Ich hörte wie sie auf mich zukam und sich das Blatt nahm. Sie las sich das kurz durch, bevor sie damit nach vorne ging. Der Junge neben mir schrieb noch immer, sowie die meisten anderen. So schwer waren die Fragen nun auch wieder nicht gewesen. Mein Kopf ruhte noch immer auf dem Tisch. Nach den dreißig Minuten sammelte die Lehrerin die Arbeiten ein und fing dann mit einigen Aufgaben an. Sie schrieb einige Sätze auf die Tafel.
,,Anscheinend langweilst du dich Samuel, komm nach vorne und schreibe die Sätze auf Latain auf!", meinte die Lehrerin. Seufzend stand ich auf und lief nach vorne. Einige kicherten, als ich kurz vor der Tafel stehen blieb und mir die Sätze ansah. Ich nahm die Kreide in die Hand und schrieb die Übersetzung auf, bevor ich sie wieder weglegte und zurück zu meinem Platz lief. Kaum saß ich, klingelte es zur Pause. Endlich. Daraufhin nahm ich meinen Rucksack und stand wieder auf. Die Schüler standen ebenfalls auf und gingen bereits nach draußen. Gerade als ich die Tür passieren wollte, sprang mir jemand auf den Rücken.
,,So und nun zu Physik!", sprach die Person lachend und zeigte in eine Richtung. Wieso musste sie ausgerechnet auf meinem Rücken springen? Mit langsamen Schritten lief ich in die gezeigte Richtung. Hinter uns hörte ich ein unzufriedenes wölfisches knurren. Verwirrt blickte ich mich um. Jedoch konnte ich durch die große Menge an Schülern niemanden ausfindig machen, der geknurrt hatte. Schulterzuckend ging ich weiter.
,,Wir müssen nach oben!", sagte sie und zeigte wieder in eine Richtung. Arizona machte es sich danach wieder gemütlich auf meinem Rücken.
,,Du hast zwei gesunde Beine, lauf selbst!", knurrte ich. Doch von ihr kam keine Reaktion, stattdessen zeigte sie mir immer wieder wohin ich gehen musste. Die anderen Schüler sahen schon zu uns und fingen an zu tuscheln.
,,Wir müssen hier rein!", brachte Ari lachend hervor und hüpfte dann von meinem Rücken, bevor sie meine Hand nahm und mich in den Raum zog. Konnte sie mich denn nicht alleine laufen lassen? Im Raum saßen bereits die meisten Schüler aus unserer Klasse. Ari hielt kurz ausschau bevor sie seufzte und zu mir sah.
,,Scheint so, als würden wir wieder nicht zusammen sitzen. Bis später.", kam es niedergeschlagen von ihr. Ich verdrehte meine Augen und suchte mir dann einen Platz. Seufzend setzte ich mich neben dem Werwolfjungen, neben dem ich sowieso bereits die meiste Zeit saß. Dann packte ich das Buch und ein Block aus, bevor ich mich zurück lehnte. Ich war noch immer müde. War das überhaupt normal? Konnten Vampire vielleicht doch krank werden? In den letzten Jahren hatte es immer gereicht, wenn ich zwei mal in der Woche geschlafen hatte höchstens viermal, bei geringer Blutsaufnahme. Apropos Blut, mein Hals fing wieder an zu brennen. Wann hatte ich zuletzt was getrunken? Heute morgen definitiv nicht. Dann müsste es gestern nachmittag gewesen sein. Hatte ich überhaupt eine Flasche mit? Nick meinte doch, dass er alles eingepackt hatte. Aber bisher hatte ich noch keine Flasche gesehen oder ich hatte sie übersehen. Ein Stoß in meine Rippen, holte mich aus meine Gedanken. Etwas verwirrt rieb ich mir die Seite und sah gereizt zu meinem Sitznachbarn, der jedoch nur nach vorne sah.
,,Scheint ja doch jemand wach zu sein.", hörte ich eine sarkastische Stimme. Sah ich etwa so aus, als würde ich schlafen? Ich hatte doch nur nachgedacht. Genervt blickte ich zu der Lehrerin, die mit verschränkten Armen vor der Klasse stand.
,,Wenn Sie den Unterschied zwischen nachdenken und schlafen nicht kennen, sollten Sie ihre Auffassungsgabe verbessern.", meinte ich, wobei ich eine Augenbraue hochzog. Das Gesicht der Lehrerin veränderte sich. Sie schien wütend zu sein.
,,Raus!", schimpfte sie und zeigte zur Tür. Ich zuckte mit den Schultern und nahm meine Sachen. Mit diesen verließ ich das Zimmer. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte packte ich meine Sachen in den Rucksack. Dabei sah ich nach, ob ich eine Flasche dabei hatte. Nach kurzen suchen fand ich sie und holte sie heraus. Mit dem Rucksack setzte ich mich an die gegenüberliegende Wand. Er lag neben mir und ich schraubte die Flasche auf. Zu mir drang der Geruch von metallisch und sauer in die Nase. Ich verzog mein Gesicht und wollte es am liebsten wieder weg legen. Es war nicht mein lieblingsgeschmack.
,,Trink endlich oder pack es weg.", kam es knurrend gegenüber von mir. Verwirrt blickte ich nach oben. Seit wann stand er denn hier? Sollte er nicht im Unterricht sein?
,,Solltest du nicht lieber da drin sitzen, statt hier draußen zu sein?", fragte ich und schraubte meine Flasche zu. Er zuckte die Schultern und ließ sich neben mir nieder. Wieso musste er sich ausgerechnet neben mich setzen? Es reichte doch, wenn wir im Unterricht nebeneinander saßen. Mein Blick hing wieder an meiner Flasche. Ich hatte durst, aber das wissen, dass es mir nicht schmecken wird, verdirbt es mir etwas.
,,Du solltest Frau Chase nicht provozieren. Sie hat meistens schlechte Laune, wenn wir mit ihr haben. Sie wirft dann jeden Schüler raus, der für sie ein Störenfried ist.", fing der Junge an zu erzählen. Ich verdrehte die Augen. Wie konnte sie dann überhaupt Lehrerin werden? Langsam lehnte ich meinen Kopf gegen die Wandnund schloss meine Augen. Die Flasche noch immer in meiner Hand.
,,Könntest du die Flasche bitte wegpacken?", kam es nach einer Weile knurrend neben mir.
,,Setz dich woanders hin, wenn du den Geruch nicht leiden kannst.", kam es ebenfalls knurrend von mir. Noch immer waren meine Augen geschlossen. Ein wütendes schnauben war zu hören. Nur mal so am Rande, ich Zwang ihn nicht, neben mir zu sitzen. Also wieso setzte er sich trotzdem neben mir? Es blieb eine Weile wieder still.
,,Du hast mir immer noch nicht gesagt, wer das mit deinem Rücken war.", meinte der Junge. Seufzend öffnete ich meine Augen und blickte zu meiner Flasche. Ihm ging das doch nichts an! Solangsam fühlte ich mich bei ihm, wie bei einem Gericht. Nur ohne den Vorstand, die geschworenen, den Anwälten und was auch immer noch vorhanden war. Ok es fühlte sich wie ein Verhör an. Ein seufzen war zu hören.
,,Es geht dich nichts an, woher die Narben stammen.", fauchte ich und stand auf. Einige Meter kam ich weit, bevor er meine Hand nahm und mich zu sich umdrehte, wohlgemerkt meine freie Hand, da in meiner rechten immer noch die Flasche war. Durch die Berührung kribbelte eine Wärme mein Handgelenk hoch. Ich hörte seinen Herzschlag ganz genau. Es schlug schneller als gewöhnlich, wodurch sein Blut schneller durch seine Adern floss. Mein Blick fiel auf seine Hand, die noch immer meine umschloss. Ein merkwürdiges kribbeln machte sich nach kurzer Zeit bemerkbar, neben der Wärme und ich hatte das Bedürfnis zu kuscheln, obwohl ich, seit ich bei Nick bin, ungern körperkontak habe.
,,Es geht mich was an.", knurrte er. Ähm nein, tat es nicht.
,,Lass mich los!", fauchte ich und befreite mich aus seinem Griff. Dann wollte ich weiter gehen. Die Wärme und das merkwürdige kribbeln sowie das Bedürfnis zu kuscheln verschwand augenblicklich. Was war nur los mit mir? Weit kam ich wieder nicht, denn diesmal packte er meinen Arm, wirbelte mich herum und drückte mich gegen die nächste Wand. Hallo Wand, lange nicht gesehen.
,,Was ist nur los mit dir?! Merkst du es denn nicht?", fragte er mich. Verwirrt zog ich eine Augenbraue hoch. Er rennt mir doch hinterher und hält mich zurück und nicht anders herum.
,,Ich habe keine Ahnung was du meinst, aber lass mich in ruhe!", knurrte ich und schubste ihn von mir weg. Mit schnellen Schritten lief ich zu meinem Rucksack und bewegte mich auf den Ausgang zu, den ich in nur wenigen Sekunden erreichte. Von weiter weg hörte ich dass knurren von dem Jungen. Was auch immer er hatte, ich wollte nicht ins Lauffeuer oder mich garantiert anstecken. Konnte man sich überhaupt anstecken? Ich sollte mal lieber anfangen Nachforschungen über Vampire und Werwölfe anstellen. Bisher waren mir die Informationen, die ich bisher hatte genug, aber mittlerweile glaubte ich, dass ich mehr wissen müsste darüber. Anfangs hatte Nick es versucht mit mir, jedoch gab er schnell auf, da ich kaum bis gar nicht aufgepasst hatte. Irgendwann hatte er die Nase voll und erklärte mir nichts mehr. In dem Moment war es für mich ein glücklicher Moment, da ich keine Schläge mehr bekam, zumindest keine wegen Mangel an aufpassen.
,,Sam? Was suchst du hier? Hast du keinen Unterricht?", hörte ich die Stimme von Sunny neben mir. Ich drehte mich zu ihr um und betrachtete sie kurz.
,,Wurde aus dem Unterricht raus geworfen und bin dann vor einem Werwolf geflüchtet.", meinte ich und setzte mich auf eine Stufe der Treppe. Sunny tat es mir nach.
,,Lass mich raten, der Werwolf von dem du redest, rennt dir fast ständig hinterher?", fragte sie grinsend. Ein kurzes nicken meinerseits und dann war es wieder still.
,,Was hat dir Nick eigentlich über die Kuschelphase erzählt?", fragte Sunny nach einer Weile. Kurz dachte ich nach, heute morgen hatte er mir nichts dazu gesagt und ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er sowas mal erwähnt hatte.
,,Nichts. Er und Markus haben sich glaube auch darüber gestritten, aber er hatte mir nichts gesagt.", meinte ich schulterzuckend. Sunny blickte mich nachdenklich an.
,,Du bist wacher als vorhin und du stinkst ganz schlimm nach dem Werwolf.", murmelte sie. Ich schnaufte kurz. Wann war der Schultag um?
,,Was ich eigentlich sagen will, die Kuschelphase ist bei uns Vampiren normal. Sie taucht das erste Mal richtig auf, wenn wir unseren Seelenverwandten finden. Wir haben dann das bedürfnis nur bei dieser einen Person kuscheln zu wollen. Bei anderen Personen verspüren wir einen Drang zu schlafen.", fing sie an zu reden, doch ich gab ein verächtliches schnauben von mir. Wollte sie mir gerade weiß machen, das wir sowas wie einen Seelenverwandten haben? Das es Vampire und Werwölfe, sowie Jäger gab, habe ich ja selbst erlebt, aber das es sowas wie Seelenverwandtschaft bei uns Vampiren geben soll, will und kann ich nicht glauben!
,,Du brauchst mir nicht mit diesen Märchen kommen! Seelenverwandte gibt es nur in Büchern und nicht im realen Leben!", fauchte ich und stand auf. Ich lief die letzten Stufen nach unten und stand auf dem Schulhof. Von Sunny hörte ich ein seufzen.
,,Sam...ich weiß ja, dass du noch nicht lange so bist, aber du solltest langsam anfangen offener für die Welt zu sein. Du weißt gerade genug um dich nicht selbst oder andere zu töten oder zu verletzen.", kam es von ihr. Ich knurrte leise.
,,Offener? Du weißt ganz genau wie meine erste Begegnung mit dem übernatürlichen war! Am liebsten würde ich gar kein Vampir sein! Normalerweise würde ich jetzt zuhause sein und mich auf meinen Arbeitstag vorbereiten oder was auch immer. Da mir ja die Entscheidung abgenommen wurden ist, was ich mal werden wollen würde.", knurrte ich und lief auf einen Baum zu, der auf dem Hof stand. Mein Blick fiel zu ihr, sie sah mich mit einem schuldbewussten Blick an, aber der verging, als wir Schritte hörten. Wir drehten uns zum Eingang. Von dort ertönten die Schritte. Es war der Junge. Knurrend sprang ich auf den ersten Ast des Baumes. Dann zog ich mich auf den zweiten Ast und hockte mich auf diesen. Hoffentlich kam er nicht auch noch hoch. Von Sunny hörte ich ein seufzen.
,,Du benimmt dich wie ein trotziges Kind.", murmelte sie, während der Junge einige Meter vom Baum stehen blieb. Zur Antwort gab ich nur ein unverständliches grummel. Mein Rucksack hang mit einem Henkel über meiner Schulter. Den Jungen ließ ich nicht aus den Augen.
,,Was willst du eigentlich von Sam?", fragte Sunny und ging einige Schritte auf ihn zu. Leise knurrte ich und sie blieb stehen. Der Junge löste seinen Blick von mir und blickte zu Sunny. Kurz leuchteten seine Augen Gelb, aber es verschwand schnell wieder.
,,Dir muss ich keine Rechenschaft geben.", meinte er und sah sie feindselig an.
,,Was ist denn hier los? Müsstest du nicht im Unterricht sein kleiner Bruder?", hörten wir eine weibliche Stimme. Zusammen mit Josh kam eine junge Frau auf den Jungen und Sunny zu. Sie hatte brustlange schwarze Haare mit einigen weißen Strähnen, wohingegen Josh kurze schwarze Haare trug. Ihre Augen waren Kirschgrün mit blauen spenkeln. Josh blickte zu mir nach oben. Kurz zuckte sein Mundwinkel, bevor er wieder zwischen den dreien hin und her sah.
,,Wurde rausgeschmissen, wegen Störung.", kam es gelangweilt von meinem Sitznachbarn.
,,Und dann dachtest du dir, ein Kind auf den Baum zu jagen?", fragte Josh schmunzelnd. Von mir kam ein verägertes knurren. Ich war definitiv kein Kind! Von den Jungen war ebenfalls ein knurren zu hören. Wieder fing Josh an zu schmunzeln.
,,Wie geht's Nick? Er war gestern mehr oder weniger sauer.", meinte Josh nach einer Weile und sah zu mir.
,,Könnte an dir gelegen haben.", meinte ich und setzte mich nun auf den Ast. Josh zuckte nur die Schultern. Das Mädchen sah nun zwischen Josh und mir hin und her. Anscheinend wusste sie nicht, worüber wir sprachen.
,,Ey ich habe immer noch keine Antwort auf meine Frage.", beschwerte sich Sunny, dabei verschränkte sie ihre Arme vor der Brust. Das Mädchen und Josh sahen nun wieder abwechselnd zwischen den Jungen und ihr hin und her. Von dem Jungen war wieder nur ein knurren zu hören. Konnte er nicht normal mit ihr reden?
,,Mich würde eher interessieren, warum der Junge auf dem Ast sitzt.", kam es von dem Mädchen und blickte wieder zu mir nach oben.
,,Sam sitz oft auf Bäumen, das hat nichts zu bedeuten.", meinte Sunny und blickte dann zu mir, bevor sie wieder zu dem Jungen sah. Mein Sitznachbar und seine Schwester tauschten sich Blicke aus. Dabei sah ich, wie ihre Augen golden leuchteten. Ein Windstoß blies mir ins Gesicht. Ich kräuselte kurz meine Nase und atmete den Geruch von verschiedenen Menschen ein. Unteranderem erkannte ich auch den Geruch von Cassie. Mein Kopf schoss in die Richtung, aus der der Wind und der Geruch kam. Doch ich konnte niemanden sehen. Neben den Geruch von Cassie konnte ich ebenfalls den von den anderen Jägern riechen. Ich ließ meinen Blick nochmals über die Straße gleiten, bevor ich vom Baum sprang und zu Sunny ging. Diese sah mich verwirrt an.
,,Jäger sind in der Nähe.", flüsterte ich ihr zu, bevor ich wieder ins Gebäude lief, während die anderen draußen blieben. Ich spürte die Blicke von ihnen auf mir. So sehr ich auch meine Schwester wieder sehen wollte, musste ich mich dennoch von ihr fernhalten. Wer weiß was Nick dann anstellen würde. Ich glaubte zwar nicht daran, dass sie mir etwas antun würde, aber nach alldem was bisher geschehen war und ihr Gespräch, kamen mir bereits Zweifel. Als die Klingel der Schule ertönte zuckte ich zusammen. Kurz danach strömten bereits die ersten Schüler aus den Räumen.
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A Bite and a another Life
VampiriEs heißt, die Augen seien der Schlüssel zur Seele. Samuel, kurz Sam, hatte in den letzten Jahren viel Pech. Erst verliert er seine Eltern und muss sich um seine jüngere Schwester kümmern. Jahre später wird er entführt und festgehalten. Vier Jahre b...