Erneut schielte ich auf die Uhr über der Tür. Noch 10 Minuten. Genervt nahm ich den feuchten Lappen und wischte abermals über die Theke.
Es war Halloween und die Zeit für Pumpkin Spice Latte. Versteht mich nicht falsch, es schmeckte verdammt gut. Aber wenn man jeden Tag drei Millionen davon zubereitet, und ich übertreibe hierbei nur ganz dezent und minimal, kann man dem nicht mehr viel abgewinnen.
Erneut verfluchte ich meinen Exfreund, der mich vor einigen Wochen vor die Tür gesetzt hatte. Der noch dazu auch noch mein Boss war und mich zeitgleich gekündigt hatte. Ich war seine persönliche Sekretärin gewesen. Ich weiß, Klischee. Doch es wird noch besser: ich wurde durch ein jüngeres, blonderes Modell in halsbrecherischen High Heels ersetzt.
Hinzu kam, dass mein Rauswurf auch noch mit dem Semesterbeginn zusammenfiel, sodass die Wohnungssuche sich mehr als schwierig gestaltete. Mit viel gutem Zureden und glücklichen Zufällen hatte ich schließlich eine kleine Wohnung und einen Job im nicht weit entfernten Cafe ergattern können. Ich wohnte nun nahe des Campus und beneidete täglich jeden einzelnen Studenten.
Ursprünglich war der Job als Assistentin nur vorübergehend angedacht gewesen um genug Geld für ein Studium zu sparen. Mein großer Traum war es immer gewesen Literatur zu studieren. Aber dann kam Steve dazwischen und irgendwie hatte alles gepasst. Ich wurde bequem und drei Jahre vergingen ohne dass ich meinem Traum nachging.
Doch nun war er nahezu in unerreichbare Ferne gerückt. Mit dem Job im Café konnte ich mich gerade so über Wasser halten. Mein Sparkonto hatte zudem unter dem erzwungenen Umzug sehr gelitten.
Ich pustete mir eine Strähne meines dunklen Ponys aus der Stirn und spähte wieder einmal zur Uhr. Natürlich hatte ich nach der Trennung meine honigblonden Haare in eine schokoladenbraune Mähne verwandelt.
Endlich - Feierabend. Ich verabschiedete mich kurz von der Susan, der Filialleiterin und warf mir schnell meinen Mantel über. Meine Füße brachten mich noch um vom vielen Stehen. Dank des heutigen Halloweenspecials - kaufe 3, zahle 2 - war besonders viel Andrang gewesen.
Draußen war es finster und zu allem Überfluss regnete es auch noch. In Anbetracht des Sturmes verzichtete ich auf den Schirm und zog mir stattdessen die Kapuze tiefer in die Stirn. Ohne viel Erfolg. Der Sturm peitschte mir den Regen ins Gesicht und schon nach kurzer Zeit war ich bis auf die Unterwäsche durchnässt. Jeder Schritt gab ein schmatzendes Geräusch ab da mir das Wasser bereits in den Schuhen stand.
Dennoch ließ ich es mir nicht nehmen an dem Einzelhaus vor meinem Wohnblock langsamer zu werden um in die Fenster zu spähen. Zu meinem Einzug wurde getuschelt, dass ein berühmter Schriftsteller sich hier niedergelassen habe, wodurch meine Neugier sofort geweckt war. Und nachdem ich ihn einige Male im Vorbeigehen erspäht hatte, war ein Interesse ganz anderer Natur in mir erwacht.
Er war heiß. Heißer als heiß. Groß mit breiten Schultern, eher Statur "Langläufer" als "Fitnessstudio". Immer mit leichter Sommerbräune, ich fragte mich, wie das zu dieser Jahreszeit überhaupt möglich war. Und stets etwas zu lange braune Haare, als würde er permanent vergessen zum Friseur zu gehen, was ihm ein zerstreutes Aussehen gab. Die runde Brille mit dem dunklen Gestell rundete diesen heißen Professoren- / Schriftsteller - Look ab.
Gerade in der dunklen Jahreszeit hatte ich sowohl auf dem Hin- als auch Rückweg gute Chancen ihn in einem der gut beleuchteten Fenstern zu entdecken. Ich hatte bereits das Glück ihn oberkörperfrei frisch geduscht zu erwischen. Der Anblick des hinabperlenden Wassers war fast zu viel für mich gewesen und ich war wie vom Blitz getroffen mitten in der Bewegung stehen geblieben. In dem Moment hatte er natürlich seinen Kopf gehoben. Ich bin mir nicht sicher, ob er mich tatsächlich wahrgenommen hatte. Wenn ich ihn sah hieß es doch nicht, dass er mich auch gesehen hatte, oder? Oder?!
DU LIEST GERADE
Pumpkin Spice Latte with my Stalker
Storie breviIch dachte, ich wäre völlig grundlos paranoid und schreckhaft. Ich dachte, so ein loser Austausch zu meinen geheimen Wünschen und Fantasien auf anonymen Dating-Seiten würde niemanden schaden. Ich hatte mich geirrt. Denn er lässt meine Fantasien re...