Kapitel 34

1.8K 103 239
                                    


~ Amelia ~ 

Dann war es auch schon so weit und die ersten Gäste trafen ein. Durch die großen Fenster im Saal hatten wir einen guten Blick nach draußen und Grace und ich schlossen Wetten ab, zu wem die Gäste wohl gehörten, die den teilweise prächtigen Kutschen entstiegen.

„Also ich glaube, dass sie entweder von Savannah oder von Maddison eingeladen wurde", raunte mir meine Freundin zu und deutete auf eine junge Frau, die aus einer großen Kutsche ausstieg. 

Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, wer sie war. Prinzessin Zoey. Sie hatte bereits beim letzten Bankett mit Calder geflirtet. Ich seufzte auf. 

„Egal wer die Übeltäterin war – wir können uns in jedem Fall auf einen lustigen Abend gefasst machen." Grace schmunzelte. „Hast du dein Messer auf dem Zimmer gelassen?" Die Frage klang beiläufig. 

Ich gab ihr keine Antwort, konnte aber nichts gegen das Grinsen machen, das sich auf meinem Gesicht ausbreitete. Grace sah mich an und legte den Kopf schief. 

„Amelia. Du weißt genau, dass dich das irgendwann in Schwierigkeiten bringen wird", tadelte sie mich.

„Ich weiß. Aber lieber kann ich mich ernsthaft verteidigen, als dass nichts passiert und ich Ärger bekomme – was bisher eigentlich noch nicht passiert ist. Außerdem greife ich ja niemanden an. Das Messer eignet sich nur perfekt für Drohungen jeglicher Art. Und sie sind wirksam." Mein Grinsen war nicht verschwunden und Grace seufzte resigniert.

Eine weitere vorfahrende Kutsche erregte unsere Aufmerksamkeit und ich bemerkte, dass Grace neben mir ganz hibbelig wurde. 

„Kennst du die etwa?", fragte ich und deutete auf ein kleines Mädchen, das ungefähr zehn Jahre alt war und zwei weitere Personen, offenbar ihre Eltern.

Grace lächelte wieder. „Dreimal darfst du raten, wer sie eingeladen hat."

„Ist das deine Familie?", hakte ich nach und sie nickte aufgeregt. „Ja, ich bin so froh, sie endlich wiederzusehen."

Grace wandte sich von dem fast bodentiefen Fenster ab und ging in Richtung des Eingangs.
„Kommst du, Amelia?", fragte sie und drehte sich wieder zu mir um.

„Ja, klar", sagte ich und beeilte mich, mit ihr Schritt zu halten. In der Eingangshalle angekommen, hörten wir, wie ein Sprecher die Namen der Gäste nannte, die nacheinander durch das große Tor traten.

„Emilia und Jack Perez mit ihrer Tochter Lilly", verkündete er und Grace machte einen Schritt auf ihre Eltern zu, die ihr bereits entgegenkamen. Doch ihre kleine Schwester war offenbar schneller und rannte auf sie zu. Grace konnte sie kaum auffangen, als sie sich in ihre Arme warf und sie fest umarmte.

Als ihre Eltern auf uns zukamen, hatte sie sich schon wieder von Grace gelöst und kam nun auf mich zu, um mich zu umarmen. Perplex blieb ich stehen, erwiderte dann aber die Umarmung.

„Hallo. Ich bin Lilly", stellte sie sich artig vor und Grace fuhr ihr darauf einmal durch die Haare.
„Das weiß sie doch schon", meinte sie schmunzelnd und wandte sich dann an mich. „Das sind meine Eltern." 

Ich streckte ihrem Vater die Hand hin und er schüttelte sie mit festem Griff, doch ihre Mutter zog mich in eine herzliche Umarmung, die mich sehr überraschte. 

„Es ist schön zu sehen, dass Grace eine Freundin gefunden hat", sagte sie und lächelte mich warm an.

Ich wusste nicht so recht, was ich darauf sagen sollte und schwieg einfach. Glücklicherweise kündigte der Sprecher in diesem Moment den nächsten Gast an. „Prinz Raphael aus Krynn."

SelectionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt