-𝟏-

190 11 2
                                    

Steff: 

Ich schreckte aus den Schlaf hoch. Kerzengerade saß ich in unserem Bett. Müde fuhr ich mich durch meine kurzen, von der Nacht zerzausten Haare. Ich ließ mein Blick durch das Zimmer schweifen, musste mich erst orientieren. Ich war durch einen Schrei, eher ein geschrienes Wimmern aus dem Schlaf gefahren. War es Traum oder Wirklichkeit gewesen? Müde fuhr ich mir mit beiden Händen über das Gesicht. Für ein paar Sekunden starrte ich noch in die Luft, dann überrollte mich die Müdigkeit und, leise um Thomas der seelenruhig neben mir schlief, nicht zu wecken ließ ich mich wieder in die Kissen sinken. Gerade als ich das Kissen berührte und mich auf die Seite drehte um weiterzuschlafen, fiel mein Blick auf meinen kleinen Nachttisch und meine Augen wurden groß. Ein Foto das gerahmt auf meiner kleinen Kommode stand ließ sofort alle Müdigkeit verschwinden. Auf dem Bild waren Thomas, Ich und Nora abgebildet. Gemeinsam lächelten wir in die Kamera. Es war mein liebstes Familienbild das wir zu dritt hatten. Doch jetzt wo ich Nora auf diesem Bild sah und noch immer diesen erstickten Schrei im Ohr hatte...

Schnell stieg ich aus dem Bett und lief raus auf den Flur. Mit einem mal war alle Müdigkeit vergessen. Schnell lief ich auf die Tür am Ende des Flures zu. Ein Gefühl der Angst machte sich in meiner Brust breit je näher ich der Tür kam. Ich flehte innerlich das ich mich getäuscht hatte und ich mir alles nur eingebildet hatte. Das ich mich gleich leise wieder ins Bett schleichen würde und über mich selber lachen würde, das ich so schreckhaft war. Ich hatte Angst was mich gleich erwarten würde, zu oft hatte ich das in den letzten Wochen schon mit ansehen müssen. Ich kam an die Zimmertür und atmete noch einmal tief durch, bevor ich die Klinke herunter drückte und ich in Noras Zimmer stand. 

Das etwas unordentliche Zimmer eines Teenagers eröffnete sich mir und sofort suchten meine Augen das Zimmer ab und blieben an dem Bett hängen. Innerhalb einer Sekunde realisierte ich was hier gerade passierte. 

"Thomas" meine Stimme hallte laut durch den Flur. "Thomas komm her!" rief ich laut, in der Hoffnung das mein Freund davon wach werden würde. "Thomas" rief ich ein letztes mal, nun deutlich hysterischer, während meine Füße sich in Bewegung setzten, und zu dem Bett liefen in dem mein Engel lag. Das Bild das sich mir bot zerriss mein Herz. Ein bebender und von zittern geschüttelter Körper lag in einer Art Embryo-Stellung in dem Bett. 

Die Bettwäsche war zerwühlt und lag zerstreut im Bett. Nora lag mit angezogenen Armen und Beinen im Bett. In einem komischen Abstand kamen von wimmernden Lauten unterbrochene Atemgeräusche aus ihrem Mund. "Nora, Schatz..." mehr bekam ich nicht heraus. Vorsichtig berührte ich sie an der Schulter und wollte sie zu mir herumdrehen, doch sie war steif wie ein Brett. Verkrampft ließ ihr Körper keine Bewegungen von außen zu. "Thomas" rief ich nun noch einmal raus in den Flur. In diesem Moment hörte ich zu meiner Erleichterung die schnellen Schritte von Thommy. "Ich komme" hörte ich seine hektische Stimme. Er wusste schon was los war. Ich würde ihn sonst nie so aus dem Schlaf reißen, das wusste er. Keine Sekunde später stand er schon im Zimmer. Seine Augen schien kurz wie erstarrt und starrten kurz aus das Bild das sich ihm bot. Dann war er umso schneller auf der anderen Seite des Bettes und ließ sich neben Nora auf die Knie sinken. Vorsichtig um ihr nicht wehzutun aber trotzdem bestimmt umfasste er den Körper unserer Tochter und zog ihn soweit zu sich das ihr Oberkörper sie ganz nah an seinem befand. Noras Augen zuckten in einem komischen Rhythmus hin und her. Ihr Mund war zusammen gepresst und ihre Nasenflügel bebten unter den unregelmäßigen und viel zu tiefen Atemzügen. 

"Nora, hörst du mich noch?" Ein komischer Laut kam aus ihrem geschlossenen Mund. "Nori es ist alles in Ordnung. Du bist ganz sicher hier. Wir sind hier. Mama und Papa sind da." sprach Thomas nah an ihrem Ohr. Nora keuchte auf. Auf einmal kam wieder Leben in Noras schmalen Körper und ihre Hände, die sich zu Fäusten verkrampft hatten, begannen mit festen Schlägen ihre Oberschenkel zu bearbeiten. "Ok, ok..." Thomas packte ihre Arme. "Schlag mich, schlag mich." flüsterte er ihr zu. Noris Hände wanden sich in denen ihres Papas. Fest drückte Thomas ihre Arme gegen ihren Körper, und ihren Körper gegen seinen. "Steff hol kalte Tücher." wies er mich an, bemüht Noras sich windenden Körper ich Schach zu halten. 

Sofort lief ich los, rannte in die Küche und packte einen Küchenlappen und hielt ihn unter den Wasserhahn. Während sich der Lappen mit Wasser vollsog, versuchte ich mich zu sortieren und nicht los zu weinen. Zu groß war die Sorge in diesem Moment um Nora. Und diese Hilflosigkeit die sich in mir breit machte, weil ich meinem Mädchen diese Schmerzen nicht nehmen konnte. Der Lappen war nass genug und ich rannte zurück in Noras Zimmer. Da hörte ich Thomas der beruhigend auf Nora einredete. Thomas sah mich dankend an als ich ihm das Tuch reichte. 

"Nori, Schatz, ich weiß wie schlimm das gerade für dich sein muss. Ich will mir nicht vorstellen was gerade in dir vorgeht." begann ich zu reden und kniete mich zu Nora auf das Bett. "Du spürst wahrscheinlich gerade wieder gar nichts. Und ich kann mir nichts schlimmeres vorstellen als das, aber mit den Schlägen kriegst du das nicht wieder zurück. Es gibt andere Möglichkeiten." redete ich auf sie ein. Bei den letzten Worten schaute ich zu Thomas der das Tuch gefaltet hatte und es nur mir gab. "Maus, das hier ist ganz kalt. Gleich wirst du das wieder spüren, ok?" Vorsichtig drückte ich das Tuch auf die Pulsadern, des Arms den Thomas etwas freigegeben hatte. 

Vorsichtig wischte ich immer und immer wieder darüber. "Nori wir sind da. Papa ist direkt hinter dir. Mama sitzt hier vor dir." flüsterte ich immer wieder. Thomas schaute mich dankbar an, als wir beide merkten das sich Noras Körper langsam wieder entspannte. "Nora?" fragte ich vorsichtig. "Spürst du das wieder?" fragte ich und strich ihr vorsichtig über den Arm. Nora nickte, und auch ihr Atem beruhigte sich langsam wieder. "Du spürst das, das hier kalt ist?" fragte ich und fuhr ihr mit dem Lappen wieder über den Arm. "Ja." krächzte sie mit brüchiger Stimme. "Sehr gut Maus." Ich fuhr liebevolle Kreise mit meinen Fingern über ihren Arm. "Du bist ganz sicher, hier bei uns, dir kann nichts mehr passieren Nori." Flüsterte nun auch Thomas in ihr Ohr. "Sag mir mal was du gerade fühlst Nora." forderte Thomas sie auf. 

Nora schluckte hörbar. "Da ist ein kaltes Tuch an meiner Hand." brachte sie als erstes heraus. Ich nickte und lächelte ihr aufmunternd zu. "Papa umarmt mich, und Mama streicht mir den Arm." sprach sie mit bebender Stimme. "Sehr gut Nori." flüsterte ich stolz. "Du bist wieder angekommen." Thomas strich Nora durch das Haar. "Das hast du sehr gut gemacht meine Kleine." flüsterte ich. Erschöpft schloss Nora die Augen. Ruhig lauschten wir Noras Atem der nun immer gleichmäßiger wurde, bis unser Mädchen eingeschlafen war. 

↬ 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐢𝐭𝐭𝐞 𝟐 // 𝐒𝐢𝐥𝐛𝐞𝐫𝐦𝐨𝐧𝐝 𝐅𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt