2: Babysitter

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Am nächsten Tag hatte Hanji sich schon früh zurecht gemacht und ging den Gang entlang zu Channas Zimmer. Kurz davor blieb sie abrupt stehen. Levi hatte sich an die Wand gelehnt und starrte dabei wie in Trance aus dem Fenster.
Sie stellte sich vor ihn und beugte sich zu ihm herunter.
"Levi? Alles klar?"
"Geh mir aus dem Licht, Brillenschlange! Ich beobachte Kadett Jäger. Der heckt schon wieder irgendwas aus.", brummte er und sie drehte sich zum Fenster um.
"Sag Mal, wie weit siehst du denn eigentlich? Ich kann da gar nichts erkennen.", murmelte sie und kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.
"Ich bin ja auch nicht blind wie eine Kanalratte."
"Oi, Levi!"
"Guten Morgen, ihr Beiden."
Beide drehten sich zu der Stimme um und sahen Channa vor sich stehen.
Sie trug ein schlichtes, weißes Kleid und ließ ihre Haare offen auf die Schultern fallend.
"Channa!"
Hanji kam auf sie zu und legte ihre Hände auf ihre Schultern.
"Wohin des Weges?", fragte die Frau mit der Brille verwundert.
"Ich habe Stimmen von draußen gehört und wollte nach sehen."
Levi sah sie eindringlich an.
"Ich gehe gleich zurück in mein Zimmer. Keine Sorge.", sagte sie, an den Hauptgefreiten gewandt.
"Mach was du willst, bin doch nicht dein Kindermädchen."
"Aber aber Levi, sei nicht so schnippisch. Channa, Liebes, geh und leg dich wieder hin. Levi bringt dir später etwas zu Essen!"
"Wie bitte?!"
Doch noch bevor er mehr sagen konnte, hatte Hanji das Mädchen ins Zimmer gedrückt und hinter ihr die Türe verschlossen.
"Brillenschlange, ich hab genug Dinge zu erledigen. Bring du ihr das Essen.", forderte er.
"Wir beide sind dazu angeordnet worden, uns um sie zu kümmern. Ich habe mir da auch schon einen Plan zurecht gelegt. Ich bringe ihr in der Früh das Essen und du am Abend, zur Mittagszeit sind wir beide zu beschäftigt, da sollte es ein Kadett für uns tun. Das sind wir Erwin schuldig!", sagte Hanji bestimmend und verschränkte die Arme.
"Tsk, hab ich da auch mit zu reden?"
"Nein."
Mit diesem Satz verließ sie ihn, ohne eine Antwort abzuwarten.
"Idiotisches vier-Auge.", murmelte er vor sich hin und ging dann wutentbrannt den Gang entlang.
Auf dem Gang kamen ihm Armin und Eren entgegen.
Armin flüsterte Eren zu: "Der Hauptgefreite sieht heute sehr mordlustig aus. Wir sollten ihm aus dem Weg gehen."
"Wer war eigentlich diese Frau vor dem Zimmer? Kanntest du sie?", fragte Eren.
"Sie kommt mir bekannt vor, aber woher?"
"Weil sie die Schwester von Erwin ist!"
Plötzlich stand Hanji neben den Beiden, was sie vor Schreck zusammenfahren ließ.
"Woah, Teamleitung Hanji! Du hast uns erschreckt!", sagte Eren und fasste sich dabei an die Brust.
"Erwin hat eine Schwester?", fragte Armin erstaunt und Hanji nickte nur lächelnd.
"Channa ist ihr Name!", sagte sie, fast schon stolz.
"Seit wann ist sie hier?"
Die drei setzten sich in Bewegung und gingen den langen Gang entlang, um zum Speisesaal zu gelangen. Hanji sah sich kurz um, um sich sicher zu sein, dass Levi nicht in der Nähe war, dann sagte sie: "Sie ist vor kurzem hier her gekommen. Levi und ich sind dafür verantwortlich uns um sie zu kümmern."
"Wird sie auch Soldatin, wie wir?", fragte Eren erstaunt und Hanji schüttelte den Kopf.
"Nein, wahrscheinlich nicht. Sie soll sehr krank sein. Welche Krankheit sie hat, ist uns unbekannt."
Armin und Eren sahen sich kurz an, dann sagte Armin: "Sie sollte doch lieber in ein Krankenhaus, wenn sie so krank ist. Das hier ist nicht der richtige Ort für sowas."
Eren nickte zustimmend.
"Ich denke Erwin möchte einfach für seine Schwester da sein. Das ist so rührend!", Hanji sah verträumt in der Gegend herum und seufzte laut.
Schon bald hatten sie den Speisesaal erreicht und dort trennten sich ihre Wege. Eren und Armin gingen geradewegs auf den Tisch von Mikasa und Sascha zu, während Hanji sich zu Levi setzte.
Der ganze Raum füllte sich mehr und mehr und alle aßen ihre Suppe. Der Tisch von Eren und Co. war in das spannende Gespräch von der mysteriösen 'Channa' vertieft. Alle waren erstaunt zu erfahren, dass Erwin eine Schwester hatte und dass sie sich in dem Hq vor den Anderen verbarg.
"Das ist ja ein Ding. Habt ihr sie gesehen? Wie sah sie aus?", fragte Connie gespannt. Eren setzte eine angestrengte Miene auf und sagte dann: "Ich muss zugeben, dass ich sie nur flüchtig gesehen habe. Ich hab nur die langen blonden Haare wahrgenommen."
"Tsk, das ist ja klar. Dass sie blond ist, hätte ich auch so gewusst.", sagte Jean schnippisch und verschränkte die Arme genervt vor der Brust.
"Ich glaube sie sah sehr blass aus. Ihre Haut wirkte sehr fahl.", fügte Armin hinzu und rührte dabei in seiner Suppe herum.
"Wenn ihr sagt, dass sie krank ist, macht das Sinn.", noch bevor jemand auf Connies Satz etwas sagen konnte, schob sich die Tür zum Speisesaal vorsichtig auf. Als die Figur durch die Tür hindurch schritt, wanderten die Augen der paar Kadetten an Erens Tisch sofort zu ihr.
"Das ist sie!", sagte Eren aufgeregt und alle musterten sie neugierig.
Jeans Augen weiteten sich und er stand ruckartig von seinem Platz auf.
"Was für ein Engel!", hauchte er, doch Connie zog ihn wieder nach unten zur Bank.
"Sie ist wirklich sehr schön. Hat überhaupt keine Ähnlichkeit zu Erwin.", bemerkte Sascha und schob sich ein Stück Brot in den Mund.
Channa stand kurz in der Tür und ließ ihre Augen über den Saal schweifen, als sie Levi und Hanji sah ging sie auf ihren Tisch zu. Als Hanji sie bemerkte schrie sie ihr entgegen: "Channa, Liebes! Setz dich doch zu uns!" und winkte ihr Enthusiastisch zu. Levi hob seinen Blick von seinem Teller und sah sie eindringlich an. Dann sagte er in seiner kühlen Art: "Hatte man dir nicht gesagt du sollst auf deinem Zimmer bleiben?"
Sie setzte sich neben Hanji und diese schob ihr einen Teller Suppe vor.
"Das stimmt. Aber ich möchte nicht in meinem Zimmer bleiben.", sagte sie bestimmt und brach sich ein Stück vom Brot ab.
"Du machst es wohl den Menschen die dir helfen wollen gerne schwer?", sagte er zynisch, wobei er nur einen empörten Blick von Hanji erntete.
"Es tut mir leid, dass Sie das so sehen. Aber Sie haben natürlich recht. Ich möchte Ihnen nicht zu lange zur Last fallen, deshalb wollte ich bitten, von Ihnen eine Aufgabe angewiesen zu bekommen."
Hanji legte einen Arm um sie und sagte dann freundlich: "Liebste Channa, also erstmal nennst du uns bitte beim Vornamen und zweitens bist du unser Gast, du musst nicht für uns arbeiten!"
Levi trank einen Schluck seines Tees und setzte ihn dann laut wieder auf dem Tisch ab.
"Wie solltest du uns helfen können? Wir haben genug Helfer. Geh einfach auf dein Zimmer und falle uns nicht weiter zur Last."
Noch bevor er weiter reden konnte, hatte Hanji ihm einen kräftigen Tritt gegen das Schienbein verabreicht, wodurch er nur kurz zusammen zuckte und sie dann bedrohlich anfunkelte.
"Hör nicht auf den alten Griesgram. Natürlich kannst du uns helfen! Wir brauchen immer eine Hand bei den Ställen!"
"Moment Mal! Du willst sie in die Ställe lassen?"
"Ja, das will ich und das werde ich. Wenn dir das nicht passt, rede mit Erwin."
Hanji grinste Levi frech an, während der nur weiter an seinem Tee nibbte.
"Ich möchte nicht, dass ihr euch wegen mir streitet.", sagte Channa, um die Situation zu entspannen, dann richtete sie sich an den Hauptgefreiten.
"Levi."
Er sah zu ihr auf, verzog dabei aber keine Miene.
"Ich möchte euch wenigstens etwas behilflich sein, als Wiedergutmachung. Bitte."
"Tch, tu was du nicht lassen kannst.", antwortete er trocken und stand auf, um zu gehen.
"Danke!", rief sie ihm noch hinterher, doch er reagierte nicht mehr.
"Ist er immer so?", fragte sie, an Hanji gerichtet.
"Jup jup, schon seit dem ersten Tag. Levi kann man nicht ändern. Er ist und bleibt ein verbitterter, alter Mann.", sagte sie und stand jetzt auch auf.
Channa seufzte und starrte auf ihr unberührtes Essen.

Just one reason to live //Levi Ackermann Ff\\Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt