Kapitel 8: Wette ist Wette

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Der Morgen hätte sich erstaunlich lang ziehen können, wenn Justus kein nerviger Frühaufsteher wäre, der Bob und Peter (die sich geeinigt hatten, zusammen im Bett zu schlafen) nicht um Punkt 07:00 Uhr aus dem Bett zu ziehen begonnen hätte.
Er war grummelig drauf, da er auf Bobs Klappsofa hatte schlafen müssen, was aber laut Bob nicht unangenehmer war als das Bett.
Peter meinte daraufhin, dass Bob doch dort hätte schlafen können, aber der lachte nur und klopfte ihm auf die Schulter wie ein Vater.
Auf dem Sofa. Das ich nicht lache." murmelte er zwischen kleinen Lachern, die mehr wie Grunzen klangen.
Verschlafen trotteten die drei die Treppe hinunter in die Küche und Bob schenkte den drei Kaffee ein. Peter hatte eine geprellte Schulter, da Bob ihn im Schlaf mehrmals getreten hatte.
„Du bist wahrscheinlich der schlechteste Bett-Genosse den man sich wünschen kann." murmelte Peter in seine Tasse hinein und beäugte Bob genervt, der das Notizbuch seines Vaters wohl nun zum 20. mal durchgeblättert hatte.
„Dann hättest du ja auf dem Teppich schlafen können, Peterchen. Ich hab es auch nicht genossen, wie du mir auf die Schulter gesabbert hast."
merkte er stirnrunzelnd, aber mit einem Grinsen auf den Lippen an.
Er hatte die Brille so auf den Kopf geschoben, dass seine Haare dahinter zu Berge standen.
Peter lachte und legte einen Arm um Bob.
„Wenigstens war es schön warm."
Bob zog die Lippe zusammen und zog eine Augenbraue hoch, als wolle er etwas erwidern, seufzte aber nur und legte den Kopf auf Peters Schulter ab. Für eine Sekunde saßen sie nur da und seufzten in einander hinein.
„Ihr kotzt mich manchmal echt an." sagte Justus mit zusammengezogenen Augenbrauen die wie eine dunkle Linie über seinen Augen hingen und schlürfte lange und theatralisch aus seinem Becher.
Peter hob ergebend die Hände.
„Tut mir leid dass wir nicht alle so abweisend und kalt sind wie du Chef. Manchmal brauch man eine liebevolle Umarmung oder einen Klaps auf die Schulter, der nicht durch eine Mücke produziert wird."
„Wenn ihr euch nicht immer in den Armen liegen würdet, dann wären wir hier schon lange fertig."
Peter und Bob wechselten einen unangenehmen Blick, bevor Bob
mit dem Notizbuch auf den Tisch schlug.
Es war so sanft, dass es kaum ein Geräusch machte, und trotzdem strich er sanft über den Bund und tätschelte den Einband als hätte es sich beim Aufprall verletzt.
„Sag das Peter. Er hat darauf bestanden im Bett zu schlafen."
„Was kann ich dafür, dass du meine Lieblings Bettwäsche drauf hattest?"
Grinsend nahm Peter einen weiteren Schluck des viel zu starken Kaffees und warf Bob einen stichelnden Seitenblick zu, der nur die Wangen aufblies und nervös an seiner Tasse rieb.
Justus fragte sich wie viel Zeit Peter und Bob verbrachten, dass Peter bei Bob eine Lieblingsbettwäsche hatte. Dann erinnerte er sich, dass eine Übernachtung bei Bob nicht so unhäufig war, wie er es sich wohl ausmalte und dass es nicht ungewöhnlich war, eine Lieblings-Bettwäsche zu haben.
Das stechende Gefühl in seiner Brust machte sich trotzdem immer breiter.
Leise murmelte er etwas vor sich hin bevor Bob ihm eine Hand auf den Arm legte und ihn mit mitfühlenden Augen anlächelte.
„Just, nächstes mal kriegst du das Bett. Peter war nur neulich hier wegen den Physik Hausaufgaben und hat die Bettwäsche so ziemlich für sich beansprucht."
Und Justus musste grinsen, auch wenn er sauer war und eigentlich nicht grinsen wollte. Weil Bob eine Hand dafür hatte, genau das zu sagen, was man hören musste. Und außerdem hatte er ein Gesicht, auf das man nicht lange sauer sein konnte.
Um die Konversation wieder in die richtige Richtung zu lenken, schob Justus Bobs Computer in die Tischmitte und klickte mit dem Zeigefinger auf den Bildschirm, auf dem ein Facebook Profil in einem Tab geöffnet war.
„Tyler Jackson. Hat gestern ein Foto gepostet, und erkennt ihr wo?"
Peter und Bob warfen sich einen verständnisvollen aber eigenartig vorwurfsvollen Blick zu, bevor Bob räuspernd die Hände zusammen schlug.
„Du bist wirklich der einzige 18 Jährige der immer noch Facebook benutzt."
„Und TJ anscheinend auch." merkte Peter an und goss sich ein Glas Orangensaft ein.
„Können wir bitte über den Fall reden."
Justus drehte den Computer zurück zu sich und stöhnte genervt bevor er die Frage selbst beantwortete.
„Um eure fragenden Blicke zu füttern, es handelt sich um Fernwood. Das ist 18 Minuten von hier mit Auto."
Peter fragte sich ob Justus manchmal dachte, er hätte das Internet gelöscht, denn egal wie intelligent dieser Junge wirkte, er könnte genauso gut ein 67 Jahre alter Geschichtslehrer sein, wenn es um Themen wie das Internet ging.
„Bloß weil er da gestern war, bedeutet das nicht, dass er dort immer noch ist" merkte Bob an und fuhr mit dem Finger über die Seiten des Notizbuch das stark und schön nach altem Papier roch.
„Es gibt ein Resort in Fernwood. Vielleicht ist er dort."
„Oder er hat Familie da. Oder wohnt da." warf Peter schmatzend ein. Er stopfte sich die Bananenpfannkuchen in den Mund, die er gleich nach dem Aufstehen gebraten hatte.
„Oder er ist in dem Resort. Leute das ist unsere einzige Chance. Das ist ein guter Lead. Dem wir folgen sollten. Danach ist erst mal Pause."
Peter seufzte erleichtert aus, bevor Justus eine Hand hob, um ihn zu unterbrechen.
Pause für ein paar Stunden. Dann geht's ab nach Ruxton."
————
„Peter!" rief Jeffrey energisch in den Hörer, so dass Peter das Handy ein bisschen vom Kopf weghalten musste. Er musste lächeln, weil man Jeffrey immer anhörte, ob er gute Laune hatte und weil er sich nun vorstellte, wie er auf der anderen Seite am Telefon saß und grinste.
„Wie läufts? Ich freu mich das du an mich denkst und anrufst."
Jeffrey klang wirklich glücklich. Und Peter fühlte sich plötzlich schlecht, dass er absagen musste, aber Surfen konnten sie immer. Bobs Vater retten nur jetzt.
„Palmer hör mal." Peter biss sich auf die Zunge.
„Wir müssen das heute verlegen mit dem Filmeabend im Strandhaus. Oder ihr macht das ohne mich."
„Du bist verrückt, ich häng doch nicht mit dem Pärchen ab, dass sich permanent abschleckt und mit Linn die mich anguckt, als ob sie das gleiche bei mir machen will."
Er atmete lang aus.
Peter spürte ein Stich in der Brust.
„Peter, bitte bitte komm."
Er hörte, wie Bob vom Auto aus nach ihm rief, eine Sonnenbrille auf der Nase.
Wir müssen los Zweiter."
„Gleich." beschwichtigte Peter und rieb sich den Nasenrücken.
„Jeffrey, es geht um Bobs Dad. Du weißt, dass ich ihn nicht einfach im Stich lassen kann."
Jeffrey sagte nichts, aber Peter hatte keine Zeit mehr, Jeffrey zu erklären, warum der Fall wichtiger war, als ein Filmabend im Strandhaus.
Nach einer unangenehm stillen Minute seufzte Jeffrey lang aus und klickte ermahnend mit der Zunge.
„Alles klar Shaw. Aber am Mittwoch bist du da. Wette ist Wette."
Am Mittwoch kam der Film im Autokino, den die Zwei hinterhältig bei der Wette mit Brandon gewonnen hatten.
Peter hörte das Grinsen in Jeffreys Stimme und er wollte ihm einen Kuss auf die Wange drücken, wie das Freunde eben so machten.
„Wette ist Wette." wiederholte Peter und legte nach einem stillen Lächeln auf, und schob sich das Handy zurück in die Hosentasche.
————
Die Strecke nach Fernwood wurde unterhaltungstechnisch von Bobs Solo-Gesang zu abwechselnden Queen und Bowie Liedern gefüllt, sowie von Justus Monologen über die Wichtigkeit von Wäldern und wie doll es ihn aufregt, dass immer mehr neue Häuser gebaut werden.
Peter dachte daran wie Jeffrey mit Linn alleine auf der Couch sitzen musste, wenn Brandon und Kelly sich verzogen oder Aaron nach draußen gehen eine rauchen würde.
Und dann legte ihm Bob eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn vom Vordersitz an.
„Alles gut Zweiter?"
Wenn Bob lächelte sah man die Falten an seinen Augen und seine zackigen Vorderzähne und irgendwie fühlte es sich an wie ein angenehmes Bad im warmen See bei Nacht.
„Alles gut Bobelle." und Peter sagte es nur so, weil Bob dann immer rot wurde und noch mehr grinste.
„Ist was mit Jeffrey?"
Peter zuckte zusammen.
„Jeffrey?"
„Ja ihr hattet doch telefoniert oder? Ist alles okay?" Bob drückte ihm die Schulter.
„Ja, alles gut. Wir waren heute Abend verabredet, aber ich war mir nicht sicher wie lange das dauert mit TJ. Deshalb hab ich zur Sicherheit abgesagt."
Peter rieb sich nervös den Daumen. Er hatte keine Lust seine Freunde füreinander zu versetzen und es gab ihm ein ungutes Gefühl. Aber egal wo Jeffrey stand, Bob und Justus standen darüber.
Es war doch sicherlich rational diese Situation vorzuziehen, nicht?
Bob stupste Peter mit der Schulter an und gab ihm ein bedrücktes Grinsen. Durch seine hochgeschobene Brille sah Bob ein wenig aus wie Jeffrey, wenn er sein Haarband trug. Die Sonne schien sich in seinen blonden Haaren zu reflektieren und knallte mit voller gelber Wucht in Peters Augen.
„Och Peterchen. Das wird nicht lange dauern. Du musst nicht absagen. Bitte geh hin, ich will nicht dass du irgendwas verpasst wegen uns."
Er legte ihm einen Arm um die Schultern und drückte seinen Kopf gegen Peters Wange, so dass Peter wieder lachen musste, und seine Bedrücktheit in seinen Hinterkopf stecken konnte.
„Sicher? Ich will euch nicht alles alleine machen lassen."
Zusammen guckten sie auf Justus, der vergeblich versuchte das Hintergrundbild seines Handys zu verändern.
„Peter du lässt uns nicht alleine nur weil du auch mal Spaß haben willst. Mein Vater kann warten."
Bobs Haare wehten ihm ins Gesicht und seine Wangen waren von Sommersprossen geträufelt und in Sonne getaucht.
„Wortwörtlich. Immerhin ist er im Gefängnis." murmelte Justus vom Vordersitz.
Langsam wurde er wütend und strich sich durch die leicht schweißnassen Haare. Er lehnte den Kopf zurück und ließ einen langen Seufzer aus, der es gehörig in sich hatte und gefühlt den Sitz unter Peters Po zum wackeln brachte.
„Machen die die Dinger nicht für junge Leute? Warum zur Hölle ist das so kompliziert?"
Bob und Peter fingen laut zu lachen an und Bob nahm Peters Hand vom Fahrersitz aus und drückte sie fest.
Nun an die beiden gerichtet, setzte er sich kerzengrade hin und räusperte sich um etwas zu verkündigen.
„Ich hatte es euch noch nicht erzählt, aber auch ich habe heute Abend etwas vor."
Peter pfiff und Justus runzelte die Stirn vom Beifahrersitz aus.
„Dein wievieltes Date ist das diesen Monat Dritter?" fragte Justus flach und Peter gab ihm einen Klaps auf das Knie.
Justus zuckte zusammen und ließ das Handy in den Fußraum fallen.
Während Justus zeternd im Boden des VW-Käfers kramte, rieb Bob nervös das Lenkrad.
Er kaute sich erst einmal ein wenig auf der Lippe herum, bevor er weiterredete.
„Ihr kennt doch noch Brenda, oder?"
sagte Bob in einem mysteriösen Unterton, ohne seine Lippen wirklich zu bewegen.
Justus und Peter wechselten einen schnellen Blick.
„Brenda von unserem ersten Fall mit der ollen Franklin? Mit der triffst du dich? Bob die hat dich vor ein paar Jahren so verrückt gemacht und jetzt triffst du dich mit ihr?"
Peter unterdrückte eine Wut in sich aufkommen. Bob presste die Lippen zusammen und vermied Peters fragende Blicke.
„Bob, die ist Schuld daran dass du komplett verrückt geworden bist. Wegen ihr kennst du jetzt die Franklin und bist komplett abhängig von der alten Schreckschraube."
Peter ließ Bobs Hand los und lehnte sich auf dem Sitz zurück, die Arme vor der Brust verschränkt.
„Bob ist nicht der einzige, der hier
abhängig ist." Justus drehte sich zu Peter um und hob eine Augenbraue hoch, während Peter das Blut ins Gesicht schoss.
„Was zur Hölle soll das bedeuten!"
er drückte beide Hände in den Sitz und blickte abwechselnd von Bob zu Justus.
„Zweiter du willst uns doch verarschen. Ich bin der der an jemandem hängt und verrückt ist aber du kannst nicht mal ein paar Tage auskommen, ohne zum Strand zu jagen." grummelte Bob, während er immer noch verlegen den Lenker rieb.
Peter umklammerte beide Vordersitze mit den Händen und zog sich zwischen seine beiden Freunde um beide abwechselnd anzuschauen.
„Nur damit das klar ist, mit Kelly ist es aus. Ich geh da ganz sicher nicht hin, um die zu sehen".
Peter fragte sich, ob er hundertprozentig die Wahrheit sagte, entschied sich aber dazu, eine ernste Miene aufzubehalten. Dass er auch Kelly vermisste und deshalb seine Zeit am Strand verbrachte, bedeutete nicht, dass er sie noch mochte.
Bob lachte nervös und kleinlaut und biss sich auf die Unterlippe. Peter starrte ihn verdattert an. Die Stimmung im Auto war angespannt, während beide seine Freunde versuchten Peters Blicke zu vermeiden.
„Peter, wer hat was von Kelly gesagt?" sagte Justus mit verschränkten Händen.
„Ja." murmelte Bob nun in Peters linkes Ohr.
„Kelly meinen wir nicht."

Die drei Fragezeichen und der falsche Verbrecher Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt