Chapter 15

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Kapitel mit Triggerwarnung

Vanessa

Die Sommerferien waren vorbei und der erste Schultag stand wieder vor der Tür.
Till hatte mir immer mal wieder geschrieben, doch die letzte Nachricht blieb unbeantwortet, dass war zwei Wochen her. Ich machte mir keine Hoffnung mehr, dass er mir zurückschrieb.
Er hatte mich wohl schon vergessen.
Was hatte ich den auch anderster erwartet?
Dass er mich besuchen kommt?
Er konnte jede Frau der Welt haben, wieso sollte er sich gerade in ich verlieben?
Mit hängendem Kopf lief ich die Straße entlang zur Schule.
Im Augenwinkel erblickte ich die Sonne, die am Himmel empor kroch und dabei ein Farbenspiel verbreitete.
Es hatte sich in den letzten 6 Wochen so viel für mich verändert.
Gefühlt alles zum schlechteren.
Konnte es noch schlimmer werden?
Da wusste ich noch nicht was auf mich zukommen sollte.
„Geht es dir gut?", rannten meine Freunde auf mich zu und schlossen mich in eine Umarmung, sodass ich kaum Luft bekam.
„Ja, mir geht es gut", lachte ich, „Allerdings bekomme ich kaum Luft."
„Oh, tut uns leid", meinte Lisa, wobei sie die Umarmung lösten.
„Und ist etwas Aufregendes passiert? Abgesehen von deiner Mutter und so", redete Arya ohne Punkt und Komma.
„Nein", schüttelte ich den Kopf.
Till ließ ich bewusst weg.
„Könnt ihr euch vorstellen in einem Jahr haben wir die Realschule gemacht", meinte Zoe ungläubig.

Ein Jahr was ereignislos vorbei schlich ohne jegliche Vorkommnisse, jeder Tag glich dem anderen.
Irgendwie hatte ich mich damit abgefunden in einer Pflegefamilie zu leben. Doch ich vermisste meine Mutter jeden verdammten Tag.
Die Realschule hatte ich mit einem guten Notendurchschnitt geschafft.
Nach den Sommerferien hieß es trotzdem weiter die Schulbank zu drücken, denn ich würde mein Fachabitur im Bereich Technik machen.
Mein Leben verlief unbeschwert, so wie es sich jeder wünschte.
Ich schrieb gute Noten, hatte die besten Freunde auf der Welt und verstand mich mit jedem super.
Ein Leben wie aus dem Bilderbuch. Doch dann kam mein 18. Geburtstag, wo sich mein Leben schlagartig änderte.
Das dunkle Kapitel wurde angefangen zu schreiben, ein Kapitel was man ungern preisgab und am besten vergessen würde. „Feiere schön", umarmte mich Arya, bevor sich unsere Wege trennten.
Alleine lief ich über die Straße zu dem Haus wo ich seit zwei Jahren lebte.
Seit zwei Jahren war meine Mutter tot und seit zwei Jahren hatte ich nichts mehr von Till gehört.
Ihn aus meinem Kopf streichen konnte ich irgendwie nicht so recht.
Noch immer spürte ich seine zarten Lippen auf meinen, als sei es erst gestern gewesen. Mit einem mulmigen Gefühl schloss ich die Tür auf.
Nele war arbeiten, somit war ich mit Steven alleine.
Mein Gefühl verstärkte sich, als er mit einem schelmischen Grinsen auf mich zu kam, zudem mischte sich auch noch Panik dazu.
„Na, wie war die Schule?", drängte er mich zur Wand. Ich wollte aus dieser Situation fliehen, doch alle Fluchtwege waren abgeschnitten.
„Lass mich in Ruhe!", knurrte ich und versuchte ihn von mir weg zu drücken.
„Na, na nicht so frech", beugte er sich runter und küsste mich.
Reflexartig verpasste ich ihn eine Ohrfeige. „Das machst du nur einmal", schlug er mich ohne Reue in das Gesicht und ich spürte wie ein steckender Schmerz mir durch das Gesicht fuhr und die aufgeplatzte Lippe. Grob umfasste er mein Handgelenk und zehrte mich die Treppe hoch.
Hilflos stolperte ich hinterher immer weiter in einen Alptraum.
Wie ein Sack Kartoffeln, der keine Gefühle hatte, schmieß er mich auf das Bett und beugte sich über mich.
In mir steigen die Tränen hoch, ich wollte das alles nicht.
„Wehe, du sagts irgendjemand davon", sammelte er seien Klamotten auf, „Dann vergesse ich mich!"
Steven verließ das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Tränen liefen wie Sturzbäche über mein Gesicht.
Warum ich?
Den Tag hatte ich mir irgendwie anderster vorgestellt.
Wie oft wird er es noch machen? Ich fühlte mich benutzt.
Unten fiel die Tür in das Schloss, zu meinem Glück.
Steven war an die Arbeit gefahren.
Rasch sammelte ich mir frische Klamotten zusammen und verschwand in das Badezimmer.
Egal wie oft ich meinen Körper einseifte, ich fühlte mich immer noch dreckig.
Meine Tränen vermischten sich mit dem Wasser was aus der Duschbrause kam. In mir herrschte ein Druck, den ich kaum aushalten konnte.
Warum musste ich in dieser Pflegefamilie gesteckt werden?
Nele war in Ordnung, doch Steven hatte heute sein wahres ich gezeigt, was mir eine eiskalte Schauer über den Rücken jagte.
Er hatte absichtlich bis zu meinem 18. Geburtstag gewartet, dann waren seine Machenschaften nicht mehr straffällig, zu mindestens bis es an das Tageslicht gelangte.
Ich tapste zurück in das Zimmer, wo ich seit zwei Jahren lebte.
Im Lichtschein der Lampe glitzerte eine Reißzwecke.
Unsicher hob ich sie vom Boden auf.
Mit klopfenden Herz zog ich den linken Ärmel hoch und setzte die kalte Spitze an. Es löste zwar nicht meine Probleme, aber der Druck in meinem Körper wurde erträglicher.
Für einen kurzen Moment spürte ich, dass ich noch am Leben war, hörte mein Herz schlagen.
Vorsichtig fuhr ich über die Haut mit den kleinen Wunden, die ab jetzt ein dunkles Kapitel erzählen würden.
Es würde nicht nur bei den Narben am Arm bleiben.
Der rechte Knöchel und die linkte Schulter sollten folgen.
Mein Körper sollte in die Dunkelheit gestoßen werden in ein Loch ohne Boden. Verurteilt kein Glück mehr zu finden und keine Freude mehr zu spüren.
Mein Körper war nur noch eine leblose Hülle aus Fleisch und Knochen.     

Mein Herz brennt (Rammstein)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt