NOELLE I

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Mein Vater hat einen neuen Job. Deshalb sind wir umgezogen und ich musste auf eine neue Schule gehen. Mit meinem Fahhrad - eines der wenigen Dinge, die ich aus meinem alten Leben mitnehmen konnte - fuhr ich durch den Wald zu meiner neuen Schule. Ich stellte mein Fahrrad auf dem Schulhof ab. Ich hatte noch etwas Zeit, bis es zur ersten Unterrichtsstunde klingelte. Ich ließ meinen Blick über den Schulhof wandern. Die Schüler schienen sich nicht großartig von denen meiner alten Schule zu unterscheiden. Die Meisten bewegten sich in Grüppchen forwärts. Ich entdeckte die Sportler, die Musiker, die coolen Mädchen. Ich hatte Cliquen schon immer gehasst. Ich kam besser alleine zurecht.
"Du bist neu hier, oder?", fragte mich plötzlich ein Mädchen.
"Woher weißt du das?", fragte ich. Perplex sah ich sie an.
"Du wirkst etwas verloren", sagte das Mädchen.
"Ich komme schon klar", sagte ich gereizt. Wenn ich eins hasste, dann war es, wenn mir jemand Schwäche unterstellte.
"Ich bin übrigens Lilli", sagte sie. Sie lächelte mich so freundlich an, dass ich ihr nicht weiter böse sein konnte. Es war bestimmt keine gute Idee mit jemandem einen Streit anzufangen, bevor ich das Schulgebäude betreten hatte.
"Ich heiße Noelle, aber du kannst ruhig Nelly sagen", sagte ich.
"Soll ich dir zeigen, wo das Sekretäriat ist?", fragte Lilli.
"Klar", sagte ich.
Ich folgte Lilli ins Sekretäriat. Die Sekretärin gab mir meinen Stundenplan. Als ich das Sekretäriat wieder verließ, merkte ich ein Augenpaar auf mir. Als ich aufsah, bemerkte ich, dass sie zu einer blonden Frau gehörten.
"Wer ist das?", fragte ich Lilli.
"Frau Mayr. Mit ihr legt man sich besser nicht an", flüsterte Lilli. Sie traute sich kaum in die Richtung der Lehrerin zu schauen.
"Mal sehen", murmelte ich. Ich hasste es, wenn mir jemand sagte, was ich zu tun hatte. Vor allem, wenn es von Lehrern kam.
"Ist etwas?", fragte ich die Lehrerin.
Ich sah, wie sich ihre Augen verengten. Dann setzte sie sich in Bewegung. "Pass auf deinen Ton auf", sagte sie zu mir. Dann verschwand sie hinter einer Tür, an der ein Schild mit Lehrerzimmer hing.
"Hoffentlich hast du sie nicht im Unterricht. Sonst bist du im Arsch", raunte Lilli mir zu.
"Frau Mayr, oder?", fragte ich.
Lilli nickte.
"Ich hab in der ersten Stunde Latein bei ihr", sagte ich und deutete auf meinen Stundenplan.
"Das ist übel", sagte Lilli.
"Ich werde schon mit der fertig", sagte ich und grinste selbstsicher.

Geheimnisse einer LehrerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt