Part 15

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Weit hinter den Hallelujah Bergen lag der Lepay Wald. 'Lepay' war Na'vi und hieß 'wässrig'. Was auch passte. We weiter wir die fliegenden Berge hinter uns ließen, desto sumpfiger wurde das Land. Bald wechselten sich die gigantischen Dchungelbäume ab mit Mangroven-ähnlichen Gewächsen und Tannen. Die Landschaft wurde zwar nicht lichter, aber der Boden war immer öfter von Tümpeln und Marschland bedeckt. Es war wunderschön aber auch total lebendafeindlich. Alles sah so aus, als wolle es einen umbringen. Bald ragten hohe Felsen aus dem Morast heraus, auf denen wieder Regenwaldbäume standen.

Wir landeten auf einem niedrigen Felsplateu und bahnten uns unseren Weg durch den Sumpf. Mo'at hatte  gesagt, die Pflanze wuchs im Halbschatten unter den dicken Wurzeln der Mangroven-Bäume. Obwohl es mitten am Tag war, verbreiteten die gigantischen Klippen und Bäume eine schummrige Atmosphäre, und schon bald fing es an zu regnen. Es regnete nicht oft hier auf Pandora. Doch wenn es das tat, dann gleich richtig.

Stetige Tropfen prasselten auf uns herunter und durchweichten und bis auf die Knochen. Die Sonne  verschwand hinter grauen Wolken. Ich hörte Spider hinter mir fluchen. Er hatte es am schwersten von uns allen. Das Gestrüpp ging mir bereits bis zur Hüfte und für Spider war es noch umständlicher sich einen Weg zu bahnen. Aber er hatte darauf bestanden mitzukommen.

Das morastige Sumpf-Wasser war trübe und es roch muffig. Manchmal kamen wir an Stellen, wo der Boden etwas fester war und wir liefen auf dem Moos weiter. Matsch und Brühe klebten an meinen Füßen und wir hinterließen Fußabdrücke im  Schlamm.

"Passt auf, wo ihr hintretet!", rief Neteyam, der vorneweg ging. Er hatte das Messer gepackt und den Bogen um seinen Rücken geschlungen. Wir liefen unter den haushohen Wurzeln der Mangroven hinweg, welche sich wie ein Zeltdach über unseren Köpfen bogen. Matt leuchtende Ranken verbanden einzelne Äste miteinander und bunte, unförmige Pilze schlängelten sich an der Rinde hoch.

Ein leises Platschen ließ mich innehalten. Ich fuhr herum, scannte die Umgebung mit meinem Blick. Es würde mich nicht wundern, wenn jetzt hier ein Krokodil-artiges Vieh aus dem Sumpf springen würde. Mit einem mulmigen Gefühl schloss ich schnell wieder zu den anderen auf und lief dichter zu Neteyam. Er kannte den Weg, bei ihm fühlte ich mich sicher.

"Bei Eywa, was ist das für ein Ort...", murmelte Lo'ak misstrauisch und sah sich um. Wir passierten hohe Felsen, die mit Gewächsen überwuchert waren. "Wo zum Teufel sollen wir hier bitte die Pflanze finden?" Er klang hoffnungslos. Neteyam drehte sich zu seinem Bruder um. "Mo'at hat gesagt, dort hinter den Felsen bilden die  Baumwurzeln eine Art Höhle. Dort soll sie wachsen." Er nickte nach vorne und tatsächlich: Etwas entfernt sah ich eine Gruppe spitzer Felsen in die Höhe ragen. Dahinter konnte man dichteren Wald erahnen.

"Und woher will Mo'at das wissen?", zweifelte Spider und schüttelte voller Ekel eine Schlungpflanze von seinem Handgelenk. Kiri sah ihn wissend an. "Mo'at weiß so etwas, sie ist die Tsahìk."
"Hmm", machte Neteyam zustimmend. "Außerdem war sie schon öfter hier."
Spider grummelte vor sich hin. "Soll ich dich tragen?", fragte Lo'ak lachend und erntete ein Fauchen von Spider. Ich musste kichern.

Plötzlich schrie Kiri auf. Sie sprang zur Seite und trat wild um sich. "Kiri!"
Neteyam und Spider sprangen vor. "Ich... Da!" Sie deutete auf den moosigen, bewachsenen Boden. Unter den kniehohen Sumpfgras kamen mehrere Pflanzen zum Vorschein. Sie hatten blütenähnliche Blätter von blutroter Farbe. Und sie schienen zu leben! Kiri machte einen Schritt zurück, doch die Pflanzen rankten sich hinter ihr her. Entsetzt wich ich zurück. Brennender Schmerz schoss durch meine Knöchel. Ich keuchte auf und sah hinunter. Die roten Pflanzen begannen meine Fußgelenke zu umwickeln. Panisch versuchte ich sie abzuschütteln. "Hilfe!"

"Eva!" Lo'ak schoss vor und stach sein Messer in die dicke Ranke. Urplötzlich ließ der Druck um meine Füße nach. Und als Lo'ak die Ranke abschnitt, schüttelte ich sie voller Ekel von mir ab. Wir wichen mehrere Meter zurück und starrten auf die restlichen roten Pflanzen, die sich langsam ins Gras zurück zogen. Ich atmete erleichtert aus.
"Was war das?", fragte Lo'ak angewidert. Neteyam schütttelte bestürzt den Kopf. "Keine Ahnung." Er wandte sich mit und Kiri zu. "Seit ihr verletzt?"

"Nein", keuchte Kiri, den Schrecken noch im Gesicht. Spider trat näher zu ihr. Neteyam legte mir eine Hand auf die Schulter und riss mich damit zurück ins Hier und Jetzt. "Alles okay?" Ich schluckte und nickte. "Ja. Alles gut." Ich strich kurz beruhigend über seine Hand und rang mir ein Lächeln ab.

Neteyam seufzte und sah sich misstrauisch um. Er strich sich den Regen aus dem nassen Gesicht. "Wir sollten weiter gehen, es wird bald dunkel."

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