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Noch immer geschockt von dem Geständnis versuchte ich uns beide wieder auf andere Gedanken zu bringen. Da ich mir sicher war, dass Emily es aufheitern würde, wenn ich ihr diese Sache mit Paris erzählte, tat ich das und wie erwartet fand sie diese Geschichte ziemlich witzig, was man von mir nicht gerade behaupten konnte.

"Und du darfst echt nicht mit? Nur weil du Nachsitzen hattest?" fragte Emily und brach in Gelächter aus, während ich sie nur finster anschaute.

"Ich war auch noch beim Direktor." sagte ich gespielt hochnäsig und zog meine beiden Augenbrauen demonstrativ in die Höhe.

"Ach ja, Entschuldigung wie konnte ich das nur vergessen?" spaßte sie und durch ihr schallendes Gelächter zogen sich auch meine Mundwinkel in die Höhe.

Den restlichen Abend verbrachten wir, indem wir uns alle Sorgen, die wir hatten erzählten und uns gegenseitig unser Herz ausschütteten. Ich erzählte ihr von meinem Vater und Emily erzählte mir, dass sie noch nie einen Freund hatte und deswegen in ihrer alten Klasse damit aufgezogen wurde. Sie nahm es jedoch mit Humor, was ich ihr auch auf jeden Fall empfehlen würde, denn so hübsch, wie das Mädchen neben mir war, fand sie sicherlich bald den richtigen Typen. Bei mir machte ich mir da schon eher Gedanken. Ich war nicht sonderlich hübsch, nicht sonderlich schlank und auch nicht sonderlich beliebt. Wenn mich irgendein Junge neben Emily stehen sah, würde er zu hundert Prozent meine beste Freundin an machen und nicht mich.

Hin und wieder ging jedoch die Neugierde in mir durch und ich beschloss in Kyles Zimmer zu gehen, wenn er gerade in der Küche, im Badezimmer oder Sonstiges war, damit ich mir ein Bild davon machen konnte, wie sein Zimmer aussah. Zu meinem Erstaunen, hingen keine zehntausend Bilder von halbnackten Frauen an seinen Wänden oder es gab auch kein Regal mit seinen ganzen Schmuddelheften und Pornofilmchen. Es war schlicht in grau und weiß gehalten und hin und wieder hingen Poster, von Autos oder Footballspielern, an den Wänden. Es war ziemlich groß und ordentlich, was mich umso mehr überraschte. Ich hatte mich darauf eingestellt, dass seine Boxershorts und andere Kleidungsstücke überall im Raum verteilt lägen, womit ich mich offensichtlich getäuscht hatte. Von Kyle erwischt, wurden Emily und ich glücklicherweise nicht, was höchstwahrscheinlich ausserordentlich peinlich geworden wäre.

"Ich geh jetzt mal rüber." sagte ich, als wir wieder in Emilys Zimmer saßen und über unsere Brüder lästerten. Ich schaute auf meine Armbanduhr, die ich meistens an meinem Handgelenk trug. Sie war gold und ziemlich schlicht gehalten. Ich hatte sie von meiner Tante zu meinem 15. Geburtstag geschenkt bekommen und trug sie seitdem fast immer bei mir. Ein Vermögen hatte die Uhr bestimmt nicht gekostet, auch wenn sie nicht unbedingt billig war. "Es ist schon 22 Uhr und ich habe noch Hunger."

"Ja klar." sagte sie und stand von ihrem großen Bett auf "Ich muss auch noch Hausaufgaben machen."

Nickend folgte ich ihr die Treppe hinunter und musste wiedermal feststellen, wie ähnlich ihr Haus doch meinem war. Bis auf den Unterschied, dass in diesem Haus viel mehr Familienfotos an den Wänden hangen und die Wandfarbe eine andere war, glich dieses Haus fast Haargenau meinem.

An der Haustüre verabschiedeten wir uns mit einer Umarmung und ich ging, eingewickelt in meiner Jacke, da die Hitze von heute Mittag sehr abgenommen hatte, zu dem anderen Grundstück, genau nebenan. Wieder kam mir ein Gedanke. Emily und Kyle waren tatsächlich Zwillingsgeschwister. Es taumelten tausende Fragen in meinem Kopf die ich nur schwer oder gar nicht beantworten konnte. Darauf, dass Emily nie mit ihm in die Schule fuhr oder warum ich die Beiden noch nie miteinander reden habe sehen, bastelte ich mir zusammen, dass Emily nicht mit Kyle gesehen werden wollte, um zu verhindern, dass man sie nur wegen ihrem Bruders wahrnahm. Das verstand ich den bei Tyler und mir ergaben sich oft ähnliche Situationen. An manchen Tagen kamen ebenfalls solche ach-ich-bin-ja-so-toll-Bitches, von unserer Schule, zu mir und wollten sich plötzlich mit mir treffen. Aber in solchen Fällen, fiel es mir nicht schwer, diese Leute zu durchschauen und ihnen klarzumachen, dass sie schleunigst abziehen sollten. Ceira und ich kannten uns schon ungefähr seit wir drei oder vier Jahre alt waren. Anfangs gab es sehr häufig Auseinandersetzungen im Kindergarten zwischen uns, weil sie ihren Spaß daran fand, meine Sandburgen zu zerstören und ich wiederum ihren Rucksack in die Toilette schmiss. Irgendwann beschlossen wir das Kriegsbeil zu begraben und ärgerten stattdessen zusammen die anderen Kinder. Jessica, oder auch Jess, zog mit ihrer Familie in diesen Ort, als wir neun Jahre alt waren und wir drei verbrachten seitdem so gut wie jeden Tag zusammen. Seit der High school trafen wir uns zwar nicht mehr so oft, weil wir seit her mehr Lernstoff in der Schule hatten und auch die Schwärmereien von Jess zu meinem Bruder entwickelten sich ab diesem Zeitpunkt ziemlich heftig, aber wir waren immer noch beste Freundinnen und unsere Freundschaft baute sich nicht auf Tyler auf.

An unserem Eingang, kramte ich in meiner Tasche nach meinem Haustürschlüssel, jedoch konnte ich ihn in meiner kleinen Tasche nicht finden, was bedeute, dass ich ihn höchstwahrscheinlich vergessen hatte und das bedeutete wiederum, dass ich wohl oder übel klingeln musste, obwohl ich geplant hatte, meiner Mutter für heute aus dem Weg zu gehen, damit keine unnötigen Streitereien entstanden. Wiederwillig klingelte ich kurz an unserer Tür und schaute auf den Boden, damit Mom mein Gesicht nicht in der Kamera sah, welche immer anging, damit man überprüfen konnte, wer an der Haustüre stand. Wenige Sekunden Später wurde mir die Tür von meiner Mutter geöffnet, welche mich gleich darauf in die Arme schloss.

"Oh Schätzchen, mach das nie wieder mit mir!" sagte sie und drückte mich fest an sich,

"Was?" fragte ich ich verwirrt und schaute in das grinsende Gesicht meines Bruders, welcher an dem Treppengeländer lehnte.

"Ich habe mir so Sorgen gemacht, dass du wegen der Sache mit Paris in den nächsten Club rennst und dich betrinkst, an irgendeinen Typen ranmachst und schwanger wirst." sagte meine Mutter aufgewühlt.

"Mom, ich bin 16! Meinst du nicht, dass ich nun mal bis 10 Uhr Abends wegbleiben kann ohne, dass du gleich die Polizei rufst und mich suchen lässt?" Nuschelte ich in ihr T-Shirt denn nein, sie hatte mich noch nicht losgelassen.

"Du bleibst eben immer unser kleines Baby, Hanna." Mischte sich nun mein Bruder ein und ich befreite mich endlich aus dem Griff meiner Mutter.

"Tyler du bist nur 1 Jahr älter!" Rief ich ihm zu und verdrehte meine braunen Augen.

"Ja und vergiss das mal nicht." Sagte er provozierend und stieg einige Treppenstufen hinauf, verschwand jedoch noch nicht ganz.

"Sehr witzig." Sagte ich und ich merkte wie mein Puls stieg. Mein Bruder hatte ein ziemliches Talent darin, mich mit ein paar dummes Sprüchen auf 180 zu bringen. Aber das konnte komischerweise nur er. Und Mrs Parker, aber diese zählte ich nun mal nicht mit.  

"Beruhigt euch! Das ist ja schlimm mit euch! Könnt ihr nicht mal normal reden ohne, dass einer von euch beiden den anderen provoziert?" Sagte Mom ein wenig säuerlich.

"Sorry Mom." sagte ich während mein Bruder nur spöttisch grinste.

"Nah!" Lachte er "Ich schaffe es Hanna zu provozieren. Sie versucht es, schafft es jedoch nicht. Das ist ein gewaltiger Unterschied."

"Halt die Schnauze, Tyler!" Rief ich.

"Siehst du?" Sagte er lachend lief endgültig die letzten Treppenstufen hinauf in sein Zimmer.

"Kinder." Sagte Mom und verschwand kopfschüttelnd in unserer großes Wohnzimmer.

Your Pretty Face Is Going To HellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt