Till
Wieso hatte ich mich nochmal überreden lassen, mich auf Instagram anzumelden?
Da war man kaum ein Tag nicht online und schon wird man von Nachrichten, Likes und Markierungen überhäuft. Ach stimmt ja, um einen engeren Kontakt zu den Fans zu haben.
Manchmal war es schon echt nervenaufreibend.
Genervt scrollte ich durch die vielen Fannachrichten.
Warum tat ich dies eigentlich?
Völlig unerwartet blieb mir der Atem weg, zeitgleich beschleunigte sich mein Herzschlag um mehr als das Doppelte. Konnte das sein?
Konnte die Nachricht wirklich von ihr sein? Mit zittrigen Fingern öffnete ich den Chat.Hey Till.
Bin bald „zu Hause" angekommen.
Steven ist mir irgendwie nicht gerade geheuer.
Nele hingegen scheint mir nett zu sein. Irgendwie will ich zurück.
Liebe Grüße
VanessaRasch tippte ich eine Nachricht ein.
Hey Kleine.
Kopf hoch es wird schon alles wieder gut werden.
Am Ende des Tunnels ist immer Licht, egal wie lange der Tunnel ist.
Ich hoffe man sieht sich irgendwann wieder.
Hab dich lieb,
Till.Ich klickte auf ihr Profil um ihr zu folge, anschließend like ich alle Bilder.
An manchen Bildern blieb mein Blick länger hängen.
Vielleicht zu lange?
Sie war so wunderschön.
Verdammt Till, reiß dich zusammen! Verdammt noch mal sie ist viel zu jung für dich!
Schlag sie dir aus dem Kopf!
Du könntest jede Frau haben, wieso ausgerechnet sie?
Frustriert meldet ich mich bei Instagram ab und warf das Handy neben mich. Überfordert fuhr ich mit den Händen über mein Gesicht.
In meinem Kopf herrschte immer noch das reinste Chaos, wodurch ich keinen klaren Gedanken fassen konnte.
Es war zum verrückt werden.
Vielleicht war ich dies schon?
Ich wand mein Blick aus dem Fenster, wo gerade die Sonne am Horizont verschwand und den Himmel in ein romantisches Farbenspiel tauchte.
Sie war so weit weg.
Etwas tief in mir fühlte sich wahnsinnig kalt an.
Mein Herz?
Meine Seele?
Ich wusste es nicht, so etwas hatte ich zuvor noch nie gefühlt.
Die Kleine bedeutete mir etwas, doch wie sehr konnte ich nicht so recht einordnen. Erschrocken zuckte ich zusammen als das Display von meinem Handy neben mir aufleuchtete.
Verdammt ich hatte es vergessen vom W-LAN zu trennen.
Mürrisch öffnete ich die WhatsApp, die von Richard stammte.
„Hast du Lust morgen mit mir Frühstücken zu gehen so gegen 10 Uhr?"
Dass hatte mit Sicherheit doch einen Hacken, trotzdem sagte ich zu.
Ablenkung würde mir guttun.„Der Raum wird sich mit Mondlicht füllen. Lässt sie fallen, alle Hüllen. Der Anblick ist ihm sehr gewogen. Spannt seine Fantasie zum Bogen. Der Atem stockt, das Herz schlägt wild. Malt seine Farben in ihr Bild. Steht er da am Fensterrand. Mit einer Sonne in der Hand. Ganz nah. Soweit weg von hier. So nah. Weit, weit weg von dir."
Rammstein- Weit Weg.Schrieb ich die Zeilen nieder, die unaufhaltsam in meinem Kopf herumflogen. Wieso bekam ich sie nicht einfach aus meinem Kopf?
Warum tauchte ihr erschrockenes Gesicht immer und immer wieder vor meinem inneren Augen auf, wo ich sie am See einfach umarmt hatte, völlig überraschend, wobei eine wohlige Wärme durch meinen Körper strömte.
Es war einfach zum Verzweifeln.
Wäre alles anders gelaufen, wenn wir uns unter anderen Bedingungen kennengelernt hätten? Ich musste nach vorne blicken nicht zurück, sonst würde ich mich noch festlaufen. Das Frühstück mit Richard würde mir guttun, mich auf andere Gedanken bringen. Vielleicht würde sich alles mit der Zeit legen. Aber nur vielleicht. Flake hatte mir versprochen die Klappe zu halten, wenn nicht sah es nicht gerade rosig für ihn aus, wenn er auch nur ein Wort falsch erwähnte. Ich musste aufhören mir den Kopf darüber zu zerbrechen, es würde schon alles wieder gut werden, irgendwann. Schlendernd lief ich durch den Flur zur Küche, wo ich mir ein kühles Bier aus den Kühlschrank nahm. Alkohol war eigentlich nie eine Lösung, doch manchmal war es das Einzige was half, auch wenn es nur für einen Abend war.
Auch wenn die Probleme nächsten Morgen wie ein Gewittersturm über einen hereinbrach.
Für diese paar Stunden war es mir wert, ein paar Stunden ohne Sorgen und ohne irgendwelche Probleme zu leben. Aus dem Bier wurde schnell Wodka, der allmählich durch meine Blutbahnen kroch und mir anfing die Sinne zu benebeln.
Hoffentlich würde Richard nichts bemerken.
Auf mein Handy schaute ich den ganzen Abend nicht mehr, aus Absicht, wer weiß was ich auf so manche Nachrichten Geantwortete hätte in meinem angeheiterten zustand.
Doch bei einer Sache war ich vollkommen nüchtern, was ich vor ein paar Stunden nicht so recht meine Aufmerksamkeit geschenkt hatte.
„Steven ist mir irgendwie nicht geheuer."
Lief es in meinem Kopf wie ein Mantra auf und ab.
Der Satz machte mir mehr Sorgen, als es sollte.
Oder waren die Sorgen richtig? Torkelt lief ich in mein Schlafzimmer, wobei ich über jede Kante stolperte.
Das Schlachtfeld auf dem Wohnzimmertisch ließ ich unbeachtet hinter mir.
Der Wecker holte mich am morgen um Punkt 9 Uhr aus dem Schlaf.
Brummend und schlecht gelaunt schlug ich den Störenfried aus, der dann endlich Ruhe gab. Mein Kopf dröhnte wie ein kaputtes Radio.
Langsam schälte ich mich aus den warmen Bett und tapste in das Badezimmer.
Im Spiegel sah ich die tiefen Augenringe. Wie sollte ich die bloß vor Richard verstecken?
Darüber konnte ich mir noch später Gedanken machen.
In der Küche warf ich Aspirin in ein Glas Wasser.
Im Wohnzimmer entdeckte ich den Grund für meine höllischen Kopfschmerzen.
„Verdammt", nuschelte ich vor mir her, während ich die Flaschen wegräumte, „Wie konnte das passieren? Wie konnte ich mich so gehen lassen?"
Ich stand kurzdavor das Frühstück abzusagen, entschied mich aber dann es dabei zu belassen.
Richard würde zu viele Fragen stellen.
Die Uhr zeigte 9:30 Uhr an, als ich mit den Aufräumen der Flaschen fertig war.
Die Kopfschmerzen waren mittlerweile erträglicher, wenigstens etwas. Ich verschwand rasch erneut in das Badezimmer um mich fertig zu machen, anschließend zog ich mir frische Klamotten an.
Überpünktlich klingelte es an der Tür, um genau zu sein um 9:50 Uhr.
Ein gut gelaunter Richard zog mich in eine warme Umarmung.
„Guten Morgen", trällerte er fröhlich vor sich her, während ich nur ein Brummen von mir gab.
„Was ist den dir über die Leber gelaufen?"
Hob er prüfend eine Augenbraue.
„Nichts, normal würde ich jetzt noch im Bett liegen", so gelogen war es noch nicht mal. Richard schien es auf jeden Fall zu schlucken, denn er stellte keine weiteren Fragen, was mein Puls etwas beruhigte. Gemeinsam liefen wie die Straße hinab, zu einem kleinen Café, wo ich mittlerweile Stammgast war.
Das Café wurde in hellen Tönen gehalten mit einer modernen Ausstattung, insgesamt lud alles zum Verweilen ein.
Wir setzten uns nach hinten, sodass uns nicht gleich jeder entdeckte.
Ein weiterer Grund wieso ich dieses Café liebte, man konnte ungestört frühstücken oder Kaffee trinken.
Ein junger Mann, den ich hier schon öfters gesehen hatte, kam nach einer gewissen Zeit zu uns.
„Guten Morgen, die Herren", lächelte er fröhlich, „Was darf ich Ihnen den bringen?"
„Einen Kaffee, Rührei mit Speck und ein Brötchen", antwortete Richard genauso fröhlich.
Der Blick des Jungen ruhte auf mir, nachdem er die Bestellung niedergeschrieben hatte.
„Ich nehme ebenfalls einen Kaffee mit Rührei mit Speck und zwei Brötchen", lächelte ich höflich zurück.
Nickend verschwand der Junge vom Tisch und aus unserem Sichtfeld.
„Und Till wie war es in Wendisch- Rambow?", stützte Richard seinen Kopf auf seinen Händen.
Mir rutschte das Herz immer weiter nach unten.
Doch ich erzählte ihm alles.
Fast alles.
Das Detail Vanessa ließ ich weg.
Ich wollte nicht noch weiter in der Wunde herumstochern.
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Mein Herz brennt (Rammstein)
Fanfiction„Lauf", war das Letzte was ich von meiner Mutter hörte, „Lauf weg." Heiße salzige Tränen rannten über mein Gesicht, während ich meine verzweifelte Mutter anschaute, die sich mit einem Kerzenständer...