Kapitel 4

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Der Wecker klingelt um halb acht. Ich gehe duschen, mache mich fertig und gehe dann mit Wednesday in die Klasse. Die Lehrerin heißt mich kurz willkommen und startet dann mit dem Unterricht über Tierwesen. Es ist unglaublich spannend und interessant. ,,Der Drache ist ein Tierwesen mit ungeheurer Kraft. Er verbreitet überall Angst und Schrecken und hat bis auf den Menschen nur wenige natürliche Feinde.“ Ich schreibe dir Fakten zu dem Drachen mit auf, vielleicht kann ich das ja gebrauchen. Ob es Drachen wirklich gibt?

,,Es gibt verschiedene Arten, zum Beispiel den-“ “Den Ungarischen Hornschwanz!“ ruft einer der Werwölfe. Viele Schüler müssen lachen, auch hier ist Harry Potter bekannt. ,,Ja genau“, die Lehrerin macht mit, ,,den Ukrainischen Eisenbauch, den Norwegischen Stachelbuckel... Okay. Genug. Nein, es gibt andere Arten.
Einmal die amerikanische Amphithere und die mexikanische Amphithere, den Europäischen Drachen, den Wyvern, den Tibetischen Drachen, den Lindwurm, den Asiatischen Lung, den Knucker, den Beuteldrachen und den Frostdrachen. Da Drachen fliegen können, fiel es ihnen leicht, die Erde zu besiedeln. Heute sind überall zu Hause und in den nächsten Wochen werden wir uns mit den Arten auseinandersetzen. Diese Woche wird es der Europäische Drache sein. Aber die Stunde ist vorbei. Packt eure Sachen ein, wir sehen uns morgen.

Die nächste Doppelstunde ist Kräuterkunde, wo verschiedene schädliche, aber auch heilende Pflanzen behandelt werden. ,,Die Ringelblume wirkt als Brei entzündungshemmend und wird auf offene Wunden aufgetragen.“ ,,Interessant, findest du nicht?“ Versuche ich ein Gespräch mit Wednesday zu beginnen. ,,Du findest es nicht wiederlich, sich einen Kräuterbrei auf eine offene Wunde zu schmieren, wie die anderen aus der Klasse es tun? Erstaunlich.“ Ich weiß nicht, wieso, aber das war verletzend. Ich werfe ihr noch einen Seitenblick zu, aber sie hat den Blick schon wieder auf die Lehrerin gerichtet und sieht es nicht. Ich lege mich mit dem Oberkörpwr auf den Tisch und lege den Kopf auf die Unterarme. Warum ist Wednesday immer so unfreundlich? Liegt es an mir? Waren meine ersten Worte zu ihr so schlecht? Habe ich sie damit verletzt?
Ich höre der Lehrerin wieder zu, aber Wednesday bleibt mir im Kopf. Bin ich ihr auf den Fuß getreten, wie man das so sagt? ,,Falls sich eine Wunde trotzdem entzündet haben sollte, träufelt man den Saft aus den Blättern der Kerbelpflanze darauf. Kerbel riecht süß, hat große, weit ausfächernde Blätter und kleine, weiße Blüten...“
Den Rest der Stunde prägen wir uns Ringelblumen und Kerbel ein, dann gehen wir in die Pause. Es beeindruckt mich sehr, wir anders hier die Fächer sind. Neben den normalen Fächern Englisch, Mathematik, Kunst und Sport gibt es auch solche interessanten Fächer wie Kräuterkunde und magische Tierwesen. Die Kurse sind auch viel besser. Neben Fechten und Bogenschießen gibt es einen Chor, einen Selbstverteidigungskurs und einen Zeichenkurs.

Nach der Pause haben wir Englisch und Mathematik, die üblichen Fächer. Danach ist der Schultag auch schon vorbei, aber ich habe beschlossen, Montags zu Fechten und Mittwochs Bogenschießen zu gehen.
Ein paar Klassenkameraden sind auch beim Fechten, Xavier, Bianca und Wednesday.
Der Lehrer erklärt mir, wie man es macht; die Bewegungen, die Haltung und der Griff. Ich passe gut auf, denn Fechten interessiert mich wirklich und ich möchte möglichst gut darin sein. Zunächst übe ich mit Marcel, einem dunkelhaarigen Jungen. Er kämpft gut, das merke ich sofort. Gnadenlos schlägt er auf mich ein. Schließlich stolpere ich und liege am Boden. Die Spitze seines Fechtschwerts ruht auf meiner Brust. Während er mich erhaben anlächelt, funkele ich ihn wütend an. Das wird er bereuen. Während der Lehrer “Punkt für Marcel" sagt, stehe ich auf und attakiere ihn. Dieses Mal bin ich gnadenlos, ich weiche seinen guten Schlägen aus und dann... berührt meine Klinge ihn. Ich habe einen Punkt erzielt! ,,Punkt für y/n. Letzte Runde.“ Wir stellen uns in die Ausgangsposition. Ich will warten, was er macht.
Er greift von der Seite an, ich weiche aus und will ihn am Rücken treffen, aber er ist zu schnell: Unsere Klingen prallen aneinander und es fühlt sich an wie ein Schwertkampf auf Leben und Tod. Ich bin nur noch nicht bereit, abzutreten! Mehrmals weiche aus, Versuche, ihn zu treffen, aber er pariert. Mit einer Drehung will er mir ausweichen, aber ich sehe eine Change und steche ihm in den Rücken. Ich stelle mir vor, wie sich die Klinge tief hineinbohrt und er leidend verblutet. Ich könnte lachen. Er landet auf dem Bauch. ,,y/n hat gewonnen. Gut gemacht!“ sagt der Lehrer. ,,Danke.“ Marcel reicht mir die Hand. ,,Gut gekämpft. Darf ich um eine Revanche bitten?“ ,,Aber klar doch!“ grinse ich. Wir kämpfen erneut, aber dieses Mal gewinnt er endgültig und dann ist die Stunde auch vorbei.
Wednesday und ich gehen zusammen in unser Zimmer, aber wir unterhalten uns nicht. Eine bedrückende Stille liegt zwischen uns. Im Zimmer gehen wir beide an unsere Schreibtische. Sie schreibt, ich zeichne.
Das Bild ist gegen 15 Uhr fertig, dann fange ich mit den Hausaufgaben an und lese etwas über den Europäischen Drachen. Bei den Mathehausaufgaben sitze ich aber dann gelangweilt am Schreibtisch. Ich verstehe die Aufgabe und alles ja, aber bei Mathe drifte ich immer ab. Gähnend stütze ich den Kopf an der Hand ab und schwinge den Blaustift in der anderen Hand hin und her. Meine Gedanken schweifen wieder ab. Ich habe Wednesday beim Fechten ab und zu beobachtet. Sie ist wirklich gut. Unschlagbar.   So gut will ich auch werden. Vielleicht kann ich sie ja eines Tages besiegen, dieses unnahbare, kühle Mädchen. Wednesday hat eine interessante Persönlichkeit, das muss ich ihr lassen. Ihre kühle, distanzierte Art hält einen auf Abstand, aber sie tut es so, dass ich unbedingt mehr über sie erfahren will. Sie schreibt ja einen Roman. Vielleicht kann ich ihn mir irgendwann ja einmal anschauen. Ich kann mir vorstellen, dass sie es kaum gutheißen wird, also muss es wohl heimlich sein. Ich könnte das schaffen.
Zurück zu den Hausaufgaben! Die Ergebnisse sind schnell aufgeschrieben und den Rest des Tages lese ich ein Buch, welches ich von Zuhause mitgebracht habe.

"I see black" - Wednesday × fem. ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt