❰ EPISODE 8 ❱

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Herzschmerz, es war bitterer Herzschmerz und er sehnte sich so sehr nach der Wärme Seungcheols. Dieser würde die Tränen des Blondhaarigen sanft wegwischen, ihm versichern, dass alles in Ordnung wäre, dass er keinen Grund zur Besorgnis hätte. Seungcheol hätte dies getan, er hätte es zuvor exakt so getan, aber nun war alles anders.

Jeonghan wollte zurück in ihre gemeinsame Vergangenheit, gefüllt von wunderschönen Träumen und Erinnerungen, die sie jetzt aufgeben mussten. Er fühlte sich leer, als hätte jemand all seine Energie aus seinem Körper entzogen. Die Schuldgefühle fraßen ihn auf, die Wunden in seinem Herz schmerzten so sehr, dass er fürchtete, nie zu verheilen.

Anders erging es dem Braunhaarigen nicht, er hatte sich bloß daran gewöhnt, der Weg nach Hause gab ihm genug Zeit dafür. Die Schmerzen hatte er schon völlig ausgeblendet, er schlenderte durch die leeren Straßen, deren Asphalt nass war und leicht die Straßenlichter reflektierte.

Während er vorher auf diesem Weg rannte, um nach Lösungen zu suchen, trottete er nun in langsamen Schritten nach Hause. Er wollte nicht ihr gemeinsames Apartment betreten, er wollte nicht einmal in die Nähe von dessen treten. Seungcheol vermutete sofort in Tränen auszubrechen, wenn er die Fotos an ihren Wänden sah.

Sein Körper zitterte. Nicht wie zuvor wegen seinen überwältigenden Gefühlen, nein, dieses Mal wegen der Kälte, die ihn umgab. Der durchnässte Stoff seiner Kleidung klebte an seiner Haut und von seinen nassen Haarsträhnen tropfte das Regenwasser herunter.

Die frische Brise, die ihre Wege in der Nacht durch die Straßen der Städte fand, umhüllte ihn. Dauernd zupfte er an den Ärmeln seines Pullovers, um sich selbst mehr Wärme zu spenden, allerdings fühlte er sich wegen dem Regen noch kälter als die Nachtluft an.

Das Auto. Ihre Wohnung. Seungcheol wollte alles hinter sich haben, höchstwahrscheinlich würde er einfach alles Jeonghan überlassen. Ein neues Auto bekäme er durch eine einfache Bitte und einen dazugehörigen, unwiderstehlich süßen Wimpernschlag. Eine neue Wohnung zu bekommen, schien auch nicht schwer zu fallen. Es war mehr die Einsamkeit, die so fremd sein würde. Die neuen Möbel, die neuen, leeren Wände, ohne jegliche Beschmückungen.

Frustriert kickte er den Stein vor seinen Füßen davon. Alles lief schief, in wenigen Stunden hatte der Braunhaarige alles verloren. Seinen Vater, seine glückliche Beziehung, seine Freude. Warum das Schicksal so grausam zu ihm war, ließ sich nicht erklären. Ganz im Gegenteil, er war der Meinung, meistens das Richtige getan zu haben, nun bestrafte man ihn für gute Taten.

Langsam übernahm die Müdigkeit die Kontrolle seines Körpers. Seine Augenlider fielen zu, nur um kurz danach erschrocken wieder aufzuklappen. Zwar schlenderte er weiter, doch geistlich schien kaum noch anwesend zu sein. Er war so versunken, dass er erst wirklich wach wurde, als plötzlich wieder Tränen seine Wangen herunter rannten.

Wenn die Freude wie die bunten Farben der Welt gewesen war, so war Seungcheols Welt nun in grauen Tönen gefärbt. Ein Teil von ihm wollte zurückrennen, zu Jeonghan, ihn umarmen und mit ihm gemeinsam wegrennen, an einen Ort für einen Neustart.

Bei der Vorstellung dieses Szenarios, kribbelte es unter seinen Fingerspitzen. Es fühlte sich leicht an, wie Magie, die nur durch Liebe ausgelöst werden könnte. Atemberaubende Magie, die nach zu viel Verwendung und Zuverlässigkeit allerdings dem eigenen Körper schadete und man mit dessen Konsequenzen leben musste.

Seine Gedanken waren nur gefüllt von Jeonghan. Er wunderte sich, ob er jemals jemanden so sehr lieben könnte, wie er es den Blondhaarigen tat. Und ob es überhaupt jemanden gäbe, der diesen so sehr lieben würde, wie Seungcheol.

Trotz dieser wunderschönen Liebe, waren sie hier und es gab keine Chance zurückzugehen. Bittersüße Liebe, ihr süßer Geschmack schmolz auf der Zunge, doch im Nachgang konnte man das Bittere herausschmecken. Es brannte in seinem Rachen, denn er hasste bittere Dinge mehr als alles andere. Er war schon immer ein Kind, welches Süßigkeiten liebte.

Seungcheol wollte wirklich nicht die Mühen und Liebe seines Vaters wegschmeißen. Er wollte ihm zur Seite stehen, auch wenn dessen Verbrechen es schwerer machten. Aber er wollte ebenfalls bei Jeonghan sein, obwohl dieser den Braunhaarigen so tiefinnig verletzt hatte.

Es war schwer zu glauben, dass alles, was sie sich erbaut hatten, nur ein Teil des Plans war. Er hoffte darauf, dass zumindest eine Sekunde ihrer gemeinsamen Zeit Jeonghans echte Gefühle für ihn waren. Sie waren zu unterschiedlich, geprägt von den schlimmen Fehlern von seinem Vater und der Rache des Blondhaarigen.

Einige Meter trottete er weiter, er hatte schon längst aufgegeben, die Tränen auf seinen Wangen wegzuwischen. Sensibel, Seungcheol war schon immer ein sensibles Kind, welches seine Emotionen nicht unter Kontrolle halten konnte und sich von ihnen mitreißen ließ.

Er wünschte sich, nicht wieder aufzuwachen. Der Braunhaarige wollte in einen ewigen Schlag verfallen und vor all diesen Problemen wegrennen, ohne nach hinten blicken zu müssen. Seine verletzte Seele wollte zur Ruhe kommen und sein Körper brauchte Erholung.

Wie er seinem Vater oder Jeonghan nach diesem Tag je wieder in die Augen blicken konnte, wusste er nicht. Er wollte nicht einmal, dass es dazu käme, mit allen Mitteln würde er solch einer Situation aus dem Weg gehen. Die Angst, in sofortige Tränen auszubrechen bei dem Anblick des Anderen, ließ ihn erschaudern.

Schlafen klang wie die reinste Melodie im Augenblick. Er wollte nichts weiter als einfach umfallen zu können und in den ewigen Schlaf zu verfallen.

Ob es wegen dem Regen und der darauffolgenden Kälte lag, welches ihn physisch ziemlich schwächte, oder ob es doch das Leben war, welches Seungcheol endlich einen Wunsch erfüllte, war nicht klar. Das Letzte, was er wahrnahm, war das Nachgeben seiner Beine, die durch den langen Weg schmerzen, und seine verschwommene Sicht, die augenblicklich schwarz wurde.

Er liebte seinen Schlaf. Oft schlief er, um seinen Pflichten und schrecklichen Gedanken zu entkommen und sich vor ihnen zu verstecken. Er sehnte sich nach einem endlosen Schlaf, der ihn für immer vor dieser grausamen Realität schützen würde.

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