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𝑫𝒆𝒓 𝑮𝒓𝒖𝒏𝒅, 𝒘𝒂𝒓𝒖𝒎 𝒅𝒊𝒆𝒔𝒆𝒓 𝑻𝒓𝒂𝒖𝒎 𝒔𝒆𝒍𝒕𝒔𝒂𝒎 𝒓𝒆𝒂𝒍𝒊𝒔𝒕𝒊𝒔𝒄𝒉 𝒊𝒔𝒕 ...

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Dieser Traum ist ein mieser Scherz. Mein eigenes Leben hängt am seidenen Faden und jetzt bin ich irgendwie eine Person, die bereits gestorben ist. Diese Tatsache bestätigt meine Annahme, dass das hier unmöglich die Realität sein kann.

Ich starre in die braunen, großen Kulleraugen von Dora — die im Moment ja irgendwie meine sind, aber egal. Sie sind zweifelsohne wunderschön. Sehr ähnlich wie die ihrer Mutter. Aber Doras wirken traurig und leer. Genauso wie es mir hier die ganze Zeit schon geht. Es sind Gefühle, die ich selten empfinde, weil ich in der Regel versuche, in jedem Scheiß etwas Positives zu entdecken. Zu wissen, dass ich in einem fremden Körper stecke und dann noch diese untypischen Dinge fühle, lässt mich etwas denken, das ich eigentlich gar nicht zu Ende denken möchte. Vielleicht spüre ich Dora ja irgendwie? Bin ich etwa in ihr und sie ist da auch mit drin? Nein, das ist doch verrückt ... und irgendwie ... Um Gottes willen, was für eine gruselige Vorstellung! Mein Gehirn fabriziert hier was ganz Übles, um mich zu quälen.

Ich schüttele mich, während sich auf meinem ganzen Körper — oder vielmehr Doras — eine Gänsehaut bildet.

Das Seltsame ist nur, dass sich alles so unfassbar real anfühlt. Als würde das alles tatsächlich passieren. Was natürlich totaler Schwachsinn ist, weil so ein Zustand wie der meine eben überhaupt nicht in der Realität existiert. Also ist die einzig sinnvolle Erklärung weiterhin, dass ich träume, halluziniere, ... was auch immer. Meine derzeit abgedrehte Fantasie muss einfach total mit mir durchgehen, was natürlich an Raupe Nimmersatt liegen könnte.

Aber egal, wie schräg dieser Traum gerade ist, ich sollte jetzt das Beste daraus machen. Irgendwann werde ich schließlich wieder aufwachen.

Mit dieser Zuversicht greife ich die Türklinke und wage einen Schritt ins Ungewisse. Anstatt Doras Haus könnte mich schließlich auch ein Höllenschlund erwarten, in den ich gezogen werde. Alles im Rahmen abgedrehter Träume, würde ich mal behaupten.

Als ich die Tür öffne und vorsichtig durch einen Spalt linse, sehe ich allerdings nichts Auffälliges. Im Gegenteil. Ich finde mich in einem ziemlich langweilig wirkenden Gang mit ein paar Türen, die teils verschlossen, teils offen sind, wieder. Da Doras Pflanzenparadies an dem einen Ende davon ist, bleibt mir gar nichts anderes übrig, als mich geradeaus vorzutasten. Ich tapse auf Zehenspitzen auf dem sich warm anfühlenden Korkboden und betrachte die Bilder, die sich mir an den weißen Wänden präsentieren. Alles kleine Gemälde von hiesigen Örtlichkeiten: das neue Schloss, der Klenzepark, die Ingolstädter Fußgängerzone mit dem Münster im Hintergrund ... Ich staune geradeso, wie viel Details sich in den Bildern finden lassen, obwohl sie nicht naturalistisch gemalt sind. Der Stil hat etwas ganz Besonderes an sich. Ruhig und melancholisch, aber expressiv zugleich. An jeder linken Ecke lassen sich die Initialen LR finden. R für Runge vielleicht? Und L für ...? Ja, gute Frage.

Schließlich gehe ich weiter und gelange zur ersten offenen Tür, hinter der sich augenscheinlich das Badezimmer befindet. Sehr gut, genau da will ich hin. Also husche ich schnell in den kleinen überschaubaren Raum mit Doppelwaschbecken, Dusche und Toilette. Keine Badewanne, so ein Jammer ... Außerdem springt mir sofort der überquellende Wäschekorb entgegen, dem ich mich wohl oder übel später noch annehmen muss. Eigentlich kann ich mir jetzt die Dusche sparen, wenn ich hier im Haushalt schuften soll. Ist ohnehin alles nur ein Traum, was macht es schon, wenn ich da ein klein wenig durch die Gegend stinke? Es würde dabei nicht einmal mein eigener Ruf geschädigt werden.

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