Kapitel 4

69 3 0
                                    

Als wir Zuhause ankamen, mussten wir als erstes feststellen, das Nick das letzte(und vorletzte und vorvorletzte) Stück Kuchen gemampft hatte. Ein wenig beeleidigt setzten Leslie und ich uns, immernoch unter Schock, hin. Während Nick und Caroline klatschspiele spielten(Caroline- okay. Aber war Nick dafür nicht ein bisschen alt?) unter hielten Mum und Grace sich über einen gewissen Falk de Villiers- einen Onkel von mir, den ich bedauerlicherweise noch nie getroffen hatte. Oder weniger bedauerlich, weil er Gideons Adoptivvater war. Ich war mit Gideon verwandt. Naja, zumindest entfernt, um 10 Ecken und Kanten. Grace hatte sich offenbar mit ihm getroffen und kam nun garnicht mehr raus aus dem Schwärmen. „Und er ist auch alleinerziehender Vater, er kümmert sich um seine unehelichen Kinder Simon und Juliette. Und um einen entfernten Verwanten- Gideon oder so- der nicht mit seiner Familie nach Frankreich ziehen wollte." Ich hörte kaum zu, doch als Gideons Name genannt wurde, wurde ich hellhörig und wiederholte im Kopf das was ich unterbewusst gespeichert hatte. Juliette und Simon...Jule und Simon. Das waren also die Kinder gewesen, mit denen er gespielt hat. Seine Adoptivgeschwister. Onkel Falks Kinder. Dieser Gedanken ließ mich hochfahren. Onkel Falks Kinder? Dann währen das ja... „Meine Cousins? Ich habe Cousins?" Grace und Lucy wechselten einen Blick. Ich wusste nur, das mein Vater und sein Bruder sich wegen etwas gestritten hatten. Deswegen hatten wir Onkel Falk nie besucht. Wir ginge immer nur alle 2 Jahre zu Weihnachten zu Opa Harry, in den anderen Jahren ging Onkel Falk mit Gideon. Aber das Gideon Adoptivgeschwister hatte - ich Cousins hatte - war mir neu. „Ja Gwendolyn, du hast Cousins. Sie sind beide 7 - so wie Caroline - aber klein gewachsen."
Das kam ziemlich überraschend, doch ganz instinktiv sagte ich mit tonloser Stimme: „Ich will sie treffen. Jule und Simon. Ich will sie treffen." Von allen Seiten sah man mich geschockt an, doch ich blieb hart. Denn ich wollte es wirklich. „Ich weiß nicht, was damals zwischen Dad und Onkel Falk passiert ist. Es ist mir ehrlich gesagt auch ziemlich egal. Das ist nicht mein Streit, und ich will meine Cousins treffen." Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, stand ich auf und ging mit Leslie im Schlepptau in mein Zimmer.

„Ich fasse es nicht. Mir wurde vorenthalten, das ich Cousins habe!", sagte ich und sah Leslie dabei an. Sie hatte als wir den Raum betreten hatten einen Umzugskarton beiseite geschoben und sich sich auf meinem Schreibtisch niedergelassen. Nun durchwühlte sie meine Schublade, auch wenn mir unbegreiflich ist, was genau sie sucht. „Wundert dich das? Bei deinen Geheimniskrämern von Familie?", entgegnete Leslie ungerührt und wühlte weiter. Seltsamerweise war sie bester Laune. „Gwendolyn. Du bist hier vor 2 Wochen eingezogen. Es wird Zeit, das du die Kartons ausräumst. Man findet hier ja gar nichts." Inzwischen machte Leslie sich über einen meiner unausgeräumten Umzugskartons her und sah mich dabei vorwurfsvoll an. „Ich geb's auf. Also Les, was suchst du?"
Während Leslie den Karton umschüttete und meine nach Farben sortierte Kaugummiklumpensammlung heraus kullerte - kleiner Scherz, meine Mathe-hefte von vor 3 Jahren sich auf dem Boden verteilten, sagte sie: „Einen leeren Ordner." Was? Und dafür der Aufstand? Seufzend ging ich zu ihr rüber, nahm meinen Religionshefter aus der 3. Klasse und leerte den Inhalt im Papierkorb. „Da. Nimm den." Mit einem halbherzig gemurmelten „Also, dass kann man schon fast als Gotteslästerung ansehen." setzte Leslie sich wieder an den Schreibtisch und schob alles was auf der Schreibfläche war beiseite. Sie zog das Beschriftungsdingsdabumsda, das am Rand jedes Hefters war heraus und drehte es um. Diese Seite war im Gegensatz zu dem geschmierten "Gwendolyn Montrose - Religion Mrs. Lulabum" (so hieß die wirklich, aber sie war wirklich nett) leer, und Leslie schrieb darauf fein säuberlich:

Gideon de Villiers - Das Phantom der Saint Lenox

Ich sah ihr über die Schulter und sah sie dann verwirrt an. „Du willst einen Gideon-ordner erstellen?", fragte ich neugirig. Das seltsame daran war, wie gut das zu Leslie passte.
Fast schon ZU gut. Falls das geht...
„Ja. Ich werde jetzt regelmäßig Protokoll führen. Damit behalten wir einen Überblick.", sagte Leslie und nahm wieder den Stift in die Hand. Ich reichte ihr ein Blatt Papier und Leslie begann zu schreiben. Als sie sah, das ich ihr immernoch über die Schulter sah, drehte sie sich um und nahm meine Ausgabe von „Die Tribute von Panem - gefährliche Liebe" aus dem Regal. Eine der wenigen Sachen, die ich schon ausgepackt hatte. „Ich kann mich nicht konzentrieren wenn du so guckst. Das lenkt mich ab.", sagte sie und scheuchte mich auf mein Bett.
Dann begann sie zu schreiben.

Love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt