Stefanie:
Die Eingangstür knallte zu, dann herrschte gespenstische Stille. Ich starrte auf die hölzerne Tür und stellte mir vor was geschehen wäre wen wir Nora aufgehalten hätten. Sie vielleicht auch einfach mal gezwungen hätten sich diesem Problem, ihren Problemen, zu stellen. Sie benötigte Hilfe, mehr denn je. Es war auch nicht mehr zu übersehen. Ich merkte es. Unser kleiner Sonnenschein den wir im Sommer erleben durften schien nicht mehr dieselbe Person. Sie versuchte es zu verstecken, setzte ein fröhliches Lächeln auf, und würde es diese Zwischenfälle nicht geben würde ich ihr die fröhliche Tochter ohne zu zögern abnehmen. Und genau das machte mir Angst. Sie versuchte uns allen ein gutes Gefühl zu geben, aber gab sie sich selbst dabei genug Raum um zu sein? Wusste sie das ich ihr die fröhliche Nora, die Alltags Nora, schon lange nicht mehr glaubte? Ich wusste das es ihr schlecht ging. Hannes und Nowi wussten das es ihr schlecht ging. Seitdem sie die betrunkene Nora im Sommer vorgefunden hatten, waren sie wachsam geworden mit dem was sie glaubten. Johannes nahm seine Rolle als Onkel schon fast zu ernst. Jedesmal wen er sie sah, wachte er mit Adleraugen über sie.Nowi passte auf seine eigene Art und Weise auf unseren Engel auf. Gab ihr Raum um zu sein, und fragte nicht nach, in der Hoffnung sie würde von selber reden. Thomas belastete es jedoch am meisten, so mein Gefühl. Er kannte Nora, sie war seine Tochter, sein ein und alles. Er liebte sie unfassbar, und es brach ihm jedesmal das Herz sein Mädchen so zu sehen. Ich spürte wie die Tränen sich erneut einen Weg über meine Wangen bahnen wollten. Thomas Hand strich Kreise über meinen Rücken, während auch er auf die Tür unserer Wohnung starrte. Ich hatte das Gefühl das sich die Angst und Sorge um Nora zu einem Klumpen in meinem Magen zusammenbinden würde und nun nach oben drückte. Immer höher drückte der Klumpen, in meine Brust, in meinen Hals, und schließlich bis in den...
Ich würgte und schlug mir eine Hand vor den Mund. Dann lief ich schnell in unser Badezimmer. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es mich über die Toilettenschüssel zu beugen, bevor ich mich übergeben musste. Ich spürte Thomas Atem in meinem Haar als er sich ganz nah neben mich setzte und mir liebevoll den Rücken strich und mein Haar grief um es zurückzuhalten. "Woah, hey Steff was ist den los?" Hörte ich seine besorgte Stimme neben meinem Ohr. Als ich das Gefühl hatte das alles raus war und ich mich erschöpft an der der Schüssel abstütze murmelte ich irgendwas von. "War wohl alles viel." Ich spürte Thomas starke Arme die mich vorsichtig stützten als er mich in unser gemeinsames Schlafzimmer führte und mich ins Bett verfrachtete. "Nicht das du etwas ausbrütest." Hörte ich ihn sagen als er mir das Haar aus dem Gesicht strich. "Dir ist in letzter Zeit ja echt oft nicht gut" fügte er hinzu und ich schaute in seine besorgten Augen. "Ich... wir müssen in der Schule anrufen, Nora..." fing ich besorgt an, wurde aber von Thomas unterbrochen.
"Steff sie wird nicht in der Schule sein." Meinte er, und versuchte die so Besorgnis erregenden Worte ruhig und liebevoll zu sagen. "Aber" fing ich wieder an. "Steff sie hatte doch noch ihre Pyjama Hose an. So wird sie garantiert nicht in die Schule gegangen sein. Sie ist mal wieder geflüchtet. Aber wir wissen wo sie wahrscheinlich sein wird. Er wird sich noch melden." Hörte ich ihn sagen. Und ich sah in seinen Augen das er sich an der Hoffnung festklammerte das alles so war wie er es gesagt hatte. Das Nora zu Nowi gerannt sein würde, und er uns wie schon öfters in den letzten Wochen, eine Nachricht schrieben würde, dass sie sicher bei ihm war. "Und außerdem kümmere dich jetzt erstmal um dich, du kranke Maus." Spricht er weiter und streicht mir liebevoll durchs Gesicht. "Und morgen gehst du mir mal zum Arzt. Dir ist seit Wochen übel, dass schau ich mir nicht länger an." Ich nicke, und widerspreche nicht als Thomas mich liebevoll zudeckt und die Gardinen zuzieht. "Bitte gib sofort Bescheid wen Nowi oder Nora sich melden." Bitte ich ihn noch. Die Antwort ist ein sanfter Händedruck und ein Kuss auf meiner Stirn. Als ich die Augen zumache höre ich wie Thomas leise die Tür hinter sich schließt.