Fynch
,,Wir müssen etwas tun. Diese Rebellen haben es gewagt einfach hier hereinzuspazieren, ohne dass wir es bemerkt haben. Wenn das in die Öffentlichkeit gerät, wie wird das Imperium dastehen?"
Mit schiefgelegtem Kopf lehnte ich mich gegen einen der Säulen, die im Versammlungsraum die runde Mitte bildeten. Der Raum war bis auf die beleuchtete Mitte dunkel, weshalb meine versammelten Geschwister und ich in den Schatten lagen, genauso wie die Assistenten und ganzen Schreiberlinge, die jedes Wort der Versammlung aufschrieben. Eigentlich wollte ich nicht starren, doch es gab zwei gute Gründe es dennoch zu tun. Erstens: Man konnte meinen Blick sowieso nicht sehen. Und zweitens: Meine Wut gewann über den Verstand. Wie sollte ich auch nicht wütend sein? Zuerst hatte mich die Frau, der ich in so vielen Jahren meines Lebens Vertrauen entgegen gebracht hatte, verraten und danach einfach betäubt. Und während dieser Zeit hatten es die Blinde Gesellschaft geschafft sich in die Zentrale einzuschleichen und ein paar Gefangene zu befreien – darunter auch Echo.
Wieder einmal packte mich dieses nagende, festhaltende und unwohle Gefühl. Mit einem kurzen Zucken schüttelte ich den Kopf, als könnte ich damit die schlechten Gedanken loswerden. Die Gefangenen waren mir egal, es war mir auch egal, dass die Gesellschaft unbemerkt in die Zentrale eingedrungen war. Mir war nur Echo wichtig und die Ungewissheit ob es ihr gut ging. Was wenn es im nachhinein noch Probleme mit der Silbervergiftung gab? Die Gesellschaft könnte ihr vielleicht keine sofortige Hilfe geben oder gar nicht wissen was ihr fehlte.
Vor mir regte sich Caitlain. Meine Schwester hatte die Arme vor der Brust verschränkt und eine feste Körperhaltung angenommen. Sie dachte nach. Caitlain hatte diese Talent zu zuhören und gleichzeitig hinter die Abgründe der Worte zu schauen. Die Taube konnte nicht angelogen werden. Sie hatte gleich gewusst das irgendetwas los war, nachdem mich Gardisten bewusstlos im Labor gefunden hatten. Lady Ascillia war einfach gegangen und im Nachhinein die Vermutung verbreiten lassen, dass ich von Anhängern der Blinden Gesellschaft betäubt worden war. Es waren sogar ein paar Waffen und Forschungsunterlagen verschwunden – wen hatte Lady Ascillia wohl damit beauftragt?
Ich hatte nichts darüber gesagt. Weder hatte ich gesagt ob diese Vermutung stimmte, noch was wirklich im Labor passiert war. Das hatte aber auch einen guten Grund. Ich wollte sehen wie lange die Kaiserin ihr Spielchen noch spielen konnte, ohne aus Schuldgefühlen zu zerbrechen. Seit dem Vorfall waren zwei Tage vergangen und in der Zeit hatte ich kein Wort mehr mit ihr gesprochen und war ihr auch gezielt aus dem Weg gegangen. Normalerweise hatte ich sie einmal pro Tag getroffen, entweder auf ihre Bitte oder flüchtig in einem der Gänge. Aber nun wurde ich allein wütend dadurch, dass ich mit der Verräterin im selben Raum war.
,,Wow, dein neuer Arm funktioniert ja gut."
Alistair sprach mich von der Seite an. Er war einer der drei Scalras, der eine andere Hautfarbe besaß. Man erkannte sofort das er Wurzeln aus Prodias besaß mit seiner olivfarbenen Haut und dem leichten Akzent, den er durch seine alte Muttersprache besaß und verzweifelt versuchte abzutrainieren. Seine auffallend blauen Augen waren auf meinen Metallarm gerichtet.
Seit Beginn der Versammlung lenkte ich meinen Verstand ein wenig ab, in dem ich mit einer Münze meine Finger trainierte. Die Münze wurde schnell und flink zwischen meinen Fingern bewegt, eine Trainingsmethode die ich noch aus der Ausbildung kannte. ,,Er funktioniert besser, wenn ich wütend bin", erwiderte ich, ohne den Blick vom beleuchteten Kreis abzuwenden.
,,Wie haben die es überhaupt geschafft hier reinzukommen?", fragte Alistair leise. ,,So etwa muss doch auffallen, wenn fremde Leute in der Zentrale rumlaufen."
Ein Stück von uns entfernt schnaubte Sasha auf. Die beste, weibliche Scalra besaß Ohren wie ein Luchs, weswegen sie Alistair sofort gehört hatte. Man konnte Sasha in ihrem ganzen auftreten mit einer Raubkatze vergleichen. Eleganz, Stolz und Mut spiegelten sich in all ihren Bewegungen wieder und wie eine Löwin beobachtete sie ihre Beute stets bevor sie angriff und achtete dabei auf Schwachstellen und leicht angreifbare Punkte. Dazu war Sasha tödlich, auch für uns andere Scalras und das lag an ihrem Ehrgeiz.
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Daegor - Blut und Schimmer
FantasyBAND 1 DER DAEGOR-REIHE In Echos Welt gibt es viele mit Magie verbundene und erschaffene Lebewesen. Doch einzig das Volk der Daegor, dämonenhafte Geschöpfe mit einer grausamen Seele, werden von der Gesellschaft gehasst und gejagt. Auch in Echo regt...