32. Roman - Valentin (Bonus)

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„Bin zuhause.", verkündete ich, kaum, dass ich die Tür zu unserer neuen Wohnung aufgestoßen hatte, auf den Armen mehrere Schachteln vom Griechen balancierend. Doch statt einer Antwort schalte mir lediglich laute Musik entgegen.

Unsere erste zusammen ausgesuchte Wohnung. Allein der Gedanke zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht.

Als ich vor Monaten zu ihm gezogen war, war uns beiden klar, dass seine winzige Wohnung eine reine Übergangslösung darstellte. Seitdem hatten wir unzählige Wohnungen besichtig und nie war das Richtige dabei. Daniel mochte es gerne ruhig und abseits des Trubels, mir war es im Grunde egal. Ich hatte schon ländlich, als auch mitten in der Stadt gewohnt. Beides hatte seine Vor- und Nachteile. Ich war da echt flexibel und nicht wählerisch. Er angeblich auch.

Aber! Ja, es kam immer ein aber! Er wollte viel Platz und wenn es ging einen Garten. Vielleicht sogar eine Katze oder einen Hund, dann wäre ein Park oder ein Wald in der Nähe nicht schlecht. Außerdem sollte das Haus wenig Parteien haben, damit einem die Nachbarn nicht auf die Nerven gingen. Erdgeschoss wäre auch nicht schlecht.

Das alles war überhaupt nicht kompliziert umzusetzen, nein! Und nach dem ich nach der fünfzehnten Besichtigung mich stöhnend aufs Sofa fallen ließ, und innerlich damit abschloss je eine passende Wohnung zu finden, kam mir DIE Idee. Also rief ich kurzerhand unseren Makler an und schilderte ihm meinen Plan, ohne Danny vorher einzuweihen. Aber so wie es jetzt lief, würde sich eher der Makler und ich aufhängen, als das wir was Passendes fanden.

Wenige Tage später präsentierte dieser uns drei Doppelhaushälften, die alle samt mehr oder weniger alle Kriterien erfühlten und tatsächlich, in eines davon verliebte sich mein gar nicht komplizierter Kritiker.

Das war jetzt drei Monate her und nun waren wir bereits mitten im Umzug.

„Danny?", brüllte ich über die Lautstärke und kickte mir die Schuhe von den Füßen. Schwer mit dem Versuch beschäftigt, währenddessen nicht irgendwas zu Fall zu bringen. Klar hätte ich den Weg auch einfach zweimal gehen können. Aber hey, no risk no fun, oder? Außerdem war ich nach meinem langen Arbeitstag echt am Arsch. Die nächsten Tage hatte ich mir zwar frei genommen, aber streichen und Möbelaufbauen war nicht gerade das, was ich als Urlaub bezeichnete. Danny hingegen hatte bereits seit gestern frei und war bereits fleißig am Arbeiten.

„Schaaatz?" Versuchte ich es erneut und machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer, wo ich den verlorenen Prinzen ganz stark vermutete, auch, weil da die laute Musik herkam.

Lediglich in tiefsitzenden Jeans bekleidet, barfuß, die Haare zu einem zerzupften Dutt zusammen gebunden, tauchte er gerade eine Rolle in die weiße Farbe. Streckte sich und fing an Stich für Strich die Wand zu bearbeiten. Zeitgleich den Liedtext zu System of the downs Hypnotize in voller Lautstärke mitsingend.

Grinsend lehnte ich mich an den Türrahmen und genoss das Bild, welches er mir bot. Ein schwitzender, singender, halbnackter Loverboy. Ja, dass gefiel mir durch aus.

I'm just sitting in my car and waiting for my girl ...", grölte er gerade, drehte sich nach der Farbe um und erblickte mich im Türrahmen. „Roman!", stieß er aus und fuhr sich erschrocken an die Brust. „Wieso schleichst du dich so an?", setzte er hinzu, bückte sich nach der Box und stellte die Musik leiser. „Anschleichen? Bei dem Lärm? Gut, dass unsere Nachbarn noch nicht eingezogen sind. Außerdem hab ich dich dreimal gerufen...", seufzte ich und ließ meinen Blick über die Frontansicht gleiten. Sehnsüchtig. Diesen gemeinsamen Urlaub hätte man auf ganz andere Weise verbringen können, statt mit noch mehr Arbeit. „Ich muss dich leider enttäuschen...", murmelte ich, immer noch etwas abgelenkt von dieser ebenfalls durchaus sehenswerten Aussicht.
„Enttäuschen...", wollte er fragend wissen, erhob sich wieder und trat an mich ran, um mich zu küssen. „Klar. Aber auf dieses Mädchen kannst du echt noch lange warten in deinem Auto...", gab ich grinsend zu bedenken und spielte damit auf den Song an, den er gerade mit geträllert hatte.
„Sag das nicht. Mir sind durchaus ein paar Mädels nachgelaufen.", erwiderte er frech und griff nach den obersten Boxen. „Das kann ich mir sehr gut vorstellen.", murmelte ich und ließ erneut meinen Blick über seinen Körper wandern. „Hör auf mich so anzusehen... Sonst fühl mich billig, so offensichtlich als reines Sexobjekt abgestempelt zu werden. Weißt du, ich bin auch schlau, habe sowas wie Charisma und außerdem verhungre ich.", verkündete er streng, grinste dabei aber verschmilzt. „Wer soll das eigentlich alles Essen? Und wo? Unseren Esstisch wollten wir erst morgen zusammen aufbauen.", wollte er anschließend wissen und machte sich daran eine der Boxen aufzumachen, um hinein zu spähen.
„Auf dem Boden?", schlug ich vor und deutete in die Mitte des Raums, nach dem ich ihm eine auf die Pfoten gehauen hatte. „Aua... Aber warum nicht!", bekam ich zur Antwort. „Was gut zum Schlafen ist, ist auch gut genug zum Essen.", verkündete er und meinte damit, das wir heute unsere erste Nacht in dieser Wohnung lediglich auf Matratzen verbringen würden, weil das Bett erst die kommenden Tage geliefert werden würde.
„Wir hätten einfach in der alten Wohnung schlafen können.", murmelte ich bei dem Gedanken, tatsächlich auf dem Boden zu schlafen. Wie alt waren wir? Fünfzehn? Mitte dreißig konnte ein Morgen nach so einer Aktion durch aus böse enden.
„Jetzt sei doch mal ein bisschen romantisch!", schlug er vor und schnappte sich die restlichen Boxen aus meiner Hand. Das erinnerte mich an etwas. „Wenn wir schon beim Thema sind." Öffnete dabei meinen Mantel und holte die rote Rose raus, die ich extra für ihn besorgt hatte. Da ich keine Hand frei hatte, musste ich sie vorhin kurzerhand in die innere Tasche meines Mantels stecken. „Fang!", rief ich ihm zu und warf ihm das Blümchen entgegen. Ohne zu zögern, fing er sie im Flug auf. „Wirklich? Fang?", wollte er wissen und musterte mich schräg. „Mein Mann, der Romantiker.", schüttelte den Kopf, roch an dem Röslein und legte sie auf die Kartons, nur um sich nochmal an die Farbe zu machen. „Holst du Besteck? Ich brauch nur noch die zwei Meter, dann bin ich fertig mit streichen und kann die Pinsel und Rollen einweichen."
„Das ist nicht romantischer...", murmelte ich zurück, machte mich aber brav daran mich aus dem Mantel zu schälen. Nur um anschließend in der Küche in den Kartons nach Besteck zu suchen. Gut, dass wir da beide relativ organisiert waren, und somit alle Kartons detailliert beschriftet. So hatte ich tatsächlich bald alles zusammen, was ich brauchte.

Meinen streichenden Liebsten ignorierend, machte ich mich daran eine Decke auszubreiten. Gesteck, Gläser und Teller zu verteilen, und sogar ein Teelicht hatte ich in einer der Schachteln gefunden. Dieses zündete ich an, holte ein Glas, schnitt der Rose den Stiel ab und stellte sie zu der Kerze in die Mitte. Stemmte die Arme in die Hüfte und überblickte mein Werk. Na, das ließe sich doch sehen.
„Und?", wollte ich ganz stolz wissen, kaum, dass er zu mir getreten war und unser Picknick am Boden musterte. „Wow... Romantik auf höchster Ebene.", machte er meine Bemühungen trocken zunichte. Ließ sich im Schneidersitz auf der Decke nieder und streckte sich Müde. Kein Wunder, er hatte den ganzen Tag sämtliche Wände und Decken gestrichen. So konnten wir morgen mit dem Möbelaufbau anfangen.
„Willst du dir nicht was drüber ziehen?", fragte ich und musterte immer noch seinen nackten Oberkörper. „Nö, wiese?", konterte er und zwinkerte mir anzüglich zu. „Sieh es als mein Valentinsgeschenk."
„Du Romantiker...", stöhnte ich auf und ließ mich kopfschüttelnd ihm Gegenüber nieder. Er war auch nicht grade besser, aber mit mir schimpfen. Das hatte ich gerne!

Hungrig machten wir uns über das Essen her, was mittlerweile zwar nur noch lauwarm war, aber immer noch lecker schmeckte. Und natürlich hatte er recht, es war natürlich viel zu viel. Aber ich hatte mich einfach nicht entscheiden können. Dazu Vorspeise und Dessert. Zumindest mussten wir definitiv nicht verhungern, das war doch auch was.

Nebenbei erzählte er mir von seinem und ich von meinem Tag, als plötzlich aus den Boxen "Flightless Bird, American Mouth" schalten. Danny kurzerhand aufsprang und das Lied lauter drehte. „Komm!", forderte er mich auf und streckte mir die Hand entgegen.

„Was wird das?", wollte ich irritiert wissen und musterte ihn fragend. „Na, komm schon!", bat er erneut und ich legte meine Hand in seine. Was spielte es schon für eine Rolle? Ich würde ihm sowieso und über all hin folgen. Mit einem Ruck zog er mich in die Höhe und ich prallte, kaum, dass ich stand, gegen seine Brust.

„Tanz mit mir!", säuselte er in mein Ohr. Legte seinen Arm auf meinen Rücken und zog mich näher zu sich. Brachte die andere Hand, die immer noch in seiner lang in Stellung und fing tatsächlich an mit mir zu tanzen. Ich wusste nicht recht, ob ich lachen, oder mit dem Kopf schütteln sollte, also tat ich einfachhalber beides gleichzeitig. „Psss!", knurrte er, seine Augen blitzten und er drückte mich fester an sich. „Du zerstörst noch die ganze Romantik.", setzte er hinzu und lächelte mich sehr sexy an. Wenn mir nicht schon die ganze Zeit heiß gewesen wäre, dann spätestens jetzt. Aber ich tat wie mir geheißen. Ließ mich führen und schwebte mit ihm über den Boden. Spürte seinen warmen Körper, seinen starken Halt und seufzte.

Scheiß auf romantisch oder nicht! Was spielte es schon für eine Rolle? Es fühlte sich gut an, ihm so nahe zu sein. Also schloss ich die Augen und genoss diesen perfekten Augenblick, denn mehr als Danny brauchte es dafür nicht.


Mr. Unvollkommen (Mr. 4)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt