Stalker? 💋

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„Ein Trainingslager" fragte ich erstaunt und drehte mich von meinen Hausaufgaben um zu Keishin. „Ja, es sind nur noch ein paar Tage bis zum Trainingsspiel gegen Nekoma und ich möchte die Jungs bestmöglich darauf vorbereiten. Ich würde mir dafür gerne deinen Ordner leihen, den ich neulich angesprochen habe und...." Er hielt nachdenklich inne, bevor er kleinlaut weiter sprach „...eigentlich hätte ich dich auch gerne als eine Art Beraterin dabei." Auf seine Bitte hin entgleisten mir die Gesichtszüge. „Vergiss es, dazu habe ich weder Zeit noch Lust. Den Ordner kannst du dir gern leihen, aber das war's." Schmetterte ich ihn sofort ab. „Aber es wird bestimmt anstrengend diese energiegeladenen Bengel im Griff zu behalten, doch du mit deiner angsteinflößenden Godzilla Aura könntest sie problemlos zügeln, da bin ich mir sicher." Ich griff nach dem Heft, das offen auf meinem Schreibtisch lag, und warf es ihm an den Kopf, „Godzilla? Du bittest mich um einen Gefallen, in dem du mich beleidigst? Das schaffe du schon alleine du Westentaschen-Rambo! Und jetzt raus!" Fauchte ich und warf ein dickes Buch direkt hinterher, traf aber nur die Tür, die er zu seinem Glück schnell genug schließen konnte. „Idiot" murrte ich vor mich hin und begab mich zu dem Regal, in dem sich der besagte Ordner befand. Beim Herausziehen kam mir ein weiterer, pinkfarbener ein Stück entgegen. Ich legte den Ordner mit den Aufzeichnungen auf meinen Schreibtisch und griff nach dem Pinken. Im Schneidersitz ließ ich mich vor dem Regal nieder und schlug den Hefter auf. In dessen Inneren waren lauter Bilder und Zeitungsartikel, die ich sorgfältig herausgetrennt und in Prospekthüllen sortiert hatte. Vorsichtig streichelten meine Finger über die glatte Folie und meine Augen wanderten von einem Foto zum nächsten. Es war der Ordner, in dem ich alles, was mit Kageyama zu tun hatte sammelte, denn ich konnte damals den Jungen mit der sagenhaften Ausstrahlung einfach nicht vergessen. „Ich hab mich benommen wie ein Stalker" lachte ich über meine eigene kindische Besessenheit und warf die Kladde zu der anderen auf den Schreibtisch um mich Bettfertig zu machen.

Als ich am folgenden Tag heim kam, war mein Bruder schon nicht mehr zu Hause. Direkt fiel mein Blick auf den Ordner, den ich ihm extra auf den Tisch gelegt hatte. Laut seufzend packte ich das Ding in eine Tasche und zog meine Schuhe wieder an. „Jetzt spiele ich schon wieder den Laufburschen." Beschwerte ich mich und machte mich auf den Weg zurück zur Schule. Als ich die Sporthalle betrat zog sich schlagartig alles in mir zusammen, mein Mund wurde Staubtrocken und mein Herz schien für einen Augenblick auszusetzen, „Keshin! Du Trottel, du hast den falschen Ordner mitgenommen! Ich hab doch gesagt, der Rote!" Rief ich entsetzt als ich meine Stimme wiedergefunden hatte und schnellen Schrittes auf ihn zu stürmte, denn er hatte den anderen bereits in der Hand und war allem Anschein nach kurz davor, ihn aufzuschlagen. Erstaunt über meine Anwesenheit sah er erst mich an und drehte den Ordner in seiner Hand leicht um ihn zu betrachten. „Der ist doch rot. Mädchenrot." Gab er schulterzuckend zurück. „Die Farbe nennt sich Pink, du Hornochse!" Schimpfte ich verzweifelt und riss ihm den Hefter aus der Hand, dabei drehte ich ihn versehentlich auf den Kopf und die Blätter aus dem Inneren segelten quälend langsam zu Boden, gefolgt von meinem erschrockenen Blick. Als auch das letzte Blatt auf dem Hallenboden lag, stand ich noch immer regungslos da und starrte sprachlos nach unten, in meiner Hand der völlig entleerte Ordner. Ich schämte mich in Grund und Boden, während die versammelte Volleyball Mannschaft auf die Blätter zu meinen Füßen starrte. „Hey, Kageyama! Sieh mal, das sind alles Artikel über dich!" Rief Hinata begeistert. Er meinte es mit Sicherheit nicht böse aber in diesem Moment hatte ich ihm am liebsten den Hals umgedreht. „Au weia, Akira, du warst ja ein regelrechter Stalker. Wieso hast du den Kram noch? Bist du etwa immer noch in ihn verknallt?" Gackerte Tsukishima und beugte sich zu einem der Zeitungsartikel runter, um ihn aufzuheben. Ruckartig trat ich auf das Blatt und verfehlte dabei nur knapp seine Finger. Mit einem eiskalten Blick sah ich auf ihn herab und zog meinen Mundwinkel zu einem Lächeln hoch. „Ich sagte dir doch neulich schon, dass deine Informationen nicht mehr aktuell sind." Sprach ich in ruhigem Ton, nur noch gestreut von der Hilflosigkeit in mir. Ich kniete mich hin und fegte mit einer Handbewegung den ganzen Stapel zusammen, um ihn unachtsam in einem Klumpen auf meinen Arm zu heben, egal ob etwas riss oder knitterte. „Es stimmt, ich hatte Interesse an ihm, aber das lag daran, dass er der König des Spielfeldes war, allein das machte ihn für mich interessant. Aber da absolut nichts mehr von ihm in Kageyama zu erkennen ist..." Ich schritt langsam auf den Mülleimer zu und ließ die Blätter hineinfallen. „...brauche ich das hier auch nicht mehr." Um meiner Tat Nachdruck zu verleihen, trat ich mit dem Fuß meine gesammelten Werke noch tiefer in den Eimer hinein und presste sie so zusammen, dass sie für alle Zeit unbrauchbar wurden. „Die hat Kageyama einfach in die Tonne getreten!" Rief Hinata entsetzt und zog dem Jungen der das ganze nur schweigend beobachtet hatte, am Arm, „lässt du dir das gefallen?" Fragte er in seiner schrillen Stimme und schüttelte seinen Kameraden leicht. „Bilde dir bloß nichts ein. Du bedeutest mir überhaupt nichts" flüsterte ich Kageyama im Vorbeigehen zu und verließ die Halle.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mich schwer atmend ein Stück entfernt an der Wand zu Boden gleiten ließ. Ich war immer noch knallrot und die Tränenflüssigkeit, die in meine Augen stieg, vernebelte mir die Sicht. „Scheiße" wisperte ich in die Dunkelheit und stützte meinen Kopf auf die Arme. Als ich Schritte auf mich zukommen hörte, wischte ich mir schnell mit dem Handrücken über die Augen und blickte auf. Kageyama trat in das schwache Licht der Laterne, den wollte ich jetzt am aller wenigsten sehen, da wäre mir ja sogar Tsukishima lieber. „Was willst du?" Fragte ich gereizt und erhob mich, um schnellstmöglich von ihm fort zu kommen. „Warte!" Seine Hand griff nach mir und umklammerte fest mein Handgelenk. Er zog mich mit solcher Wucht zurück, dass ich gegen seine harte Brust stolperte. Mein Herzschlag schnellte in die Höhe, ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können. Seine blauen Augen sahen auf mich herab, noch immer mit derselben versteinerten Miene wie die ganze Zeit schon. Beschämt wandte ich den Blick ab und versuchte mich von ihm zu entfernen. Doch er drängte mich mit einem Schritt an die Wand, bis ich die kalten Steine in meinem Rücken spürte. Erschrocken sah ich zu ihm auf, als er seine Hand neben mir gegen das Gemäuer schlug und mich damit zwischen sich und der Wand fest setzte. Minuten lang sagte oder tat niemand etwas, wir standen einfach nur da und starrten uns gegenseitig an, als hätte der erste der sich regte verloren. »Seine Augen sind so schön« schoss mir durch den Kopf, ich konnte meinen festen Blick nicht mehr aufrecht erhalten und drehte beschämt von meinen Gedanken den Kopf etwas zur Seite. Seine freie Hand legte sich unter mein Kinn und zwang mich, ihn wieder anzusehen, „du hast Recht, ich bin nicht mehr der König des Spielfeldes, denn ich gebe mir die größte Mühe, nicht wieder dieselben Fehler wie in der Mittelschule zu machen." Begann er ruhig zu reden. Als ich etwas erwidern wollte, unterbrach er mich direkt, „halt die Klappe", fuhr er mich an. Sein Befehlston ließ mich Augenblicklich wieder verstummen. Auch als er sich zu mir beugte und seine Lippen auf meine presste, fühlte ich mich in seiner Gegenwart so schwach, dass ich nichts dagegen hätte tun können. Ich versuchte ihn zwar mit der Hand auf seiner Brust von mir weg zu drücken, doch nach kurzem Widerstand gab ich auf und meine Finger griffen in den Stoff seines Oberteils. Keuchend rang ich nach Luft , als er sich von mir löste. Noch immer war sein Gesicht so nah bei mir das ich seinen heißen Atem auf meinen Lippen spüren konnte „ich weiß wirklich nicht was du damals in mir gesehen haben willst und es ist mir auch egal, denn ob nun als König des Spielfeldes oder nicht ich bin und bleibe Tobio Kageyama." Hauchte er mir entgegen und versiegelte meine Lippen abermals mit seinen. Ganz automatisch schlossen sich meine Augen, sein Kuss fühlte sich so gut an, dass ich alles um mich herum vergaß. Ich spürte, wie seine Hand sich an der Wand vorbei an meinen Rücken legte, um mich mit einem Ruck an sich heranzuziehen. Kaum war ich in seinen Armen, öffnete sich sein Mund leicht, knabberte an meinen Lippen, um den Kuss intensiver werden zu lassen. Gerade als ich es geschehen lassen wollte, hörte ich in der Ferne laute Rufe. Ich riss die Augen auf und schob ihn entschlossen von mich. Ein Zittern ging durch meinen Körper und meine Wangen glühten vor Hitze. „Was fällt dir ein?" Schnaubte ich und wischte mit dem Ärmel über meine Lippen. Als wüsste er selber nicht was da passiert war, sah er mich entsetzt an. Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell und seine Wangen waren gerötet. Er presste die Lippen aufeinander, während sein Blick grimmiger wurde. Trotzig tat er es mir gleich und wischte sich ebenfalls über die Lippen, „das hatte nichts zu bedeuten." Ich nickte zustimmend, „natürlich nicht." Fast zeitgleich verschränkten wir die Arme und wandten beleidigt den Blick voneinander ab als mein Bruder und einige von den Jungs auftauchten. Erleichtert atmete er auf „da seid ihr ja, wir haben euch überall gesucht." Er legte den Arm um mich, „um die Uhrzeit lasse ich dich nicht mehr allein nach Hause gehen. Du bleibst am besten heute Nacht mit uns in der Unterkunft." Es gefiel mir zwar nicht, aber ich hatte auch keine Kraft mehr, mich jetzt noch mit ihm zu streiten. Auf dem Rückweg zur Behausung warf ich einen Blick zu Kageyama. Schnell wandte ich mich wieder ab, denn im selben Moment hatte er nach mir gesehen und unsere Blicke streiften sich ganz kurz. Das reichte schon, um mein Herz erneut schneller schlagen zu lassen. »Wieso guckt dieser Idiot mich an? Und du hörst gefälligst auf auch noch darauf so heftig zu reagieren«, schimpfte ich innerlich mit mir selber.

Be my King // Kageyama x Reader 🍋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt