Donnerstag II

9 1 0
                                    

17:30 Uhr

Die Vögel sangen ihre Lieder, als ich den umliegenden Wald erkundete. Es gab nichts außer uns weit und breit. Keine Wanderwege, keine Campingplätze, Straßen oder sonstiges. Nur Ruhe!

Ich war mir bewusst, dass viele Charaktere in Horrorgeschichten in einer ähnlichen Situation steckten, bevor alles den Bach runter geht, aber das alles war und würde hoffentlich Fiktion bleiben. Darüber machte ich mir ehrlich gesagt keine Sorgen. Dieser Kurzurlaub kam mir mehr als gelegen, mal Pause von der realen Welt voller Leistungsdruck, dem Lärm, Konkurrenzdenken und solcher Sachen. Vor allem ist dies nun eine gute Gelegenheit, um meinen kürzlich erst hart erkämpften Freundeskreis besser kennenzulernen.

Ich wurde von allen eigentlich gut aufgenommen. Nancy und Robin waren mir gegenüber direkt so, als würden wir uns schon immer kennen – na gut, Nancy vielleicht mehr als Robin aber sie habe ich auch schnell für mich gewonnen.
Steve war von Anfang an sehr kommunikativ, was es leicht machte mit ihm und den Anderen Gespräche zu führen ohne Angst haben zu müssen, dass einem die Gesprächsthemen ausgehen und man peinlichen Smalltalk führen muss.
Das half vor allem in der Anfangszeit, nun brauchte ich seine „Hilfe" dahingehend nicht mehr. Er war im Übrigen auch derjenige der mich seinem – naja, jetzt unserem – Freundeskreis vorstellte. Ich lernte ihn bei meinem ersten Nebenjob kennen. Nicht als Kollegen, sondern als Kunden. Er war ziemlich häufig in dem Kino in welchem ich für eine Weile aushalf – manchmal mit Begleitung und später auch häufiger allein. Wen ich noch nicht überzeugen konnte war ...

„Komm nicht vom Weg ab, sonst holen dich noch die Wölfe!" .... Eddie. Er heulte nun wie ein Wolf und lachte über seinen eigenen Scherz. Wie witzig.

Ich rollte nur mit den Augen und setzte mein Weg ohne zu Antworten durch das niedrige Unterholz fort.
Auf dem Weg zurück zur Gruppe wollte ich noch einen Zwischenstopp bei dem See an unserer Hütte machen. Die gesamte Ruhe des Sees und der Umgebung in mich aufsaugen, bevor ich mich dem Beisammensein widmete.

Da hatte ich aber leider die Rechnung ohne Eddie gemacht, denn dieser schien ähnlich zu denken und hielt sich auch am See auf. Ich konnte seine braune, wilde Mähne schon aus der Entfernung entdecken. Vielleicht verzog er sich ja, bis ich ankam.
Er bückte sich, hob etwas vom Boden auf, lehnte sich ein wenig zurück und holte mit dem Arm aus und machte damit eine schnelle Bewegung nach vorn. Nach einem kurzen Moment wiederholte er es. Ich glaube man nannte es Steinehüpfen, was er dort machte. Als ich näher kam konnte ich sehen wie der Stein, den er warf, mehrere Male über die glatte Wasseroberfläche sprang bis er versank.



18:06 Uhr

Steve war schon in der Küche , mit einem Küchentuch über der Schulter dabei, etwas in schnellen Bewegungen mit einem Messer zu zerkleinern.

„Hey, brauchst du vielleicht Hilfe?", fragte ich und Lächelte ihn dabei an. Ehrlich gesagt, sah er etwas überfordert und hilfsbedürftig aus. Auf einer der Herdplatten blubberte schon etwas sehr stark.
„Nein, ich mach das schon, die Küche ist sowieso zu klein für zwei Köche." Er erwiderte mein Lächeln. „Na gut! Dann decke ich aber schon mal den Tisch."

Die Küchennische grenzte direkt an das Wohnzimmer. Unweit zwischen dieser „Grenze" befand sich auch der Essenstisch. Als ich anfing den Tisch zu decken, kam Eddie in den Raum.
„Wow, das riecht aber schon SEHR lecker." Sagte er in den Raum und betonte dabei das Wort sehr.
Mit seinem Blick scannte er den gesamten Raum ab und als er mich sah lächelte er schief.
„Sieh' mal an, leider doch nicht von Wölfen gefressen worden." Ich kann ihn nicht das gesamte Wochenende ignorieren.
„Sie sind wohl dir zuerst begegnet und sind geflohen.", entgegnete ich und gab ihm mein Bestes, überhaupt nicht ernst gemeintes Lächeln. Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Brust, dort wo sein Herz war, wenn er denn eins hatte und sagte: „Autsch."
Dann schlenderte er zur Couch und ließ sich darauf fallen. Die Füße legte er natürlich auf dem Kaffeetisch ab.
„Steve, wo sind eigentlich Robin und Nancy?", fragte ich etwas lauter, damit mich Steve auch wirklich hören konnte. „Holz für den Kamin holen, sie sollten gleich zurück sein."


Weekend TripWo Geschichten leben. Entdecke jetzt