[Kapitel 4 - Der größte Verrat]

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Bewaffnet folgte sie dem Hutmacher zum Auto. Sie spielte mit ihm und zwei unbekannten Damen. Na wenn das mal nicht vorausschauende Ergebnisse waren. Rauchend lehnte sie am Wagen und beobachtete Niragi, der direkt am Wagen gegenüber lehnte mit seinem Markenzeichen auf der Schulter. Er lächelte ihr sanft zu. Es war nun nicht dieses Grinsen, sondern ein "Stirb nicht"-Lächeln, welches sie sich vor jedem Spiel zuwarfen.

 Es war nun nicht dieses Grinsen, sondern ein "Stirb nicht"-Lächeln, welches sie sich vor jedem Spiel zuwarfen

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Sie drückte die Zigarette aus und warf sich auf den Fahrersitz. Der Hutmacher setzte sich schweigend auf den Beifahrerplatz und starrte unsicher aus der Frontscheibe. Er beobachtete Aguni und in Keilanis Magengrube machte sich ein nervöses Gefühl breit. Niragi und Aguni stiegen gemeinsam in einen Wagen, bevor Keilani startete und in Richtung der beleuchteten Location fuhr. Als sie das Gebäude betraten, stieg ein verdrängter Schmerz in ihr auf. Es war das Richteramt indem ihr Vergewaltiger freigesprochen wurde und sie Jahre später verurteilt wurde, weil sie die Selbstjustiz als letzte Erlösung sah. Sie erkannte das Spiel noch bevor es begann und beschrieben wurde. Ein Herz 9 Spiel. Die Karte war bereits im Besitz des Hutmachers, weshalb er wütend gegen einen Stuhl trat.

Registrierung abgeschlossen
Teilnehmerzahl: 4
Spiel: Geschichtenerzähler
Alle erzählen ihren Spielmitgliedern, was sie in ihrem vorherigen Leben getan haben. Wird gelogen, so stirbt man.
Ziel: Werde nicht innerhalb der angegebenen Zeit von deinen Mitspielern ermordet.
Spieldauer: 1 Stunde. Jeder Mitspieler erhält eine viertel Stunde für seine Geschichte.

Die Stimme aus dem Handy fuhr Keilani jedes Mal wieder kalt den Rücken runter.
Die zwei Frauen schauten sich verängstigt an und betraten zögerlich hinter Keilani und dem Hutmacher die Arena. Sie mussten sich alle an vier Ecken hinsetzen und sich ansehen. Auf jedem Tisch lagen vor ihnen diverse unterschiedliche Waffen. Die erste Ecke erleuchtete und eine der Damen saß da. Sie erschrak sich und wurde ganz blass.
,,M-M-Mein Name ist... ist M-M-Mara. Ich komme aus Tokio, bin dort geboren und aufgewachsen. Ich war eine Einserschülerin bis... mir jemand meinen Platz stahl. Ihr Name war Hymari. Sie... Sie hat mit den Lehrern geschlafen, um an ihre Noten zu kommen! Und da habe ich-" Weiter konnte sie nicht erzählen, da durchfuhr sie bereits ein roter Laser. Keilani biss auf ihre Lippe.
,,Klar. Mara bedeutet im Buddhismus Unglück und Tod. Autsch. Da muss sie wohl gelogen haben."
Ihre Freundin begann jämmerlich zu weinen, als das Licht auf sie überging. Nun war ihre Geschichte dran. Weinend berichtete sie gleichermaßen von Maras Lüge:,, Sie hat gelogen... Sie hat gelogen! Hymari hat niemals mit den Lehrern geschlafen. Das war ein Gerücht, welches wir in die Welt gesetzt haben! Wir haben sie dadurch in den Selbstmord getrieben..." Plötzlich erschien auf einer Leinwand, die von einem Projektor bestrahlt wurde ein Video. Es war ein kleiner Junge, vielleicht 4 Jahre alt, der weinend versuchte sich vor den Schlägen zu schützen. Die Kamera fuhr auf die lachende Mara, die immer weiter auf den Jungen eintrat und ihn schlug. Hinter der Kamera verbarg sich das andere Mädchen, welches schwer atmend schrie:,, Das... Das... Der Junge-!" Schnell hielt sie inne und blickte auf die tote Mara. Würde sie lügen, erwartete sie das gleiche Schicksal. Keilani packte die grenzenlose Wut, als sie den Jungen erkannte. Es war ihr Neffe Naoki. Er wurde in einer Gasse ermordet und misshandelt aufgefunden. Ihre Schwester Reyna nahm sich daraufhin das Leben, da sie mit dem Verlust nicht umgehen konnte. Was ein Zufall, dass sie endlich den Mörder ihres Neffen traf und das Spiel ihr die Wahrheit präsentierte.
,,Der Junge... war in der Gasse spielen und Mara kam auf die Idee ihn zu verprügeln. Ich tat es ihr gleich und filmte das ganze, doch dann... ritt mich etwas der Wahnsinn und ich..."
,,Du... was?!", spuckte Keilani ihr entgegen. Das Feuer in ihren Augen ließ auch den Hutmacher nicht unbeeindruckt.
,,Ich... habe ihn missbraucht...", weinte sie bitterlich und flehte um Gnade. Keilanis Innereien schienen stehen zubleiben. Ihre Kehle schnürte sich zu, ihre Atmung blieb stehen. Sie waren Kinderschänder und Mörder. Wie konnten 15-Jährige Kids derartige Taten vollbringen? Selbst der Hutmacher hatte mit dieser Geschichte zu beißen.
,,Ich habe ihn missbraucht und damit er mich nicht verraten konnte, habe ich ihn erwürgt."
Der letzte Satz war weniger unter Tränen oder Angst. Sie wurde ruhiger und schrie in den Saal:,, Ist es das, was ihr wolltet?! Hm?! Wolltet ihr mich an meiner Vergangenheit leiden sehen? Da habt ihr es! Ich habe gestanden!"
Da sie kein Laser durchfuhr, musste sie die Wahrheit gesagt haben. Ihre 15 Minuten waren um und der Projektor fuhr auf ein anderes Bild. Es war Keilani einmal in ihrer Anwaltskleidung und anschließend in Gefängniskleidung. Der Hutmacher sog laut die Luft ein. Zuletzt erschien ein Bild von einem Mann mit Narben im Gesicht, einem widerlich gelben Gebiss und dreckiger Glatze. Auf Keilani wurde das Licht gerichtet. Noch bevor sie beginnen konnte und die Wut am Mord ihres Neffen verarbeitet hatte, schrie die Kinderschänderin:,, Das war mein Mann. Was hast du mit meinem Mann zutun?"
Der Hutmacher weckte Keilani aus ihren Gedanken:,, Hey. Du musst erzählen."
Sie starrte auf die Waffen vor ihr, denn sie konnte ihrem Vergewaltiger nicht mehr ins Gesicht schauen.
,,2017 wurde ich in meiner eigenen Wohnung von meinem Stalker... vergewaltigt. Das war dieser Mann. Als ich damit vor Gericht kam, wurde er aufgrund großen Einflusses in die Gesellschaft freigesprochen."
,,DU warst diese lügende Frau???", schrie das Mädchen von gegenüber, die Keilani als viel zu jung für diesen Mann einschätzte. Da spielte wohl Geld eine große Rolle.
,,Ich habe nicht gelogen. Er hat mich vergewaltigt und ist davon gekommen. Ich studierte Jura, um ein weiteres Verfahren einzuleiten, aber die Justiz erlaubt mir keine zweite Anklage wegen des gleichen Falles, sodass er weiterhin frei blieb. Ich habe 2 Jahre gebraucht, um ihn allein aufzuspüren und... dann habe ich das getan, was sonst niemand bereit war zutun. Ich habe diesen Mistkerl umgebracht. Schmerzhaft und langsam. Das letzte was er sah, war mein Gesicht. Er sollte es sich einprägen für das Jenseits."
,,Du Hure!", schrie die Frau aufgebracht. Keilani lächelte nur. Sie empfand ihre Tat nie als fürchterlich, wie man sie vor Gericht versuchte zu beschreiben.
,,Zuvor war ich Anwältin und kämpfte für die Gerechtigkeit. Als ich den geringen Erfolg damit nicht sah, musste ich etwas tun. Letztendlich wurde ich für lebenslängliche Haft verurteilt und weitere 17 Jahre. Diese Strafe nahm ich gern entgegen. Ich hatte eh niemanden mehr, für den ich kämpfen musste. Für mich hatte ich gekämpft und mein gewollten Ziel erreicht. Dieser ekelhafte Dreck war beseitigt."
Die Frau von gegenüber ergriff die Waffe und feuerte ohne zu zögern auf Keilani. Selbst nach des Hutmachers erschreckende Rufe, konnte sich Keilani nicht mehr vor der Kugel retten. Sie traf sie mitten in der Brust, nicht weit vom Herz entfernt. Glück konnte man wohl nicht genug haben. Schmerz verzogen fiel sie vom Stuhl. Die Frau trat mit der Waffe näher:,, Du hast meinen Mann ermordet, du Miststück!"
,,Und du hast meinen Neffen vergewaltigt. Kinderschänder sollten noch viel weniger überleben dürfen." Keilani ergriff auch ihre Waffe und schoss ihr direkt in den Kopf. Sie fiel tot um. Der Hutmacher stieg zu Keilani und wollte ihr helfen, als er jedoch von anderen Bildern aufgehalten wurde. Wie verzaubert starrte er die Bilder an und konnte wohl einige Tränen nicht verkneifen. Da Keilanis Schmerzen zunehmend verstärkt wurden und sie nicht mehr lange die Kraft hatte auf sie Wunde zu drücken, konnte sie auch die Worte vom Hutmacher nicht wirklich hören, weder die Bilder sehen. Der Tisch versperrte ihr die Sicht. Auch ihre Sicht verschwamm immer mehr, bis sie letztendlich nur noch die Worte "Gratulation. Wir haben zwei Sieger" wahrnahm und sich erschöpft zurückfallen ließ. Der Hutmacher senkte sich zu ihr hinab und flüsterte ihr zu:,, Halt still. Ich hol dich hier raus. Danke Keilani. Danke für alles. Wenn du aufwachst, werde ich nicht mehr da sein. Der größte Verrat wird leider von mir begangen. Das tut mir leid."
Keilani konnte nicht mehr antworten und fiel in eine gefährliche Bewusstlosigkeit.

Der Mann, der für mich mordetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt