Prolog: Das Fegefeuer

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Wie benommen starrte Bob auf das knisternde Kaminfeuer.
Die lodernden Flammen frassen sich an dem Zeitungspapier entlang, wie eine Scharr hungriger Mäuler die sich auf ein Festmahl stürzten. Das Knistern brach die Stille.
Schon eine ganze Weile saß Bob nun so da. Der Kopf hämmerte von den ganzen Gedanken die in seinem Kopf umherschwirrten.
Er hatte die Hände verschränkt und biss sich nervös auf die Lippe, bis er Blut schmeckte. Sein Handy klingelte. Es war der Klingelton den er extra für Peter eingestellt hatte, ein Song seiner Lieblingsband „The Hurricaine".
Das Licht des Handys blendete ihn schmerzhaft, in dem beinahe komplett abgedunkelten Raum welcher nur von dem Kaminfeuer beleuchtet wurde.
Er war allein zu Hause.
Seine Mutter war noch auf Arbeit, und hatte ohnehin die Tage genug um die Ohren. Er sah sie kaum.
Er drückte den zweiten Detektiv mit einem Seufzer weg und schob das Telefon zurück in die Hosentasche. Es war das sechste mal gewesen, dass der Zweite ihn heute versucht hatte zu erreichen. Langsam ging es Bob auf die Nerven. Er hatte sich zwei Tage Auszeit genommen und Justus (der ihn wohlgemerkt schon um die 23 x angerufen hatte) und Peter hatten nichts besseres zu tun als ihn zu tyrannisieren. Zwei Tage stille brauchte er um nachzudenken das war Alles.
Versteht ihn nicht falsch.
Bob liebte es, mit seinen Freunden gemeinsam an Fällen zu werkeln, Rätsel aufzudecken und Geheimnisse zu lüften.
Aber diesmal war es anders. Das war es einfach.
Seit zwei Tagen hatte er sich nicht mehr in der Zentrale blicken lassen.
Seit dem Zeitungsartikel (der sich nun langsam aber sicher seinem bitteren Ende durch Feuertod zuneigte) veröffentlicht wurde und ihm beinahe höchstpersönlich von Inspektor Cotta übergeben wurde.
Bob hatte keine Kraft mehr. Er spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. Ob das nun die erstickenden Flammen waren, oder die letzten Zeilen des Artikels, die vor ihm lagen, war ihm unklar. Wahrscheinlich Beides.
Bob seufzte und versuchte, ohne seine Brille im Dunkeln den Lichtschalter zu finden.
Er war nachts nämlich deutlich blinder als tagsüber. Er hatte die letzten paar Tage nicht die Kraft gehabt, seine Kontaktlinsen rein zu machen.
Warum genau er sich genau jetzt, nachts um 21 Uhr entschied, zu seinen zwei wartenden Kollegen zu fahren, wusste er nicht genau. Doch er wusste, es wurde Zeit sie einzuweihen.
Wenn sie es nicht schon längst selbst gelesen hatten...
Er knipste das Deckenlicht an und die Gruselstimmung verschwand mit der Dunkelheit.
Er kramte in dem Haufen aus Unordnung und Zeitungen, den er aus den Briefkästen seiner Nachbarn gefischt hatte, und suchte nach seiner Brille.
Er hatte kurz Angst, der Bügel sei zerbrochen, denn er erinnerte sich daran wie er sie übereifrig und von Wut gepackt, auf den kleinen Wohnzimmertisch gefeuert hatte. Doch es schien alles in Ordnung zu sein, also setzte er sie auf, schaltete den Lichtschalter wieder aus, nachdem er einen letzten Blick in das Fegefeuer war. Die Flammen verschluckten das Papier, doch die tiefschwarzen Druckbuchstaben des Titelblattes stachen ihm beinahe drohend in die Augen, als legten sie es auf einen Kampf an.
„Robert Andrews- Berühmter Hobby-Detektiv oder doch nur Sohn eines Verbrechers?"
Sein Name begann langsam, wegzubrennen.
Er schmeckte Blut, das aus seiner offenen Lippe triefte.
Mit einem letzten genervten Klicken seiner Zunge drehte er sich vom Feuer weg und machte sich auf den Weg nach draußen zu seinem kleinen, gelben VW-Käfer.

Die drei Fragezeichen und der falsche Verbrecher Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt