Twenty

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S.v. Tommy
Grelle Lichter schienen mir in die Augen, als ich langsam versuchte sie zu öffnen. Ich musste ein paar Mal blinzeln, um mich an diese Helligkeit überhaupt zu gewöhnen.
Dabei pochte mein Kopf, es fühlte sich so an, als würde er gleich explodieren.
Mein Körper war schwer, es fiel mir schwer mich zu bewegen, irgendetwas fühlte sich eigenartig an.
Etwas kitzelte in meiner Nase, mein Arm war aber zu schwach, um meine Hand in diese Richtung zu führen, um zu erfahren, was dort in meiner Nase steckte.

Erst jetzt realisierte ich zu all den Punkten, dass ich mich bewegte.
Wo war ich?
Was war passiert?
Ich schloss meine Augen und versuchte mich an irgendeinen Anhaltspunkt zu erinnern.
Bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel.

Irak. Eine Granate. Elijah, der sich im letzten Moment auf sie geschmissen hatte, während ich versuchte mich davon zu entfernen.
Doch es war zu spät, ich wurde durch die Luft katapultiert, machte eine harte Bekanntschaft mit dem Sandboden, bis schlussendlich alles um mich herum schwarz wurde.

Ein Stechen durchzog meinen Körper als ich an Elijah denken musste. Er hatte es wahrscheinlich nicht überlebt. Nicht nur wahrscheinlich, so etwas konnte man nicht überleben.

"Stellen Sie ihn hier ab!", hörte ich dumpf eine männliche Stimme sagen.
Das leichte Piepsen in meinem Ohr wollte einfach nicht aufhören.

Man stellte ich in einem weißen, sterilem Zimmer ab, typisch Krankenhaus.
Nichts hier drin ließ es heimisch wirken.

"Hauptgefreiter Montgomery? Hören Sie mich?", ein Mann, der zusätzlich ein Boss von mir war, stand vor meinem Krankenbett.
Alles fühlte sich noch sehr schwummrig an, seine Worte hallten durch meinen Kopf, doch aufnehmen tat ich sie nicht wirklich.
Doch im nächsten Moment sagte er etwas, das sich verankerte.

"Ihre Familie kommt jetzt. Sie ist das Wichtigste bei einem Heilungsprozess!", somit verabschiedete er sich. Endlich.

Würde jetzt mein Vater in diesen Raum eintreten? Oder Tessa mit meinem Bruder?
Hatte sie ihn gefunden? Hat mein Vater Wind davon bekommen?
Als mein Vater dann mit Tessa und meinem Bruder eintrat, wurde meine Frage sogleich beantwortet.

Für eine Sekunde schloss ich meine Augen, bevor ich sie wieder öffnete und schwer durchatmete.
Warum wusste ich, dass diese Aktion der größte Fehler meines Lebens war?
So wie mein Vater mich anblickte, wusste er von der Ehe und diesem dämlichen Deal, um an Kohle zu gelangen.
Es war nicht das erste Mal, dass ich diesen enttäuschten Blick ertragen musste.
Mittlerweile war es schon mehr als Gewohnheit.
Jedoch konnte ich mich gut damit abfinden.
Damit abgefunden, dass ich für meinen Vater die größte Enttäuschung in seinem Leben war.

"Tommy.", sprach mein Vater verbittert und änderte keine Sekunde lang seinen Blick.
Er trat einen Schritt nach vorne, erst jetzt erblickte ich die Frau von meinem Bruder, Aria.
Im Gegensatz zu meinem Vater sah sie besorgt aus.
Ich hatte nicht viel mit ihr zu tun, aber sie war mir wichtig und ich ihr.
Erst recht, weil sie mich zu einem Onkel gemacht hatte.
Bei diesem Gedanken fragte ich mich, wo der kleine Ryan war.

"Wir hatten so eine Angst um dich, Tommy! Außerdem hättest du erwähnen können, dass du eine Frau hast!", mein Bruder umarmte mich, etwas zu ruckartig, was mich schmerzhaft auf zischen ließ.
George hatte ein Strahlen im Gesicht, doch die besorgte Miene blieb mir nicht unentdeckt.

"Ja, herzlichen Glückwunsch übrigens.", stimmte Aria ihren Mann zu.
"Danke.", gab ich monoton von mir, Tessa, die die ganze Zeit eher abwesend im Hintergrund stand, tat es mir gleich.

Sie kam dichter zu mir, mit einem Hi begrüßte ich sie.
Tessa war nervös, ihre Hand zitterte leicht, es fiel ihr schwer den Augenkontakt zu mir zu halten.
Ihre Augen zierten dunkle Augenringe.
Hatte Tessa überhaupt geschlafen?

Tessa beugte sich nach unten, um mich zu küssen. Es war ein sanfter Kuss, dass wir von meiner Familie beobachtet wurden, machte sie sichtlich schüchtern.

"Du bei den Marines, unglaublich. Ich hab gehört, dass du das Purple Heart bekommst. Das ist eine Ehre!", sehe ich etwa Stolz in seinen Augen?
Nein, das konnte nicht sein.
Ich hatte es mir sicherlich nur eingebildet, denn kurz darauf sah ich wieder in sein eiskaltes Gesicht.
Ich nickte nur.

Er hatte auch ein Purple Heart, ich sollte mich dadurch vielleicht verbunden mit ihm fühlen.
Aber es kotzte mich an, dass es die einzige Gemeinsamkeit war, die wir hatten.
Ansonsten hatten wir rein gar nichts gleich.

"Wieso durfte George nichts von deiner Verpflichtung sagen? Wieso lügst du mich schon wieder an?", und da war wieder diese Beschuldigung. Langsam konnte ich seine Worte nicht mehr hören, dass ich alles falsch machte und ein hoffnungsloser Fall war.

"Ich hatte keine Lust von dir zu hören, dass ich es sowieso nicht durchziehen würde. Ich wollte dir das Gegenteil beweisen."
Zum ersten Mal beichtete ich meinem Vater meine Gefühle.
Ich wollte ihm beweisen, dass ich es konnte, wenn ich es auch wirklich wollte.
Und nun lag ich in diesem Krankenbett und spürte den bemitleidenden Blick von meinem Vater auf mir ruhen.

"Das hätte mir wirklich gefallen.", auch wenn er ernst klang, konnte ich ihm das nicht glauben.
Zu oft hatte er mich mit seinen Worten verletzt, dass es jetzt zu spät war, um seine andere, mitfühlende Art, zu zeigen.
Frustriert schüttelte mit meinem Kopf.
Keiner von uns sagte mehr etwas, es war die Hölle auf Erden.

"Und wie sieht der weitere Plan aus, Doktor?", mein Vater unterbrach die Stille und richtete sich zum Arzt.
"Es wird eine langwierige Reha. Er fängt bei null an.", nichts, was ich hören wollte, aber es war die bittere Realität.

"Wird er wieder laufen können?", Tessa stellte die Frage, die sich meine kleine Stimme schon seit Beginn dieses Gesprächs fragte.
"Wir sollten erstmal mit dem Gehen beginnen und dann sehen wir weiter."
"Danke, Doktor!", meldete sich mein Bruder zu Wort.

Nachdem mein Vater sagen musste, dass meine Mutter daran zerbrechen würde, mich so zu sehen, zerbrach ein kleiner Teil meines Herzens.
Tessa streichelte aufmunternd meinen Kopf, aber es brachte nichts.
Ich ließ die Tränen einfach laufen, hemmungslos.

"Wir sollten die beiden alleine lassen!", beschloss mein Vater und meine Familie ging.
Die beste Entscheidung, die er treffen konnte.

Moments of hopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt