1 ✧ Grimauldplatz 12.

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1. August 1995 ━━━

London, Grimauldplatz 12


»Es geht mir gut«, sprach sie in das kleine Telefon an ihrem Ohr. Der Kaffeebecher in ihrer Hand zitterte leicht, sodass die heiße Flüssigkeit überzuschwappen drohte. Gleich stellte Ember den Becher neben sich auf der Bank ab und schloss ihre Finger zur Faust.

»Hast du dich gut zurechtgefunden? London ist groß«, fragte ihre Mutter am anderen Ende der Leitung.

»Ja, ich habe alles direkt gefunden. Das U-Bahn-System ist sehr gut durchdacht«, erklärte Ember monoton. Sie atmete die warme Sommerluft tief ein und ließ den Blick über den Park schweifen, an dessen Spitze sie sich auf einer Bank niedergelassen hatte.

Er war voller Menschen, jung und alt, die auf Decken saßen, sich Bälle zuwarfen oder Hand in Hand die Wege entlang schlenderten.

Es war einer dieser Sommertage, die selbst die letzte Couchkartoffel aus der Wohnung holte, denn die Sonne war nährend und wohltuend auf der Haut, aber gleichzeitig nicht so heiß, dass man sich im Schatten verstecken musste.

»Gut, gut. Wie ist das Hotel?«

»Gemütlich, zentral.« Und das Frühstück war scheußlich, doch das wollte sie ihrer Mutter nicht erzählen, aus Angst sie würde ihr aus ihrer aktuellen Überfürsorge gleich ein Paket voller Essen zuschicken.

»Schön. Als Dad und ich Mal in London waren, hatten wir ganz schön Pech mit unserem Hotel-«

Mei lachte und begann zu erzählen, doch Ember hörte den Worten ihrer Mutter nicht zu. Ihr Blick klebte auf einem Punkt in der Ferne, irgendwo an der Skyline Londons. Irgendwo da draußen war die Winkelgasse. In die sie noch immer keinen Fuß gesetzt hatte. Denn immer, wenn sie an die Winkelgasse dachte, musste sie an ihre Unterhaltung mit... mit jemandem über den Kern von Edinburgh und die Winkelgasse zurückdenken und war schlagartig wieder in Gedanken an diesem einen Abend, der damals so viel verändert hatte. »Dieser Ort hier passt zu dir und deiner Vorstellung der Welt. Als wäre er nur für dich errichtet worden.« Welcher Ort wohl jetzt zu ihr passen würde? Die Winkelgasse?

»Ember?«

»Hm?«

»Hörst du mir noch zu?«

»Ja, klar. Du, Mum... Ich muss jetzt aber leider auflegen. Wir haben gleich dieses Treffen.«

»Oh... Okay... Na gut. Ich ruf dich morgen wieder an. Grüß Albus von uns, okay?«

»Mache ich.«

»Pass auf dich auf!«

»Werde ich.«

»Wir haben dich lieb.«

»Ich euch auch.« Mit diesen Worten legte sie auf.

Sie atmete einmal kräftig ein uns mit einem Seufzen wieder aus.

Seit man sie im vergangenen Sommer aus den Trümmern und Flammen gezogen hatte, die sie selbst entfacht hatte, und sie die restlichen Wochen bis zu den Sommerferien im Krankenflügel verbracht hatte, war ihre Mutter anstrengend gewesen. Liebevoll, fürsorglich. Aber anstrengend.

Man hatte Ember gesagt, dass es ein Glück sei, dass sie verhältnismäßig unbeschadet davongekommen war. Doch es hatte Tage gegeben, an denen sie sich fragte, ob man es wirklich ein Glück nennen konnte.

Denn das letzte Jahr war hart gewesen. Zwar hatte sie sich recht gut mit dem Unterricht und dem Trimagischen Turnier auf Hogwarts ablenken können. Doch sobald sie zu viel Zeit zum Nachdenken gehabt hatte, hatte sie alles wieder eingeholt.

· between pleasure and pain · ➼ remus lupin │ book 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt