Kapitel 17

399 35 5
                                    

Gleißendes Licht blendet meine geschlossenen Augen und im Halbwachen Zustand drehe ich mich von der Sonne weg und drücke mein halbes Gesicht ins Kissen. Ich spüre meinen Herzschlag. Er ist beruhigend langsam und mit meinem Atemzügen hebt und senkt sich das Kissen gleichmäßig.
Einen Moment mal! Ein Kissen kann das doch nicht ...
Verwirrt öffne ich die Augen. Ein schwarzes T-Shirt liegt unter mir und hebt und senkt sich langsam. Stimmt, da war ja etwas ... Ich bin gestern auf Wednesday eingeschlafen. Nein, nein, nein. Das kann gar nicht. Sie würde es nicht zulassen, sie hasst Körperkontakt. Dann unterbricht mich das Pochen meines Kopfes. Ich bin enttäuscht, dass ich immer noch Schmerzen habe. Ich hatte gehofft, dass ich über Nacht wieder genese. Aber anscheinend nicht.

Ich stehe auf und mache mich fertig. Wednesday wird einen guten Grund gehabt haben. Einen wirklich, wirklich guten Grund ...

Beim Frühstück mit der Klasse taucht Wednesday dann auch auf und setzt sich zwischen Enid und mich. Es fällt anscheinend niemandem auf, dass ich nichts esse. Ich habe einfach keinen Hunger. Mir ist sogar ziemlich schlecht.
,,Wenn es nicht besser wird, Y/n, dann können wir gerne rausgehen,“ meint Wednesday neben mir plötzlich seelenruhig. Überrascht schaue ich sie an und vergesse für einen Moment meine Übelkeit. Nur einen Moment, dann kehrt sie wieder. ,,Bitte ...“ sage ich dann ohne jeglichen Zusammenhang und frage mich, wofür das war. Anstatt zu sagen: ,,Ja bitte, ich fühle mich furchtbar,“ kommt: "Bitte." Sehr gut.

Aber Wednesday steht auf und kurze Zeit später laufen wir durch einen nahegelegenen ruhigen Park und setzen uns auf eine Bank im Schatten.

,,Danke“, sage ich dann leise. Danke, dass du jetzt für mich da bist, mich akzeptierst und wir irgendwie miteinander klarkommen. Sie schweigt, aber das ist okay.

Es vergehen einige Minuten, in denen meine Kopfschmerzen nicht besser werden und dann entscheiden wir uns dazu, zurückzugehen. Das hat doch alles keinen Zweck.

Doch als wir auf einer relativ belebten Straße ankommen, brechen die Kopfschmerzen aus. Mein Kopf explodiert förmlich, mir wird schlecht. Eine reine Tortur. Jemand schreit, es könnte ich sein. Sicher bin ich nicht. Höllische Schmerzen nehmen mir die Sicht und ich spüre nicht, wie ich mich am Boden krümme.  Jemand spricht mit fester Stimme auf mich ein, aber ich kann nichts verstehen. Wimmernd warte ich darauf, dass die Qual aufhört.

Dann ist alles vorbei, genauso schnell, wie es angefangen hat. Doch als ich aufstehe und die Augen öffne, bin ich kein Mensch. Ich bin auch kein Wolf, oder Pferd oder ein Panther oder ein anderes Tier. Rauch kräuselt sich um massive Hörner, ein Knurren dröhnt aus meiner Kehle und ich bin so groß wie die Hochhäuser. Gewaltige, fledermausähnliche Flügel liegen an meinem Körper, ich stehe auf vier starken Beinen, die in langen Klauen enden. Der Boden hat dort, wo meine Pranken sind, tiefe Risse und meine scharfen Augen erkennen alles in Kilometern Entfernung haargenau. Ich bin ein riesiger Drache! Dann sehe ich, wie ein dunkel gekleideter Mensch sein Gleichgewicht zu halten versucht. Vorsichtig hebe ich eine Klaue und gebe ihr mit einer Kralle etwas halt. Als sie still steht und mich ansieht, kann ich genau das stolze Lächeln auf ihrem Gesicht erkennen. Dann zerreißt ein Schrei die Luft. Und viele weitere folgen. Panische Menschen flüchten in Häuser und Autos ändern in rasendem Tempo die Richtung.

Hier kann ich nicht bleiben. Und Wednesday auch nicht. Behutsam nehme ich sie mit einer Tatze und öffne die gigantischen Flügel. Mit einem einzigen Satz bin ich in der Luft. Mein Langer Schwanz peitscht ein Hochhaus und der Wind, der bei den Flügelschlägen entsteht, entwurzelt fast einige in der Nähe stehende Bäume. Dann bin ich in der Luft und schwebe über dem verwüsteten Stadtteil.

Das war ich ... Das zerstörte Hochhaus, der Autounfall dort drüben und die kreischenden Menschen... Es ist alles meine Schuld. ,,Y/N!“ ruft Wednesday. Ich halte meine Hand nah vors Gesicht. Wednesday ist wirklich winzig. Wednesday berührt mit beiden Händen vorsichtig meine Schnauze. Ein Blitz zuckt bis in die letzte Schwanzschuppe. Dann streicht sie sanft über meine Schuppen. Aus Versehen blase ich ihr eine Rauchwolke ins Gesicht und sie wedelt ihn mit der Hand weg. Kurz schaut sie mich tadelnd an und ich schenke ihr einen etwas hilflosen Blick. Doch als sie nach Luft schnappt, bin ich verwirrt. Hier ist doch frische Luft ...

Ein Flugzeug fliegt unter mir entlang und in dem Moment verstehe ich. Ich kann in viel höheren Lüften noch gut atmen, während die Menschen schon keine Luft mehr bekommen.
Schnell wieder Wind presche ich auf die Erde zu, bremse stark und lande so vorsichtig wie es geht. Trotzdem hinterlassen meine Klauen tiefe Gräben in der gepflasterten Straße. Vorsichtig setze ich Wednesday ab. Sie sieht mich dankend an.
Dann höre ich, wie Schusswaffen geladen werden.

Ich hoffe, das war okay so😬
Sorry, ich liebe Drachen einfach XD

"I see black" - Wednesday × fem. ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt