4 ✧ Harry Potter.

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4. August 1995 ━━━
London, Grimauldplatz 12

Ember würde den beleidigten Blick nie vergessen, den Sirius den beiden jungen Frauen geschenkt hatte, als die sich wenig später fröhlich schwatzend verabschiedet hatten. Er hatte mitgewollt, hatte mehr von London sehen wollen, als dieses dunkle, traurige Loch. Doch nachdem Remus lange auf ihn eingeredet hatte und ihm versprechen musste, am Abend bei ihm zu bleiben, hatte er Vernunft walten lassen – zumindest so viel, wie es für einen Sirius Black möglich war.

Ember und Tonks hatten einen guten Abend gehabt. Tonks kannte glücklicherweise ein paar Muggle Pubs in der Nähe, von denen eine gemütliches Lokal ihr Ziel gewesen war, das Ember ein wenig an ihren alten Gemeinschaftraum erinnert hatte. Sie hatten sich gut verstanden, die Stunden waren wie im Flug vergangen und Ember hatte so einiges über die junge Frau erfahren. Sie war drei Jahre unter ihr gewesen, ihr Lieblingsfach war Verteidigung gewesen und nach der Schule hatte sie sofort ihre Ausbildung zur Aurorin begonnen. Das war jetzt vier Jahre her. Tonks hörte für ihr Leben gern Musik, am liebsten den Punk Rock der Muggel und hatte sich selbst in ihrer Jugend das Schlagzeugspielen beigebracht. Ember hatte schon herausfinden können, dass Tonks eigentlich ihr Nachname war, doch wollte sie ihr ihren Vornamen nicht verraten.

Als der Pubbesitzer sie schließlich um 23 Uhr darauf aufmerksam machte, dass er den Laden nun schließen müsse, hatten die beiden angeschwipsten Frauen sich geschworen, diesen Abend unbedingt in naher Zukunft zu wiederholen. In ihrer mugglefanatischen Naivität hatte Ember Tonks schließlich gefragt, ob sie Telefonnummern austauschen sollten – da hatte die Pinkhaarige nur herzlich gelacht, sie feste gedrückt und war anschließend mit den Worten »Ich schick dir 'ne Eule, Liebes«, ins Nichts verschwunden.

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Die nächsten beiden Tage hatte Ember mit ein wenig Sightseeing verbracht. Erst hatte sie sich den Westen der Stadt mit dem Buckingham Palace, dem Hide Park und dem Sitz des Britischen Parlamentes angesehen. Dabei hatte sie um die Straße, von der sie sicher war, dass sie sie in die Winkelgasse führen würde, einen riesigen Bogen gemacht und hatte stattdessen Muggel-London voll und ganz genossen. Am Vortag war sie schließlich im Osten der Stadt gewesen, über die Tower Bridge geschlendert und hatte sich Tickets für den Tower of London geholt. Mit der Sonne im Gesicht und ständig einem Gebäck aus einem der zahlreichen kleinen Cafés in der Hand, hatte sie es sich gutgehen lassen und versucht, ihren kleinen Urlaub zu genießen – ihren Kopf frei zu bekommen – nicht ständig daran zu denken, dass sie Remus nun vermutlich wieder öfter sehen würde – was das mit ihr machte – was das wohl mit ihm machte – ob sie es schaffen konnten, wieder normal miteinander umzugehen – ob sie aus dem Orden auch wieder austreten konnte?

Offensichtlich hatte sie nur mäßigen Erfolg dabei gehabt, Remus aus ihrem Kopf zu verbannen. Und die Eule, die sie am Abend erreicht hatte, hatte dabei auch nicht geholfen.

»4. August, Mittag«, stand darin. Mehr nicht. Doch Ember wusste genau, von wem die Eule war, wusste, was sie bedeutete und wo sie sich am 4. August zur Mittagszeit einfinden musste.

Also fuhr sie am nächsten Tag wieder mit der U-Bahn bis zur Haltestelle King's Cross, wusste diesmal direkt, welche Straße sie nun nehmen musste und stand um Punkt 12 Uhr auf der obersten Treppenstufe zum Grimmauldplatz Nummer 12, die Hand auf den Türknauf gelegt.

Sie zögerte, bevor sie eintrat. Denn Eintreten bedeutete Remus wiedersehen, da war sie sich sicher. Es bedeutete Haltung bewahren, stark bleiben, die Kontrolle bewahren. Sie atmete tief ein, dann drehte sie den Türknauf um und schob die schwarze Holztür nach innen auf.

Überrascht setzte sie den Fuß über die Schwelle, als sie von einer ganz neuen Atmosphäre in dem alten, modrigen Haus begrüßt wurde. Es wirkte heute lebhafter und heller als bei ihrem ersten Besuch. Die Lampen mussten abgestaubt worden sein und die Fenster geputzt, denn das Licht, das durch den schmalen Flur drang, war plötzlich ein ganz anderes. Laute Musik füllte außerdem das Haus, immer wieder unterbrochen von dem Geschnatter der Hausbewohner, die scheinbar gerade damit beschäftigt waren, die alten, riesigen Wandteppiche im Hausflur von Staub und Ungeziefer zu befreien.

· between pleasure and pain · ➼ remus lupin │ book 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt