Twenty-six

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S.v. Tommy
"Bist du dir wirklich sicher?"
Mittlerweile saßen wir uns, in der Küche, gegenüber.
Wir schauten uns tief in die Augen und ehrlich gesagt, war ich mir nicht wirklich sicher.
Wollte ich mich jetzt ernsthaft zum Volldeppen machen?
"Ja, her damit!", oh man.

"Hier. Du darfst nicht darauf kauen oder sie runterschlucken. Einfach auf der Zunge lassen.", Tessa reichte mir eine Scheibe der Jalapeño.
"Ich zähle von drei runter.", ich betrachtete das grüne Gemüse noch kurz, bevor ich gleich durch die Hölle ging.
"Drei, zwei, eins.", wir legten uns beide gleichzeitig die Jalapeño in den Mund.
Sofort merkte ich, wie es auf meiner Zunge kribbelte. Die Schärfe durchzog meinen ganzen Mundraum, sie schaffte es sogar meine Augen zum Tränen zu bringen.
Währenddessen schien es bei Tessa die normalste Tätigkeit zu sein, die es auf der ganzen Welt gab.
Sie sah einfach genauso umwerfend aus, wie sonst auch. Dies sollte ich ihr aber lieber nicht sagen, wer wusste schon, wie sie darauf reagieren würde.

"Willst du schon aufgeben?", neckte Tessa mich, als sie sah, welche Reaktion die Jalapeño in mir auslöste.
"Auf gar keinen Fall!", sprach ich bedacht, damit mir nicht gleich etwas aus dem Mund fiel.
"Komm schon, gib auf! Deine Augen tränen sogar!", fies lachte sie mich aus.
Es brannte so sehr in meinem Mund, dass ich es nicht mehr schaffte, ihr zu antworten.
Beziehungsweise musste ich mich darauf konzentrieren, nicht gleich zu kapitulieren.

Mir fiel das Atmen immer schwerer, Tessa konnte unglaublicherweise einfach weiter reden.
Mein Hals kratzte ungemein, ich hielt es nicht mehr aus, selbst das Husten machte die Lage nicht besser.

"Spuck es aus!", forderte Tessa und leider musste ich dem nachgehen.
Ich spuckte die Jalapeño aus, Tessa freute sich riesig darüber, dass sie gewonnen hatte.
Sie spuckte ebenfalls die Jalapeño aus.
"Du Looser!", machte sie sich über mich witzig.
"Hier, ich hab etwas in meiner Hosentasche für dich.", ich schob meine Hand nach hinten in meine Hosentasche, danach zog ich sie wieder raus und zeigte Tessa meinen Mittelfinger.
Daraufhin lachten wir.

"Unglaublich, wie du das durchgehalten hast!", brachte ich unter schwerem Atem hervor.
"Tja, jahrelange Übung.", grinste sie frech.
Ich liebte dieses Grinsen, sie hatte diese süßen Grübchen, die sich erst bildeten, wenn sie wirklich lachte.

"Warte, du schwitzt.", Tessa nahm sich ein Küchentuch und strich sanft über mein Gesicht.
Diese Berührungen lösten leichte Stromschläge auf meiner Haut aus, keine unangenehmen, ich genoss es.
"Du schwitzt auch.", würde sie nicht im Sonnenlicht stehen, wäre mir dies wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Aber dadurch fiel mir auf, wie ihre Haut glitzerte.
"Das ist kein Schweiß, das ist Glow.", wisperte sie in einer verführerischen Stimme.
Gott, verdammt, was machte sie nur mit mir?

"Wollen wir irgendetwas machen? Raus gehen, oder so?", ihre braunen Augen funkelten leicht.
"Ich rieche bis hierher den Geruch von Jalapeños aus deinen Poren kommen. Ich schlage vor, dass du erstmal baden gehst.", sie lächelte schief.
Tessa wusste wohl nicht, welch eine Kraft ich dafür aufwenden musste, um in die Badewanne zu kommen. Nur weil ich mittlerweile wieder besser laufen konnte, hieß es nicht, dass alles so wie früher war.

"Dabei müsstest du mir aber helfen. Wenn es keine Umstände für dich bereitet.", es war mir unangenehm, sie darum zu bitten.
Obwohl Tessa mich schon nackt gesehen hatte, kam mir dieser Gedanke komisch vor, weil ich wusste, dass sie all das nur aus Mitleid tat.
Vielleicht auch, weil sie Hoffnung hatte.
Diese Beziehung gründete sich immerhin nur auf Hoffnung.
Hoffnung auf eine neue Chance im Leben.
Hoffnung, dass wir viel Geld bekamen, um so unsere Schulden zu begleichen.
Tessa hatte wahrscheinlich die Hoffnung, ihre Medikamente und Wohnung bezahlen zu können.
Und ich hatte die Hoffnung, meine Familie zu retten.

"Mach dir keine Sorgen, ich helfe dir gerne.", dankbar nickte ich.
Ich folgte ihr ins Bad, während ich mich auszog, ließ Tessa das Badewasser ein.

"Warte, lass mich das machen."
Ich hatte dabei Probleme meine Hose auszuziehen, sobald ich an der Wunde ankam, hatte ich höllische Schmerzen.
Die Wunde war noch nicht mal ansatzweise verheilt, Tessa stockte, als sie mein Bein sah.
"Nicht schön, ich weiß.", brummte ich monoton.

Keine Ahnung, was ich mir lieber wünschte, dass die Ärzte es damals lieber hätten amputieren sollen, damit ich jetzt kein verkrüppeltes Bein hatte, oder, dass es gut war, diesem Krüppel eine Chance zu geben.

Mit einem Schwamm wusch Tessa mir den Rücken, ich verkrampfte meinen gesamten Körper. Ich war es leid, auf Hilfe angewiesen zu sein. Ich wollte wieder selbstständiger werden und nicht jedes Mal diese bemitleiden Blicke sehen, wenn man mich mit meiner Krücke sah.

"Ich kann das auch alleine.", ich merkte wie Tessa kurz Innehielt, aber dann weitermachte.
"Das weiß ich, Tommy. Ich weiß, wie hart du kämpfst und ich weiß, dass du eines Tages wieder laufen wirst, aber bitte, bitte lass mich das jetzt machen.", mit diesen Worten konnte ich mich nur schlecht fühlen.
Ihre Stimme war so sanft und ehrlich, ich konnte ihre Bitte gar nicht ablehnen.
Somit lockerte ich meine Haltung und lehnte mich an sie an.

"Danke, danke für alles, Tessa.", flüsterte ich fast unhörbar, doch ich wusste, dass sie es gehört hatte. Die Streicheleinheiten auf meinem Kopf verrieten es mir.
Für einige Minuten herrschte eine angenehme Stille, noch nie fühlte ich mich so wohl.

"Willst du heute Abend im Bett schlafen?", für einen Moment zeigte ich keine Reaktion.
Mit dieser Frage hatte ich keineswegs gerechnet, aber ich stimmte zu.
Auch wenn es viele Höhen und Tiefen zwischen uns gab, musste ich dazu beitragen, dass es mehr Höhen als Tiefen gab.
Das gemeinsame Schlafen in einem Bett war ein neuer Höhepunkt.

Und wenn ich sagte, dass es das schönste Gefühl war, neben ihr einzuschlafen, dann meinte ich das auch so.

Moments of hopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt