Jana in Russland

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Das Ganze passierte in den Sommerferien vor drei Jahren. Damals war ich 14. Da ich Halbrussin bin (meine Mutter ist Russin) haben wir auch einige Verwandte in Russland. Nun, dann war eben dieser Sommer. Meine Mutter fuhr mit mir nach Moskau und wir besuchten dort meine Oma. Es war einerseits sehr aufregend, weil ich sie das erste Mal kennengelernt habe, andererseits auch sehr ernüchternd, weil ich kein Russisch kann und meine Mutter für mich übersetzen musste. Jedenfalls erfuhr ich dort auch, dass ich eine Tante habe, von der ich bisher nichts wusste. Ich war natürlich neugierig. Ich erfuhr, dass sie Anfang 30 war und in einem kleinen Dorf wohnt, in der Nähe von Kasan. Meine Mutter blieb noch bei meiner Oma. Wir sollten dort für 4 Wochen bleiben, doch ich wollte unbedingt meine Tante kennenlernen. Also habe ich so lange auf meine Mutter eingeredet, bis ich mit dem Zug allein zu meiner Tante fahren durfte. Ich bekam ihre Nummer und machte mich auf den Weg. Es erwartete mich eine zehnstündige Zugfahrt, die nicht sehr angenehm war, da die Züge weder bequem noch schnell noch sauber waren. Toiletten dort zu benutzen, schien für mich unmöglich, aber konnte ich das durchhalten?

Also nochmal ganz in Ruhe Pipi machen vor der Abfahrt und dann rein in den Zug, wenig trinken und durchhalten. Das war mein Plan. Meine Tante würde mich am Bahnhof erwarten, hieß es. Der Zugbegleiter wusste Bescheid, damit er mir sagte, wann ich dort bin. Die Zeit verging total langsam. Ich konnte auch nicht die ganze Zeit am Handy spielen, denn ich brauchte ja in zehn Stunden auch noch Akku. Also ich versuchte ich, zu schlafen, und ignorierte dabei, dass ich schon ein wenig Pipi musste. Vom Rest der Fahrt bekam ich nichts mehr mit. Ich weiß erst wieder, dass ich unsanft geweckt wurde, als der Zug schon sehr langsam fuhr. Ich vermutete, dass das wohl mein Bahnhof war. Der Blick auf die Uhr bestätigte das. Noch sehr verschlafen wollte ich gerade alles zusammenpacken, als der Zugbegleiter anfing, mich auf Russisch anzuschreien und auf meine Hose zu deuten. Ich zuckte zusammen. „Ach, du Scheiße", dachte ich. Da der Druck auf der Blase auch weg war und ich so langsam anfing, die Nässe zu spüren, wusste ich, was passiert war und wurde rot.

Immer noch schrie der Zugbegleiter, aber ich ignorierte ihn. Ich verstand ihn ohnehin nicht. Ich dachte nur noch an eines: „Schnell umziehen!" Doch dafür war es zu spät. Ich sah schon die Schilder des Bahnhofes und der Zug hielt an. Das Gesicht gesenkt wartete ich, bis ich endlich aussteigen konnte. Auch das kleine Mädchen vor mir blickte mich nur komisch an. Schließlich stand ich da, mit vollgepinkelter Hose, mit 14 Jahren. Ich wollte am liebsten im Erdboden versinken, so peinlich war mir das. Ein WC, wo ich mich hätte umziehen können, gab es hier natürlich auch keines. Ich suchte nach meiner Tante, die ihr Versprechen nicht gehalten hatte, sondern mir geschrieben hatte: „vom Bahnhof raus, dann links und immer die Hauptstraße entlang, bis Nr. 327.

„Na Prima", dachte ich, „besser konnte es nicht kommen". Hinter mir brüllte immer noch der Zugbegleiter und da waren etwa 20 bis 30 Leute, die mich behindert anglotzten und meine nasse Jeans, die auch noch hellblau war. „Naja, zumindest ursprünglich."

Ich bin also raus aus dem Bahnhof und entlang der Hauptstraße gelaufen. Das waren die längsten und peinlichsten 30 Minuten meines Lebens, bis ich endlich das Haus meiner Tante erreichte. Dann konnte ich mich auch mal umziehen, auch wenn es jetzt, so ganz allein im Zimmer, mir gar nicht mehr so unangenehm war. Doch ich wollte nun auch mal wieder trocken sein. Dann gab es auch schon Abendessen und ich ging nach einem anstrengenden Tag früh schlafen.

Am nächsten Morgen fand ich einen Zettel auf dem Nachttisch. Darauf stand, dass meine Tante arbeiten musste und ich entweder mit Svetlana spielen oder die Stadt erkunden konnte. Daneben lag ein Plan. „Na toll", dachte ich. Meine Laune war gleich mal wieder im Keller und ich hatte auch keine Ahnung, wer Svetlana ist.

Das fand ich beim Frühstücken heraus. Sie war die 8-jährige Tochter meiner Tante, also meine Cousine, die natürlich nur Russisch konnte. Ich entschied mich als für den Stadtspaziergang. Ich hatte mir eine schwarze Hotpants und ein Tanktop angezogen und dazu den Plan mitgenommen. Im erstbesten Park blieb ich dann auch und hörte Musik auf meinem MP3-Player. Geschätzte 3 Stunden später musste ich dann mal aufs Klo und suchte nach einem, einem sauberen. Es war die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Kurzgeschichten: in die Hose oder Windel machenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt