeden denn man möchte zu lieben. Darum lasse ich auch Heizou seine Freiheit, denn er braucht sie. Ich vertraue darauf, dass er immer wieder zu mir zurück kommt... Nun gut, ich habe genug geredet, du langweilst dich bestimmt schon." „Du irrst dich... das klingt nicht seltsam, denn ich weiß selbst wie es ist, wenn man sein Herz an mehrere Personen verloren hat. Ich kann dich verstehen... auch ich habe Menschen verloren die ich Liebe...", entgegnete ich ruhig. Ich musste dabei an die Zeit in der Psychiatrie denken, als ich Realität von Illusion nicht unterscheiden konnte und sowohl Kazuha, als auch Venti hab sterben sehen. „Weißt du Xiao... du siehst mich an wie einen Toten, den du endlich wieder siehst... Ich bin in deiner Welt verstorben, habe ich recht?" „Ist es so offensichtlich?", in meiner Stimme lag eine Spur Trauer. Ich wusste, dass er eigentlich nicht wirklich tot war, doch für mich fühlte es sich so an, immerhin konnte ich ihn im echten Leben nicht einfach wiedersehen wie Venti. Hatte keine Erinnerungen an ihn, nur die, die ich mir eingebildet hatte. „Dann muss es schwer für dich sein mich zu sehen", sprach Kazuha einfühlsam. „Ist schon in Ordnung, ich komme damit klar", meinte ich und blickte hinauf in die Wolken. „Worte sollen nur tiefe Wunden verdecken" Auf diese Aussage hin, erwiederte ich nichts mehr. Ich blieb einfach still und versank in Gedanken über die Worte des jungen Mannes.

Die folgenden Stunden zogen so schnell wie die Meeresbriese an uns vorbei und so schneller sie vergingen, desto stärker schien der Wind zu werden. Mittlerweile war es stiller auf dem Schiff geworden und eben diese Stille wurde von der lauten Stimme von Beidou durchbrochen: „EIN STURM ZIEH AUF! MACHT EUCH BEREIT! DAS WIRD UNGEMÜTLICH!" Ich drehte meinen Kopf zu ihr und konnte Alatus sehen, der neben ihr und Zhongli stand. Er hatte die dunklen, unheilverkündenden Wolken von dort oben aus wohl bemerkt und dem Kapitän bescheid gegeben. Nun wurde alles Hektisch. Wir folgten den Anweisungen von Beidou, die uns auf den bevorstehenden Sturm vorbereiteten. „Diese Wolken sind nicht natürlich", rief Zhonglie auf einmal und bekam damit die gesamte Aufmerksamkeit. Sofort wollte Xinyan wissen, was er damit meine und er erklärte: „Sie sind pech schwarz und ich kann lilane Blitze erkennen. Das ist das Werk unseres Feindes. Dieser Herscher hat diesen Sturm wohl erschaffen, um Schiffe davon abzuhalten, das Land zu erreichen. Wir müssen auf der Hut sein, wer weiß, ob wir diesen Sturm überleben."

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Die Spannung steigt c.c ob alle lebend an Land kommen werden...?

Lost in the other world// Genshin impact FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt