Me and my brothers

Chapter 9

Ich war wirklich selten sauer. Wirklich. Ob ihr es glaubt oder nicht. Aber seit ich die Schule gewechselt hatte kam es fast jeden Tag zu fünf Wutanfällen. Genau wie jetzt. Ich war in unserem großen Fitnessraum und schlug mit den Boxhandschuhen die mir Colin zum Geburtstag geschenkt hatte auf den großen Boxsack ein der von der Decke hing. Wütend schlug ich immer härter drauf obwohl mir schon die Hände schmerzten und ich schon Tränen in den Augen hatten. Trotzdem schlug weiter auf den Sack ein und ja der Schmerz tat tatsächlich gut. Meine Fäuste brannten und mir ging schließlich irgendwann die Kraft aus. Ich riss den Klettverschluss der Handschuhe auf und zog sie aus. Meine Handflächen waren rot und meine Fäuste sahen wirklich schlimm aus. Die rechte Hand blutete sogar etwas. Ich ließ mich erschöpft auf die Matte sinken und spielte mit den Fingern auf den Löchern der Matte herum. ,,Tia Mittagessen", hörte ich Tyler von oben rufen. ,,Hab keinen Hunger", rief ich zurück. Ich konnte jetzt nichts essen. Es war keine 24 Stunden her dass Blake mich aus der Klinik geworfen hatte. Ich weiß es ist dumm, denn ich kannte Aaron erst seit ein paar Wochen doch jedesmal wenn ich in seiner Nähe war, verspürte ich etwas was ich nicht beschreiben konnte. Es war anders als wenn ich mit anderen Jungs was unternahm. Jedesmal löste er etwas in mir aus. Ich stand jetzt von der Matte auf und ging die Treppe hoch in die Eingangshalle wo ich Stimmen aus der Küche hörte. Schnell sprang ich die große geschwungene Glastreppe hoch und ging ins Bad wo ich die Tür schloss und sofort unter die Dusche sprang. Das kühle Wasser tat so verdammt gut und unsere Regendusche war wirklich das beste was es in der ganzen Villa gab. Ich schloss die Augen und ließ die einziehen Tropfen über meine Haut rieseln. Schließlich schaltete ich das Wasser aus und griff nach einem Handtuch. In meinem Zimmer zog ich mir eine gemütliche graue Jogginghose und ein langes Shirt an. Die Wunden vom Boxen an meinen Händen brannten jetzt nach der Dusche zwar noch schlimmer doch ich war jetzt nicht in der Verfassung dazu mich darum zu kümmern. Erstmal musste ich irgendwie zu Aaron kommen. Vielleicht ein Einbruch ins Krankenhaus? Ich grinste beim Gedanken daran doch dann dachte ich ernsthaft nochmal darüber nach. Wieso eigentlich nicht? Blake hatte immerhin den Schlüssel zu allen Patientenzimmern, da würde es nicht sofort auffallen wenn mal einer fehlte. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war erst acht Uhr. Die Besuchszeit war zwar schon längst vorbei doch wer sagt denn dass man immer zu allen Zeiten da sein konnte? Ich sprang auf und föhnte mir die Haare. Dann griff ich nach einem schwarzen Hoodie und kämmte mir nochmal durch die Haare. Ich steckte mein Handy ein und eine Weile stand ich unentschlossen da. Wenn ich jetzt von unten gehen würde, würden meine Brüder es sicher hören denn Blake's Arbeitszimmer war im Erdgeschoss. Mein Blick wanderte zum großen Fenster links neben meinem Bett. Von dort aus konnte man die Skyline New York's sehen und auch jetzt funkelten die ganzen Lichter in der Nacht. Schließlich schob ich das Fenster langsam auf und blickte nach unten. Es ging einige Meter runter. ,,Was ist das Leben ohne Risiko?", murmelte ich und kletterte rückwärts aus dem Fenster. Nur nicht nach unten sehen, dachte ich und schob mich langsam mit dem Rücken zur Wand an der nackten Wand entlang. Ich spürte wie meine Sneaker immer wieder auf dem Absatz zu rutschen begannen. Wahrscheinlich hatte es vorhin als ich im Keller war geregnet. Ich atmete erleichtert aus als ich sicher am Ende der Wand ankam und mich vorsichtig von oben nach unten auf die Terrasse gleiten ließ. Den letzten Meter sprang ich runter doch rutschte dabei auf dem nassen Gras aus und dabei schlug mein Knie an der Wand an als ich das Gleichgewicht halten wollte. Ich fluchte leise als ich nicht mehr auftreten konnte und stolperte schließlich zur Terrassentür wo Blake's Zimmer direkt angrenzte. Ich betete innerlich dass die Tür aufgeschlossen war doch Fehlanzeige. Eine Weile stand ich verdattert da, da spürte ich etwas spitzes in der Tasche des Hoodies. Eine Haarspange. Schnell zog ich sie heraus und bog sie auseinander. Schließlich setzte ich sie langsam in das Schloss. Unfassbar dass ich in mein eigenes Haus einbrach. Die Tür ging langsam auf, doch bevor ich allerdings das Zimmer betreten konnte ging der Bewegungsmelder an. ,,Verfluchte-", zischte ich und duckte mich als in Sekunden das Licht anging und jemand ins Zimmer kam. ,,Alles klar?", hörte ich Chaise fragen. ,,Ja scheint nur falscher Alarm", das war jetzt Blake. Ich hörte wie er wieder das Zimmer verließ und zu meinem Glück die Terrassentür offen ließ. Wahrscheinlich hatte er nicht mal gemerkt dass sie offen war. Schnell betrat ich sein Zimmer und machte die Taschenlampe meines Handy's an. Ich durchsuchte alle Schubladen und Schränke. Nichts. Ich leuchtete nocheinmal durchs Zimmer als ich auf etwas blitzendes stieß. Ich ging zu seiner Tasche die er jeden Morgen mit zur Klinik nahm und schob den Rucksack etwas auf. Und tatsächlich! Die Schlüssel lagen im Rucksack. Schnell griff ich nach dem Bund und suchte nach der Nummer 26. Es dauerte etwas denn die Zahlen standen in klitzekleiner Schrift auf den Schlüsseln und trotz der Taschenlampe meines Handys war es doch schwer zu erkennen, doch schließlich fand ich ihn. Ich riss den Schlüssel vom Anhänger und warf den restlichen Bund wieder in den Rucksack. Ich wollte schon das Zimmer verlassen da stieß ich mit dem Blick auf seinen Laptop und verharrte in der Bewegung. Normalerweise waren alle Akten der Patienten im Krankenhaus doch ich wusste dass er wie Chaise auch alle Akten digital auf dem Laptop hatte. ,,Wenn er es mir nicht selber sagen will", ich zuckte mit den Achseln und ging an den Schreibtisch und klappte den Laptop auf. Eine Weile spielte ich herum als ich den Code eingab doch schließlich öffnete sich der Bildschirm und ich klickte auf die App mit den Dateien. Sofort kamen etliche Namen. Ich beugte mich über den Laptop und tippte ,,Aaron" ein. Glücklicherweise gab es nur einen ,,Aaron" der als stationärer Patient eingetragen wurde also klickte ich auf seine Akte. Es öffnete sich ein Dokument und ich klickte darauf. Stumm las ich den Abschnitt wo die Diagnose stand. Je weiter ich las desto mehr füllten sich meine Augen mit Tränen und ich bekam kaum noch Luft. Nachdem ich den letzten Satz gelesen hatte ließ ich mich schließlich zitternd auf den Schreibtischstuhl fallen. Die Tränen die sich in meinen Augenwinkeln gesammelte hatten wischte ich mit dem Handrücken weg und schloss dann nach ein paar Minuten die Seite. Ich wollte gerade den Laptop wieder herunterfahren da stieß ich auf eine geöffnete Seite die Blake anscheinend vergessen hatte zu schließen. Neugierig tippte ich auf die Seite und stieß auf eine Website. Mit gerunzelter Stirn sah ich auf die Bilder die darauf abgebildet waren. Es war ein modern gebautes weiß-graues Gebäude. Man sah weiß gekleidete Menschen die in einem großen Park vor dem Gebäude waren. ,,Was zur Hölle...", murmelte ich und las die Überschrift. ,,Klinik for Psychosomatische Medizin". Sofort kam mein Gedanke zu Aaron. Was wenn... Mir schoss ein furchtbarer Gedanke durch den Kopf. Ich griff schließlich schnell nach meinem Handy als ich Schritte hörte und schoss ein Bild von der Website. Dann klappte ich den Laptop zu und stürmte aus dem Zimmer.