Kapitel 18 - Lupus memoria

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Bis hinauf zum Kraterrand, hat der Flammenhass alles verbrannt.
Es ist des Lichterlords Versagen, weshalb die Opfer zu beklagen.
Der Herrschende hat Feuerverbot, selbst der Rattenmann ist tot.
Wer von seinem Gewissen geplagt, in keiner Nacht zu schlafen vermag.

~Mile~
26. Moja 80'024 IV ~ Aramesia, Jeshin, Twos

Seine Leibwachen drängten die Menge, die vor dem Ratsgebäude protestierte, mit ihren Schilden an die Häuserwände zurück. Dabei gingen sie rigoros vor, was die Meute noch mehr aufstachelte. Laut buhend stemmten sie sich gegen die Gardisten.

»FEIGER TRICKSTER!«, brüllte einer von ihnen und spuckte Mile an seiner Wachen vorbei an. Im harten Licht der Wyrselsteine wirkte sein Gesicht wie eine verzerrte Grimasse.

»Nicht stehen bleiben, weitergehen!«, zischte Red in seinem Rücken und stiess ihn weiter.

»Bis zum Rand des Mondkaters, brennt die Wut des Grossvaters«, hallte die Stimme des enigmanischen Hohepriesters von den Wänden wider. »Die Antagonisten sich beklagen, nun geht es ihnen an den Kragen.«

Der Pöbel schien bei den Worten des Ramos noch ungehaltener zu werden, ihr Trupp kam kaum noch voran. Jemand warf eine faule Frucht nach Mile und der junge Herrscher zog den Kopf ein.

Eine Hybridin durchbrach die Reihen seiner Leibgarden. In ihren Händen hielt sie einen Schild, auf den mir roten Lettern das Wort ›Sakrileg‹ gepinselt war.

»IGNORIERT DIE ZEICHEN NICHT!«, schrie sie, packte Mile am Kragen und zog ihn so nahe an sich heran, dass er ihren Atem an der Wange spürte. »Begeht nicht denselben Fehler wie Eure Eltern, junger Lord! Hört auf die Prophezeiung, jedes Wort ist wahr! «, zischte sie ihm ins Ohr. »Tötet die Ratte!«

Mile riss sich los und stiess die Frau von sich. Bevor sie sich aufrappeln konnte, hatte Red sie gepackt und zurück in die Menge gestossen. »VORRÜCKEN!«, brüllte sie dann und die Leibgarden marschierten weiter, wie ein Panzer um den jungen Lichterlord herum.

»In Aramesia herrscht Feuerverbot, die verhasste Ratte ist TOT!«, erschallte erneut die magisch verstärkte Stimme des Priesters durch Aramesias enge Strassen und der Protest buhte im Chor.

Von einer Brücke über ihnen warfen Gegendemonstranten Flugblätter auf sie herab, sodass die Sicht noch schlechter wurde. Als Mile eines der Papiere fing und sich das Motiv darauf ansah, wurde ihm flau im Magen. Die mittelalterliche Karikatur zeigte einen Lichterlord, der mit seinem Schwert einen Inker aufspiesste, während er auf einer dicken Spinne ritt.

Glücklicherweise erreichten sie in diesem Moment den Soldatentrupp, der das Ratsgebäude vor den Protestierenden abschirmte. Sie winkten sie durch, woraufhin Mile und seine rote Gefährtin hastig den Treppenaufgang hinauf rannten.

»Wer von seinem Gewissen geplagt, in keiner Nacht zu schlafen vermag«, war das Letzte, was Mile von den Protesten draussen mitbekam, denn als die grosse Eingangstür hinter ihnen zufiel, verstummte der Lärm. Die Ruhe-Runen am Türrahmen erfüllten ihren Zweck. Nur das leise herabrieseln vom Putz an der Wand sabotierte die Stille.

Verstört fuhr sich der junge Lichterlord durchs kupferne Haar, das unterdessen mal wieder geschnitten gehörte. Er musste sich setzen. Glücklicherweise gab es genug verstaubtes Gerümpel in der zerfallenen Empfangshalle, sodass Mile sich auf einem alten Schreibtisch niederlassen konnte.

Zwei Wochen lag ihr Sieg in der Schlacht um Aramesia zurück. Doch seit die Armee in die Stadt eingezogen war, herrschte das Chaos in den Reihen der Rebellen. Ohne Jilva Frihir, der die Werwölfe und Hybriden unterstellt gewesen waren, hatten die beiden Völker ihre politische Stimme verloren. Dabei befanden sie ich in der gesellschaftlichen Hackordnung Twos' ohnehin schon auf den niedrigsten Stufen.

Twos - Ein Märchen von Sommer und Winter  - Neue Fassung (3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt