60. Daniel Ricciardo x Lando Norris (Teil 3)

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Er verspürte das Bedürfnis sich die Augen zu reiben, weil er nicht glauben konnte, was er gerade gesehen hatte. Ein Teil von ihm wollte es nicht glauben, auch wenn er nicht leugnen konnte, dass es geschehen war. Sein Herz zog sich krampfhaft zusammen; er wollte auf der Stelle aussteigen und zu dem Auto seines Teamkollegen rennen und sich versichern, dass mit ihm alles in Ordnung ist – doch das durfte er nicht. Er war gefangen in seinem Auto, bis jemand die rote Flagge schwenkte und sie alle von ihren Teams in die Box zurückgerufen wurden. So schnell, wie es ihm nur möglich war, verließ er seinen Boliden und suchte verzweifelt nach einem Bildschirm, welcher das Auto des Australiers zeigen würde. Er wollte wissen, ob Daniel in der Lage war allein auszusteigen und wollte sehen, was geschieht. In ihm keimte immer mehr Panik auf, als seine Suche erfolglos blieb und die Kameras auf die Fahrer gerichtet waren, die sich nun in ihrer Box aufhielten, bis eine Entscheidung der Fia über den weiteren Verlauf des Rennens folgen würde. Er konnte sich selbst dort sehen und stellte dabei fest, wie hilflos er für die Außenwelt aussah. Als nächstes stürmte er zu dem Kommandostand, an welchem die Mitarbeiter hektisch versuchten, den Australier zu kontaktieren – doch bislang ohne Erfolg. „Daniel, kannst du mich hören?", rief Andreas verzweifelt immer wieder in das Mikrofon und sah ebenso hilflos aus, wie er selbst. „Was ist mit ihm?", fragte er seinen Teamchef und war erschrocken darüber, wie weinerlich er klang, doch war dies im Moment seine kleinste Sorge. Es war in diesem Moment nebensächlich; es störte ihn kein bisschen. „Wir wissen es nicht, Lando. Die Kameras waren nicht auf ihn, sondern auf Lewis und George gerichtet, als es passiert ist. Seitdem wir keine Daten mehr vom Auto empfangen, versuchen wir ihn zu erreichen. Irgendwas muss bei dem Unfall passiert sein, dass die Verbindung zu uns getrennt wurde und wir keine Möglichkeit mehr haben, mit ihm zu kommunizieren.", erklärte der Deutsche die Situation und bemühte sich ruhig zu bleiben. Es würde nichts bringen, wenn sie alle in Panik verfielen, doch schaffte er es nicht seine Fassung zu bewahren. Er hatte beinahe hautnah miterlebt, wie die Liebe seines Lebens einen Unfall hatte und man hatte seitdem nichts mehr von ihm gehört. „Scheiße, Andreas. Versucht es weiter. Gebt bitte nicht auf.", fluchte er und brach im nächsten Moment in Tränen aus. „Hey, Lando. Wir werden es nicht aufgeben, in Ordnung? Wir machen so lange weiter, bis wir Informationen erhalten, was mit ihm ist und du erfährst es als erster.", versuchte der Teamchef ihn weiter zu beruhigen, doch verfehlten diese Worte ihre Wirkung. Ihm war bewusst, dass nun alle Kameras auf sie gerichtet waren, und flüchtete in das Fahrerzimmer von Daniel, in welchem er sich vor den Augen der Welt schützen wollte.

Direkt, nachdem er die Tür geöffnet hatte, empfing ihn der vertraute Geruch des Australiers und sorgte dafür, dass alle Dämme brachen. Mitten im Raum verließ ihn die Kraft in seinem Körper und er sank in sich zusammen. Er fing an am gesamten Körper zu zittern, doch war ihm nicht kalt. Es herrschten sommerliche Temperaturen, dennoch hörte er nicht auf. Aus seinen Augen flossen Tränen und er rollte sich in einer Embryo-Haltung zusammen. Mit seinen Armen umklammerte er seine Beine und zog diese fest an seine Brust. Er wünschte sich, dass Daniel jeden Moment in das Zimmer kommen und ihn in den Arm nehmen würde, so wie er es immer getan hatte, doch würde das nicht passieren – und dieses Wissen machte ihm Angst. Noch nie in seinem Leben hatte er eine solche Angst verspürt, wie in diesem Moment. Angst davor, dass er nie wieder mit dem aufgeweckten Australier reden konnte. Angst davor, dass sein Teamkollege bei diesem Unfall sterben würde und sie nie die Chance hatten sich auszusprechen. Angst davor, den Menschen zu verlieren, der ihm am meisten bedeutete. Angst davor, dass er von nun an ohne den Mann durchs Leben gehen würde, der sein Leben um so vieles bereichert hatte. Daniel hatte ihm so viel gelehrt, sie hatten so viele schöne Momente zusammen erlebt. Sollte das etwa ihr Ende sein? Die Tränen wurden immer mehr und er wusste, dass kein Ende in Sicht war. Er dachte an all die schönen Momente, die er mit dem Australier erlebt hatte. Ihr erstes Gespräch miteinander, die ersten Späße, der erste Körperkontakt, die erste Pressekonferenz zusammen. Ihr erster Kuss, ihr erstes „Ich liebe dich" und ihr erstes Mal, welches er mit dem Australier geteilt hatte. Daniel war viel erfahrener als er gewesen, dennoch hatte es ihn nicht abgeschreckt. Nie würde er die Zärtlichkeit vergessen, mit der er von seinem älteren Teamkollegen entjungfert worden war. Der Sex zwischen ihnen war jedes Mal wieder herausragend gewesen und er war froh, dem Australier eine Chance gegeben zu haben. Zunächst hatte ihn der große Altersunterschied abgeschreckt, doch Daniel hatte ihn nicht aufgegeben. Er wollte all diese gemeinsamen Erinnerungen nicht missen, auch wenn sie nicht mehr miteinander liiert waren.

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