Kapitel 1 - eine Pechsträhne

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"Ist es nicht offensichtlich, dass er dich ausnutzt?"

Der Raum um mich wird plötzlich unheimlich Still, als mir mein Kommentar herausplatzte. Nanu? Hat es keiner so gesehen wie ich? Bin ich die Einzige mit dieser Meinung?

"Was hast du gesagt?", fragt Megan, welche Hals über Kopf in ihren neuen Freund verliebt ist. "Du glaubst, ich bin so dumm und lasse mich ausnutzen, Reader?"

Wie bitte..?

"Das habe ich doch gar nicht behauptet!", verteidige ich mich, als ich spüre wie mein Körper vor Entsetzen aufbrodelt. 

Dann meldet sich Jessica zu Wort, welche Megan nur so unterstützt, dann Fiona und zum Schluss Julie. Alle überstimmen mich gnadenlos und das Theater bricht aus: eine Beleidigung da und viele böse Blicke hier. Die Übernachtungsparty auf die ich mich so sehr gefreut habe, stellt sich zu einer Katastrophe heraus. 

Langsam aber sicher versperren mir große dicke Wassertropfen meine Sicht, als ich von meinen eigentlichen Freunden verbal fertiggemacht werde. Warum eigentlich? Ich war doch immer nett, hab sie bei allem unterstützt. Klar, es kam oft so rüber, als würden sie mich ausgrenzen, aber ich habe mir doch soviel Mühe gegeben, dazu zu gehören! Waren meine Anstrengungen nicht genug? 

"Raus mit dir Reader! Ich will deine hässliche Fratze nicht mehr sehen. Ich hab dich lange genug ertragen aber nun ist Schluss! GOTT! Ich hab dich so satt!"

Und dann fließt die erste Träne über meine Wangen und anschließend die Nächste. Wie auf Autopilot bewegen mich meine Füße langsam aus dem Haus. Das Gelächter im Haus ist noch immer zu hören, als ich die Tür hinter mir schließe.  

Warum tut es so weh!?

Warum sollte ich hier vor deren Tür sitzen und im dunklen, Still und Heimlich vor mir hin heulen? Sollte ich nicht froh sein? Meine Bemühungen waren eh um sonst gewesen. Es ist endlich vorbei! Hör auf zu weinen! Sei stark! Du findest bessere Freunde.

Doch egal wie gut sich die motivierende Worte an mich selbst anhören, hört dieses Stichen im Herzen und dieses überwältigende Gefühl von Trauer nicht auf. Erst als ich mehrere Männerstimmen paar Blöcke weiter höre, hört alles in mir auf. 

Meine Augen weiten sich, als ich gerade erst richtig realisiere, wie spät es ist und wie gefährlich es für mich ist, hier alleine zu hocken. Mein Herz fängt an rapide gegen meinen Brustkorb zu hämmern, als sich die Gruppe von Männern in meine Sicht bannt.

Scheiße!!!

Ohne weiter drüber nachzudenken, laufe ich. 

Lauf, Reader, lauf! 

Mutter meinte immer, dass man nie ein Buch nach seinem Umschlag beurteilen sollte, doch was kann ich dafür, wenn meine Moral von meinem Instinkt überschattet wird? Diese Typen hinter mir, wie sie lachen und rufen, sind definitiv nichts gutes.

"Süße! Wohin so eilig?" 

"Mit dem Minirock so alleine unterwegs? Da darf sie sich nicht wundern, wenn wir Kontrolle verlieren."

Wieder Gelächter. Wieder ein Gang schneller. Wieder werden die Stimmen lauter. 

Hilfe!

Als ich um die Ecke gehe, kommt mir eine Person ins Blickfeld: schwarzer Hoodie, schwarze Jogginghose, rote Schuhe.  Sollte ich sie mit meinen Problemen zur Last fallen?

Normalerweise würde ich es nicht machen, doch als ich mich Umentscheiden möchte, finde ich mich schon vor der Person wieder, meine Hand auf ihrer Schulter und die um Hilfe bittende Worte prasseln aus meinem Mund heraus.

"Bitte hilf mir. Da sind so Fremde Leute hinter mir her und ich bekomme sie irgendwie nicht abgeschüttelt."

In meinen Augenwinkeln bilden sich wieder große, schwere Wassertropfen, die drohen mein Gesicht hinunter zu fließen, als ich die Männer in der Ferne pfeifen höre. Der Fremde vor mir bleibt still, als er seine Hand zu seinem Hals führt und dran kratzt.

"Sieh zu wie du mit deinen Problemen alleine zurecht kommst und belästige nicht andere Leute. Ich hab genug um die Ohren und da fehlt es mir noch, einer Schlampe wie dir helfen.", antwortet er, seine Stimme rau mit genervtem Unterton. Dann schlägt er meine Hand weg und läuft weiter.

Und dann rollen sie doch runter - die Tränen, welche ich versucht habe zu bekämpfen. Was habe ich getan, dass ich heute so ein Pech habe? 

"Bitte! Mein Tag ist schon schlecht genug. Ich zahl es dir auch irgendwie zurück, versprochen!", rufe ich ihm hinterher. Und dann tauchen schon die Männer hinter mir auf.

"Na Püppchen? Belästigst jetzt andere Leute? Komm her und wir versprechen dir, dass es schnell wird.", sagt einer und die anderen Lachen. Mehrere von ihnen haben Bierflaschen in der Hand oder andere alkoholische Getränke. 

"Und du dahinten, du Weirdo, hast nichts gesehen, ja?"

Panisch schenke ich der Gruppe einen letzten Blick bevor ich meine Energie sammle und an Tomura vorbei sprinte.

...

...

....

So der Plan, doch der Fremde hält mich an meinem Arm fest. Sein Griff ist stark und dass obwohl er einen Finger in der Luft hält. Als ich ihn verwundert anschauen möchte, blicke ich in seine blutroten Augen wobei das Rechte von einer Narbe verziert ist.  Um sie herum hat er Falten und seine Lippen sind trocken, gerissen und tragen an der linken Seite ebenfalls eine Narbe. Aus seiner Kapuze hängen seine hellblauen Haare heraus. Würde er mich nicht so angepisst anschauen, würde ich denken, dass er trotz seinen Hauptproblemen, ziemlich hübsch ist. 

"Leute in Gruppen neigen dazu eine große Fresse zu haben. Dabei sind sie alleine nichts weiter als streunende Köter, die nach Aufmerksamkeit betteln. Soll ich demonstrieren, wo ihr eigentlich steht?", sagt er, als er sein Kopf zu der Gruppe von Männern dreht. "Hmm? Klingt doch gut, oder?"

Nun fängt er an böse vor sich hin zu grinsen, während die Männer wieder vor sich hin gackern und kichern. 

Was ein komischer Typ...

"Was willst du Lauch schon machen?", fragt der Eine, während er sich am Bauch hält, doch es dauert nicht lange, bis sein Lachen in Geschrei ausbricht und sein ganzer Körper zu Asche zerfällt. 

Dann wird es Still und alles was ich höre ist mein Herz, welches kräftig in mir pumpt. Ich reibe mir meine Augen um sicherzustellen, dass der Typ ihn mit einer Berührung umgebracht hat. Ich habe kurz zweimal geblinzelt und schon war der Fremde nicht mehr an meiner Seite sondern neben der Gruppe. 

"Ey! Ganz ruhig! Wir wollten ja gar unter deine Haut!", versucht der Eine die Situation gut zu reden, doch zerfällt dann ebenfalls zu Asche. 

"Will noch einer?", fragt der Mann mit der tödlichen Quirk. Sein Grinsen und sein in Mordlust getränkter Blick  hat während dem ganzem Szenarium nicht einmal sein Gesicht verlassen. Die Männer antworten ihm gar nicht mehr und rennen davon. 


𝐎𝐛𝐬𝐞𝐬𝐬𝐢𝐨𝐧 (yandere Shigaraki x reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt