CAPÍTULO 11

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ALEJA
Esposito

,,Mamá!", rief ich und stürmte in das offene Krankenzimmer, doch das Einzige, was ich sah, war die Krankenschwester. Sie bezog das Bett neu, weshalb meine Augen größer wurden.
,,Wo ist sie?", nun fiel die Aufmerksamkeit der Mitarbeiterin auf mich, und sie neigte verwirrt den Kopf zur Seite. War hier denn jeder uninformiert?

,,María Esposito, das war ihr Zimmer." Auffordernd blickte ich sie an, als sie ihre Augenbrauen wissend hob. ,,Mrs. Esposito wurde vor Kurzem in die Intensivstation gebracht.", erklärte sie mir, und ich nickte verstehend. Ihr Krebs wurde schlimmer, Tag für Tag wurde er mächtiger, und ich hatte nicht die nötigen Ressourcen, um ihr den Sieg gegen ihn zu ermöglichen. Jahrelang hatte sie mich allein großgezogen, und jetzt, wo es an der Zeit war ihr zu helfen, versag ich darin.

Als ich die Türklinke hinter mir hörte, und kurz darauf Menschenstimmen erklangen, blickte ich nach hinten, und sah eine junge Frau mit ihrem Freund. Ihr Kopf war mit einem Kopftuch bedeckt worden, und da das eine Krebsstation war, vermutete ich, dass der Krebs auch Jagd auf sie gemacht hatte, auf diese junge Seele.
Dass ihr Freund, oder Ehemann, weiterhin an ihrer Seite blieb, und ihr behutsam über die Hand strich, war selbstverständlich, und doch so selten heutzutage.

Starr drehte ich mich wieder zur Krankenschwester. ,,Und in welchem Raum liegt sie jetzt?", fragte ich, und sah wie sie sich beeilte das Bett für die nächste Patientin vorzubereiten. ,,Ich glaube Raum 86.", teilte sie mir angestrengt mit. Ich blicke noch einmal durch den Raum, ehe ich die Türklinke in die Hand nahm, und aus dem Raum eilte.

Ich stieg in den Fahrstuhl, und fuhr runter in die Intensivstation. Kurze Zeit später fand ich mich auf dem Gang wieder, wo mir vereinzelt ältere und jüngere Patienten entgegen kamen. Ich blicke auf die Türschilder. 81, ... 82, ... 83, ... 84, ... 85, ... 86

Ich griff zur Türklinke, und öffnete langsam die Tür für den Fall, dass sie schlief. Stille herrschte im Raum, als ich langsam zu ihrem Bett ging, und ihr Gesicht beobachtete. Mehrere Kabel waren an ihrem Körper gebunden, und an der Herz-Kreislauf Maschine sah ich, dass ihr Puls ruhig und langsam war. Ich blickte in ihr schlafendes Gesicht und fühlte mich so schuldig, dass ich sie nicht früher von dieser Qual und dem Elend in diesen vier Wänden befreien konnte.

Wozu hatte sie das verdient?
Wozu hatte ich das verdient?

Hatten wir nicht genug Leid und Qual erlitten?, fragte ich seit kleinauf und betete wütend zu Gott. Ich wurde in eine sehr christliche Familie geboren, das zeigte auch das Kreuz meiner Mutter, welches an der Wand neben ihrem Bett hang, nie ging sie ohne diesem irgendwohin. Es war ein Geschenk von meinem Großvater. Trotzdem war ich leider nicht streng christlich und besuchte nicht jeden Sonntag die Kirche, trotzdem glaubte ich im Herzen stark an den Vater. Er war die Hoffnung meiner Mutter, als der Krebs noch im Anfangsstadium war und sie noch zuhause war, hörte ich sie nachts beten.

Mögest du, Vater, über meine Tochter ruhen, wenn ich nicht mehr da bin. Das ist mein Wunsch an dich.

Ich ging leise zu ihr und setze mich auf das Bett. Ein weißes Kopftuch hielt ihre Kopfhaut bedeckt.
Wenn ich ihr ins Gesicht blicke, ist mir dieser Anblick sogar manchmal noch erschütternd und unreal. Ich bin es gewohnt ihre schönen langen rabenschwarzen Haare, in einem Flechtzopf oder offen in Wellen zu bewundern, zu sehr vermisse ich sie auch nach einem Jahr.

Nachdem mir die Diagnose von meiner Mutter mittgeteilt wurde, stürzte ich mich noch im selben Tag ins Alkohol und in Drogen, bis ich es ihr eines Tages schreiend in den Armen offenbarte.

Du hast einen Gehirntumor, Mamá!

Doch die Worte vom Arzt nach der zweiten Behandlung ließen in mir doch noch ein wenig Hoffnung. Es besteht noch die Chance auf eine Heilung. Das war der Tag, an dem ich den Vertrag unterschrieb und darauf schwor, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass der Schwerverbrecher Leandro Santos in seiner eigenen Blutlache schwamm.
Ab dem Tag an ertrank ich von morgens bis abends im Training und bildete mich selbst für diese Tage aus.

Bis heute wartete ich auf ein Wunder, oder auf Erbarmen von Gott. Dass er mir jemanden schickt, der mir so eine Menge Geld leiht, oder der mich unterstützt.

Ich beugte mich kurz zu meiner Mamá und hauchte ihr ein Kuss auf die Wange, für mich war sie trotz der tiefen Augenringe und Falten die schönste Frau auf der Welt. Dieser Krebs hatte ihr wirklich den letzten Mut geraubt, ab da an hörte sie auf, auf sich zu achten.

Ihre Augen flatterten langsam auf, weshalb ich mich wieder aufrecht hinsetzte. ,,Mi hija.", raunte sie und ihre Hand fuhr zu meiner Wange. Man sah ihr an und man hörte es auch deutlich aus ihrer Stimme raus, dass sie keine Kraft mehr hatte, dass der Krebs langsam gewann..

,,Mamá.", flüsterte ich. ,,Wie geht es dir?", ich umarmte sie ganz kurz mit Bedacht darauf sie nicht zu verletzen. ,,Super.", log sie und zwang sich ein Grinsen auf ihre Lippen. Wäre ich denn ihre Tochter, hätte ich nicht auf Anhieb erkannt, dass das Lächeln falsch war?

,,Es tut mir so leid.", ihr Lächeln verblasste, und Tränen traten in ihre Augen. ,,Ich habe alles getan-..", unkontrolliert fing ich an zu schniefen.

Ich tat so, als wäre ich eine starke, unabhängige Frau, die niemanden braucht, aber tief im Inneren herrscht eine riesige, hoffnungslose Romantikerin, die nur aufrichtig geliebt und richtig behandelt werden möchte und das Jahr nicht verletzt überstehen muss.

,,Genau, du hast alles getan, mein Schatz. Es ist Gottes Plan, du kannst nichts dagegen tun. Der Vater will mich zu sich holen, lass ihn. Früher oder später wird er es sowieso.", traurig lächelnd fuhr sie über meine Hand, und ich sehe in ihren Augen, dass sie etwas sagen möchte.

,,Nur..", sie stoppte, und biss sich auf die Lippe.
,,Ich habe Angst, dass du keinen Mann an dich ranlässt.", ich seufzte und öffnete die Lippen, um ihr zu widersprechen, doch sie kam mir vor.
,,Mein Kind, jeder braucht seine zweite Hälfte, um das Leben und ihre Prüfungen nicht alleine zu durchstehen. Das ist die Natur.", beruhigend fuhr sie über meine Wange. Wieso verstand sie es denn nicht? Wieso verstand sie nicht, dass ich nicht heiraten wollte? Nicht wollte, dass meine Heirat genauso wurde wie die meiner Eltern.

,,Ich möchte nicht heiraten.", ich schüttelte stur den Kopf, um ihr meinen Standpunkt zu verdeutlichen. Sie seufzte. ,,So werde ich nicht in Frieden gehen können." Wut baute sich in mir auf, denn sie sprach von dem Tod, und gab sich selber das Todesurteil, obwohl doch gar nichts geschehen war.

,,Wer sagt denn, dass du unbedingt gehen wirst?", sagte ich fassungslos, und fuchtelte mit den Hände herum. Es machte mich so verdammt sauer, wenn meine Mutter darüber redete, dass sie eines Tages gehen würde. So als würde sie nicht daran glauben, dass ich das Geld aufsuchen könnte.

,,Gott wird Zeuge sein, wenn ich das Geld besorge und du deine Operation bekommst, Mamá.
Hab Vertrauen in mir und in Gottes Barmherzigkeit.", ich küsste sie zum Abschied auf die Wange, und drückte sie kurz, ehe ich aus dem Zimmer ging.

Gott wird Zeuge sein.., murmelte ich mir immer wieder zu.

Kill or Die || El León Y Su ReinaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt