Till
Wie konnte es nur soweit kommen?
Was hatte mich dazu veranlasst?
Ich hatte alles ruiniert mit dieser Handlung. Mit diesem Kuss.
Jetzt war sie weg für immer und ich konnte dort gegen rein gar nichts tun.
Sie musste den ersten Schritt tun.
Ihr Gesicht hatte sich fest in mein Gedächtnis eingebrannt, wie sie völlig aufgelöst das Zimmer verließ.
Noch nicht einmal verabschiedet hatte sie sich.
Konnte man es ihr übelnehmen?
Nein, es war alles meine Schuld.
Doch eine Sache wusste ich nicht, ob sie wirklich real war.
Hatte sie für einen kurzen Augenblick den Kuss erwidert?
In meinem Kopf drehte sich alles.
Drehte und drehte sich.
Ich musste hier raus.
Arbeit würde mur guttun, mich ablenken. Willkürlich schmiss ich meine Klamotten in den Koffer, sodass ich ihn kaum zu bekam. Nur im Unterbewusstsein bekam ich mit wie die Tür in das Schloss fiel und ein Motor gestartet wurde.
Mein Herz klopfte schneller und schneller. Vanessa war weg, endgültig.
Warum sollte ich also noch hierbleiben? Vielleicht wegen meiner Mutter, doch ich hielt es keine weitere Stunde mehr hier aus. Alles erinnerte mich an das kleine blondhaarige Mädchen.
Unsanft hüpfte der Koffer hinter mir von Stufe zu Stufe, was mir herrlich egal war. Verwirrt streckte meine Mutter den Kopf aus der Tür.
„Wo willst du denn so plötzlich hin?", zog sie die Stirn in Falte.
„Zurück nach Berlin", antwortete ich ohne sie anzuschauen.
„Warum auf einmal so eilig?", sie klang leicht überrumpelt.
„Die Jungs kommen ohne mich nicht klar," erzählte ich die halbe Wahrheit.
Die Chaoten schafften ohne mich nicht wirklich etwas außer sich zu besaufen, weshalb diese Notlüge auch nicht auffiel. Hoffte ich zumindest.
Denn was ich jetzt am wenigsten benötigte, war eine Diskussion mit meiner Mutter. Zähneknirschend nickte sie mit dem Kopf. Hatte sie den Braten gerochen?
Zu mindestens sagte sie nichts.
Was sollte sie denn auch?
Schließlich war ich erwachsen und musste meine Entscheidungen selbst treffen, auch wenn dies eine Flucht war.
„Pass auf dich auf", flüsterte sie in die Umarmung.
„Werde ich machen, du aber auch", hauchte ich ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich mich endgültig von meiner Mutter verabschiedete und aus dem Haus flüchtete. Dunkle Regenwolken hingen am Horizont, vereinzelt fielen schon Tropfen hinab. Selbst der Himmel weinte.
Mit hängendem Kopf ging ich zum Auto und verstaute meine Sachen im Kofferraum. Im Fenster erspähte ich meine Mutter, die mir besorgt zu sah.
War da ein Hauch von Verzweiflung?
Angst?
In ihren Augen stand etwas was ich nicht deuten konnte, was ich bei ihr nicht kannte. Der Regen prasselte unaufhörlich auf die Windschutzscheibe, während ich den Hof verließ und auf die Straße bog in Richtung Autobahn. In Richtung Berlin.
Mein Herzschlag beruhigte sich ein wenig je weiter ich Wendisch- Rambow hinter mir ließ.
Den Ort wo ich meine Kindheit verbracht hatte. Mit dem ich schöne und nicht so schöne Erinnerungen teilte.
Es war der Ort an dem ich mein Herz an ein 16-jähriges Mädchen verlor.
Eine Liebe, die nicht sein durfte.
„So halt ich mich schadlos. Lieben darf ich nicht. Dann brauch ich nicht zu leiden. Und kein Herz zerbricht. Dass ich froh bin darf nicht sein. Nein", summte ich ununterbrochen vor mir her, während ich auf der linken Spur an den Autos vorbei hetzte, „Was ich liebe. Das wird verderben. Was ich liebe. Das muss sterben. Muss sterben."
Ich ignorierte rigoros die Höchstgeschwindigkeit, brauchte den Adrenalinrausch, der mein Körper beflügelte.
Ich kannte die Strecke auswendig und wusste wo die Blitzer standen.
In einer neuen Rekordzeit verließ ich die Autobahn in Richtung Berliner Innenstadt. In meinem Kopf herrschte immer noch ein vollkommenes Chaos.
Würde es sich jemals legen?
Besuch erwartete mich, als ich die Einfahrt überquerte.
Flake saß auf den Treppenstufen vor der Haustür.
„Woher wusstest du, dass ich komme?", begrüßte ich den Keyboarder leicht schroff. Ich war nicht in bester Laune, wodurch ich überhaupt keine Lust hatte irgendjemanden zu sehen.
Flake bemerkte dies, doch schien es ihm nicht zu interessieren.
„Wusste ich nicht. Ich bin nur auf Verdacht vorbeigekommen", begrüßte mich der schlanke Mann bester Laune.
Manchmal fragte ich mich, was er so heimlich nahm.
Ob er mir auch etwas abgeben würde?
„Ist jetzt auch egal", zuckte ich gleichgültig mit en Schultern.
„Was ist denn dir über die Leber gelaufen?", scherzte er, „Ist etwas vorgefallen?"
Ich brummte jegliche und schloss die Haustür auf, bevor ich mit den Sachen das Haus betrat, gefolgt von Flake.
Gemeinsam schritten wir in die moderne Küche.
„Ist dir das Mädchen begegnet?", hob er prüfend die Augenbrauen.
Wie kam er denn jetzt darauf?
Musste er genau jetzt das Thema ansprechen?
„Willst du einen Kaffee?", versuchte ich das Thema zu wechseln und nestelte an der Maschine ohne ihn anzublicken.
„Till! Schau mich an!", langsam drehte ich mich in seine Richtung.
Seit wann hörte ich auf Flake?
„Till. Dir ist das Mädchen begegnet", ich schluckte schwer und blickte beschämt zu Boden, „Till? Was ist passiert?"
Ich hörte wie der Stuhl zurückgeschoben wurde, dann die leisen Schritte, als Flake auf mich zu schritt.
Behutsam legte er seine zierlichen Hände auf meine Schultern.
Ich musste mich zusammenreißen. Zusammen reisen um nicht zu weinen.
Die Tränen bildeten sich bereits in meinen Augen.
Langsam blickte ich den Mann vor mir an. Sein Gesichtsausdruck wurde sofort besorgt. „Till", hauchte er, „Sag mir nicht, dass du Gefühle entwickelt hast?"
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Mein Herz brennt (Rammstein)
Fanfiction„Lauf", war das Letzte was ich von meiner Mutter hörte, „Lauf weg." Heiße salzige Tränen rannten über mein Gesicht, während ich meine verzweifelte Mutter anschaute, die sich mit einem Kerzenständer...