Leonidas würde mit Quincy reden. Er würde eine letzte, offene Unterhaltung mit seinem Zimmergenossen führen, bevor ihre Zeit an der Akademie enden und sich ihre Wegen endgültig und unausweichlich trennen würden. Ein letztes Gespräch, bevor Leonidas seinen Aufstieg im Militär antreten und Quincy als Fußsoldat auf irgendeinem Planeten in irgendeinem Gefecht sein Ende finden würde. Denn genau so würde ihr Leben nach der Akademie aussehen, eine andere Möglichkeit gab es nicht.
Dennoch wollte Leonidas mit Quincy sprechen, bevor es soweit war. Er hatte zwar keine Ahnung, wofür ein solches, letztes Gespräch gut sein sollte oder worüber er überhaupt reden wollte, aber er spürte, dass es nötig war. Quincy und er hatten die letzten vier Jahre ihres Lebens zusammen verbracht. Sie hatten sich ein Zimmer geteilt, zusammen trainiert und zusammen gelernt. Seit dem Gespräch mit Pryde fühlte sich Leonidas verwirrt und unsicher.
Ihm war bewusst, das alles, was der General gesagt hatte, der Wahrheit entsprach und das die Gesetzte, nach der die Erste Ordnung lebte, richtig waren. Trotzdem fühlte er sich komisch bei dem Gedanken, dass dieses Gesetz besagte, dass Leute wie Quincy dafür bestimmt waren, unter zu gehen. Natürlich hätte Quincy in der Rangordnung der Schule schon keine Überlebenschance gehabt, wenn Leonidas ihn nicht ständig verteidigt hätte, aber andererseits wäre Leonidas schon lange gar nicht mehr an dieser Schule, wenn Quincy ihm nicht geholfen hätte. Konnte man also wirklich sagen, dass Quincy schwach war? Zählte, sich nicht verteidigen zu können, als Schwäche? Leonidas schüttelte den Kopf. Natürlich zählte es als Schwäche.
Quincy war schwach, das hatte er vom ersten Tag an der Akademie gewusst. Und sich ausgerechnet von ihm helfen zu lassen, war ein Fehler gewesen, denn nun stand er vielleicht in seiner Schuld. Dieser Gedanke war der Grund, warum Leonidas sich entschieden hatte, ein sündhaft teures paar Lederhandschuhe in Quincys Größe zu kaufen. Er würde sie ihm bei ihrem letzten Gespräch schenken und dann betonen, dass damit seine Schuld beglichen war. Nach diesem Gespräch und nachdem Leonidas Quincy diese Handschuhe gegeben hatte, würden sie quitt sein und getrennte Wege gehen könne, ohne zurück zu blicken.
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Das Gespräch mit Pryde war drei Tage her, als Leonidas sich entschied, dass es nun endlich an der Zeit war, dieses finale Gespräch mit Quincy zu führen. Leider war der Weißhaarige zu dem Zeitpunkt, als Leonidas entschied, dieses Gespräch müsse genau jetzt stattfinden, bei Chyler im Zimmer, da die beiden noch mal irgendwelche geschichtlichen Fakten über irgendeine Schlacht durchgehen wollte. Also stiefelte Leonidas den Flur entlang, in Richtung der Fahrstühle.
Die Lederhandschuhe hielt er in seiner Faust. Quincy hatte wirklich winzige Hände, die Handschuhe hätten auch einer Frau passen können. Leonidas versuchte gerade, sich eine Ausrede zu überlegen, warum er Chyler und Quincy beim Lernen störte und wieso er unbedingt mit Quincy reden musste, als direkt neben ihm eine der Zimmertüren aufging und ein anderer Körper von der Seite gegen ihn stieß.
"Pass doch auf!", schnauzte Leonidas den anderen an. Sein Gesicht wurde noch düsterer, als er den roten Haarschopf und die blasse Haut des anderen erkannte. Hux. "Renn hier nicht so dumm rum!" Hux blinzelte kurz irritiert, doch dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen. Leonidas hasste diesen Ausdruck. Er gab es nicht gerne zu, aber er kannte Hux mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass er diesen Blick nur hatte, wenn er jemanden oder etwas analysierte. Leonidas hasste diesen Blick und er hasste es, wenn dieser sich auf ihn richtete.
"Wohin gehst du?", wollte Hux mit ruhiger Stimme wissen. Diese drei Wörter reichten, um Leonidas Laune in den Keller zu ziehen. Vermutlich wäre es sogar egal gewesen, was für drei Wörter Hux gesagt hätte, alleine der klang seiner Stimme machte Leonidas verrückt. "Was kümmert es dich?", schnaubte er und Hux Augen verengten sich weiter. Diese bedachte Kälte im Blick und diese unumstößliche Ruhe in der Stimme, das alles hatte Leonidas noch nie gemocht.
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Academy of Arkanis
FanfictionDas Imperium ist gestürzt, der Krieg scheint vorbei zu sein. Doch aus den Trümmern der alten Herrschaft erhebt sich eine neue Ordnung aus dem Schatten. In der berüchtigten Akademie von Arkanis stellen sich vier Teenager den schwierigen Hindernissen...