Kapitel 7

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Wir stürzten in den Raum und ich kniete mich neben den Schauspieler. Er schien nicht bei Bewusstsein, doch er atmete, schwach, aber gleichmäßig. „Was ist denn hier passiert?!" Inspektor Lestrade stand mit drei Polizisten im Türrahmen. „Mr. Robinson sollte wohl das nächste Opfer unseres Täters werden.", erklärte Holmes mit einer gewissen Ruhe, die ich nicht nachvollziehen konnte. „Er lebt, aber er muss sofort in ein Krankenhaus!", stellte ich fest. Lestrade wies zwei Polizisten an, dass zu erledigen, was auch die richtige Entscheidung war, ein Krankenwagen wäre nicht schnell genug gewesen. Während die beiden Logan so vorsichtig wie möglich auf einer improvisierten Trage aus einem Tuch nach draußen trugen, traten Mr. Evans und Miss Parker ein. Beide waren kalkweiß. „Was ist hier passiert?" „Auf Mr. Robinson ist ein Anschlag verübt worden.", informierte Holmes die beiden monoton. Grace riss erschrocken die Augen auf. „Logan ist tot?" „Noch lebt er und wird gerade in ein Krankenhaus gebracht", versuchte ich, sie zu beruhigen. Mr. Evans sah aus, als wolle er etwas sagen, doch Holmes schnitt ihm energisch das Wort ab. „Nein! Kommen Sie gar nicht auf die Idee, mit diesem <Harlekin, Harlekin, da geht dein drittes Opfer hin> anzufangen! Ich kann es nicht mehr hören und Sie beide werden es uns jetzt ein für allemal erklären, was es damit auf sich hat!" Wir sahen ihn alle ziemlich erstaunt an. Selbst ich konnte mir aus der etwas ungehaltenen Reaktion meines Freundes keinen Reim machen. Mr. Evans und Miss Parker wechselten einen langen Blick, bevor sie sich wieder zu uns wandten. „Nun gut" erklärte sich der etwas ältere Mann bereit. „Wir erklären es Ihnen."

Kurz darauf saßen wir, Holmes, Lestrade, der nicht einmal wusste, um was es ging, die beiden Schauspieler und ich, in der Garderobe von Mr. Evans. In der von Mr. Robinson hatten wir selbstverständlich nicht bleiben können. Außerdem hatte die Putzfrau uns rausgeschmissen. „Ich warte auf die Erklärung", drängte Holmes den „Othello"- Darsteller etwas. „Schon gut, schon gut. Am besten, ich fange ganz am Anfang an... Unsere Schauspielgruppe wurde, ein paar Jahre, nachdem Mr. Clark die Leitung des Globe Theaters übernommen hatte, gegründet. Edward und ich gehörten zu den Ersten, die eintraten und dies auch fast zeitgleich. Schon damals besaß Mr. Clark diese Porzellan Puppe, welche scheinbar eine Art Maskottchen war. Edward und ich dachten uns daraufhin einen Mythos über ihn aus, dass er der Beschützer des Theaters sei und Verräter oder Untreue in diesen Mauern holen würde. Als dann noch jemand Kostüm besorgte, das exakt aussah wie die Kleidung der Puppe, hatten wir natürlich einen riesigen Spaß. Der Mythos wurde auch an die nächsten Mitglieder weitergegeben, wie an Logan oder Grace, die es beide erst vor einigen Wochen erfahren hatten. Die Legende des Harlekins blieb bis heute bestehen und ist jetzt wohl zum Leben erwacht. Die Reime, die wir wohl etwas unbewusst gemurmelt haben müssen, sind ebenfalls damals entstanden und waren nur als Scherz gedacht." „Schön und gut", unterbrach Lestrade ihn. „Aber was hat das ganze mit dem Anschlag vorhin zu tun? Den Zusammenhang mit den Morden kann ich ja noch einigermaßen verstehen." „Es hat mit allem eine Menge zu tun, Inspektor.", antwortete Holmes. Dann wandte er sich wieder an Mr. Evans. „Existiert dieses Kostüm noch?" Dieser zuckte nur etwas ratlos mit den Schultern. „Sicher, irgendwo in irgendeiner Kiste müsste es noch zu finden sein." Mein Freund nickte. „Vielen Dank, dass sie sich die Zeit genommen haben, uns die Geschichte zu erzählen. Ich möchte Sie beide bitten, zusammen zu warten, bis der Fall aufgeklärt ist und sich zu unserer weiteren Verfügung bereit zu halten." Die beiden nickten und auf ein Zeichen von Holmes verließen wir zusammen die Umkleide. Draußen kam uns die Putzfrau entgegen, die aller Anschein nach die Garderobe von Mr. Robinson gereinigt hatte. „Dieser Junge hinterlässt immer so ein Chaos...", murmelte sie mürrisch. Holmes sah sie überrascht an. „Wie bitte?" „Na, der Junge. Nach jeder Probe ist seine ganze Kabine voller Blut. Es ist mir doch egal, ob er den „tragischen Tod" seiner Rolle proben muss! Aufräumen muss auch jeder!", pöbelte sie, um dann mit Mopp und Eimer weiterzugehen und uns einfach stehen zu lassen. Das war der Moment, in dem sich Holmes zu mir umdrehte. „Sorgen Sie dafür, dass sich Lestrade, ein paar seiner Beamten, als auch Miss Parker und Mr. Evans in einer halben Stunde auf der Bühne einfinden. Dort werde ich den Täter stellen." 

Sherlock Homes und der singende HarlekinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt